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Es gibt 270 Beiträge von Matt513

T2 Trainspotting

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Retro(spektive)

08.03.2017

Vorhang auf für ein Meisterteam: Boyle Regie, Welsh Co-Autor, alle überlebenden Charaktere dabei. Ein paar Falten sowie lichte Stellen auf den Köpfen mehr. Ansonsten nichts als Fortschritte: Rentons und Dianes Bürojobs, Sick Boys professionalisierte Zuhälterei, Begbies in pure kriminelle Energie destillierter Haß auf Renton. Zäpfchen-Dealer Mikey ist jetzt mit Luxuskarossen und leicht gebrauchter Unterhaltungselektronik im Geschäft und Spud dem Drogentod schon ein ganzes Stück näher. Fortgepflanzt haben sich fast alle.

Das ist nicht mehr das alte, graue Edinburgh, durch welches Renton nach 20 Jahren im Exil fährt. Überall Stadtbildaufwertung, raffiniert gesetzte Lichtquellen; man gleitet sanft dahin im Niederflurwagen der Verkehrsbetriebe. „Princes Street“, wo Renton und Spud einst vor den Kaufhausdetektiven flohen, nun digital im Flüssigkristall-Display eines Haltepunkts. Die Welt hat sich unter den Füßen der Charaktere weitergedreht, während sie innerlich an ihrer Vergangenheit kleben wie Insekten am Fliegenfänger. Dies läßt sich –leider- so auch für den gesamten Film im Verhältnis zu seinem Vorgänger konstatieren.

Keine leichte Aufgabe hatte das Team hinter T2, fürwahr. Trainspotting von 1996 ist so voller Originalität; die Gefahr, daß eine Fortsetzung diesem nicht gerecht und so bei der Fangemeinde durchfallen würde, war immens. Vielleicht deshalb wurde der Nachfolger mit reichlich Versatzstücken und Referenzen ausgestattet, um ihm so denselben Atem wie jenen des Originals einzuhauchen. Er schielt regelrecht dorthin wie ein kleiner Junge zu seinem älteren Bruder.

Man nimmt dies mit leichter Enttäuschung zur Kenntnis. Ich hätte mir ein eigenständigeres Werk gewünscht. `Hätte einem Team wie Boyle/Welsh mehr zugetraut als derart auf Nummer Sicher zu gehen. Es geht ja in Ordnung, wenn die gemeinsame Vergangenheit der Figuren thematisiert wird, eben weil sie durch jene aneinandergebunden sind (immer mal unterlegt durch grieselige bzw. gekonnt nachgedrehte Filmschnipsel). Auch könnte dieser ständige Blick nach hinten sinnbildlich dafür stehen, wie abgehängt Süchtige vom Leben sind, welches unablässig voranschreitet. Aber etwas mehr Unabhängigkeit wagen, um all das zu bebildern, erneut eine überzeugende Ästhetik zu entwickeln vom Schlage derer des Originals, ohne daß dies in ein Best-of-Potpourri ausartet, das ging nicht? Dieses Störgefühl verstärkt sich noch durch das nicht eben sehr substantielle Drehbuch. T2 ist sowas wie Boyles „Episode 7“.

Die Kunst von Trainspotting bestand darin, von nichts Besonderem zu erzählen, die paar schottischen Junkies halt, aber dies wie einen starken, roten Faden wirken zu lassen. Jede Szene machte Sinn an der Stelle, wo sie zu sehen war. T2 will diese subversive Leichtigkeit aufleben lassen, verzettelt sich dabei aber immer mal. Doziert Renton im Hier und Jetzt über Twitter und Facebook, so als ob dies gerade der neue, ganz heiße Scheiß wäre, beschreibt er moderne Kommunikation als auf das Sammeln von Daten reduziert, wirkt das geradezu anachronistisch. Hier ist T2 schlichtweg um Jahre zu spät dran. Wären statt der 20 Jahre z.B. nur 10 vergangen, der Film träfe genau den Punkt. Ähnliches gilt für die Charaktere (und ihre Darsteller): Besser, sie wären sich viel früher wiederbegegnet.

Für eingeschworene Fans ein sicherlich angenehmes Wiedersehen mit den alten Gesichtern. Für alle anderen kein unbedingtes Muß.

Lion – Der lange Weg nach Hause

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Last train home

04.03.2017

Abseits aller Best-Marigold-Farbenschwelgerei erzählt dieser Film eine wahre, kaum zu glaubende Geschichte, beginnend im Indien der 80er Jahre. Vielleicht haben mir gerade deshalb diese Landschaftsaufnahmen, darin die Spuren des zurückgewichenen Empires, so gut gefallen. Ich möchte fast sagen, besonders jene von Kalkutta. Nicht weil es da schön ist, sondern weil diese Aufnahmen im kalten Neonlicht der Bahnhöfe, die Ansichten rottender Eisenbahnhöfe, -stränge und –brücken so authentisch waren. Indien kann bunt sein (und wird häufig genau so stilisiert), ja, aber auch sehr, sehr trist und deprimierend, nicht zuletzt wegen seines u.a. im Kastenwesen implementierten Rassismus, welches gesellschaftlichen Aufstieg so gut wie unmöglich macht, und das in der größten Demokratie der Erde.

In dieser harschen Armut vegetierend, geht der kleine Saroo verloren und landet am anderen Ende der Welt, wohlbehütet im Schoß einer bis dato kinderlosen Familie. Sorgt diese Geschichte während der Vorstellung für Wohlbehagen in den Herzen des Publikums, konterkariert dies der Abspann. Demnach gehen nicht weniger als 80.000 Kinder pro Jahr in Indien verloren. Die wenigsten dürften so enden wie der eine Saroo, von dem es nun einen Film gibt. Einige mehr dürften es nichtmals als Glück empfinden, in den gefängnisartigen Kinderheimen Indiens Obdach (immerhin) zu finden; immer noch besser, als auf einem Stück Pappe in der Bahnunterführung zu schlafen, um letztlich Beute der Kinderschlepperringe zu werden. Danke, daß der Film dies zeigt.

Saroo wird der leuchtende Stern seiner neuen Eltern. Mit seinem ebenso aus Indien stammenden Adoptivbruder haben sie weniger, ich nenn’s mal Glück. Denn dieser ist offenbar schwer traumatisiert, schlägt wild um sich und wird einen anderen Lebensweg als der besonnene Saroo nehmen. War in den Gesichtern der Eltern neben Verstörung nicht auch Unverständnis zu lesen? Mir schien es so. Ich nehme dies für einen sehr wichtigen Aspekt bei der Migration. Im westlichen Kulturkreis begeht der einen Fehler, der glaubt, daß ein Fremder sein bisheriges Leben abschütteln würde, sobald er nur die Landesgrenze überschreitet und die materiellen Segnungen des Abendlandes empfängt. In Bill Wattersons großartigem Cartoon sagt Hobbes zu Calvin: Du kannst den Tiger aus dem Dschungel holen, aber nie den Dschungel aus dem Tiger.

Ein paar Schnitte und Saroo beschäftigt sich als junger Erwachsener mit dem Geheimnis seines Lebens: Wo liegt mein wahres Zuhause? Dessen Name, den er als Kleinkind glaubte zu kennen, ist nirgends bekannt. Verzweiflung und aufkeimende Hoffnung widerstreiten und führen zu Konflikten im Umfeld. Schließlich macht er sich auf die Reise. Wenn Saroos innere Konflikte darüber schon dargestellt werden, dann fehlte mir in diesem zweiten Teil trotz Patels sehr gutem Spiel die emotionale Adhäsionskraft im Film. Da fühlte ich mich innerlich zu wenig mitgenommen. Ich weiß auch nicht, wie man das hätte besser machen können; eventuell die Dialoge mit seiner Freundin weglassen sollen, um mehr auf seine Person zu fokussieren? Keine Ahnung. Dem folgt übergroßes Sentiment, der beschriebene Abspann und ja, die Auflösung, woher denn der Film seinen Titel bezieht. Er lohnt sich auf jeden Fall; indes daß er in L.A. bei dem übrigen Kandidatenfeld allenfalls Außenseiterchancen haben würde, so eine Ahnung hatte ich bereits bei Verlassen des Kinos. Tatsächlich blieb es bei 6 Nominierungen.

Elle

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You gotta say yes to another excess

19.02.2017

Michele wurde vergewaltigt, nach weniger als 1 Minute Spielzeit ist dies klar. Keine 2 Minuten und die Spuren des Verbrechens sind beseitigt, nochmal 10 Minuten und man hat Michele äußerst rational mit dem Geschehenen umgehen sehen; der Gang zum Arzt, ins Waffengeschäft, die nüchterne Bekanntgabe an den engsten Freundeskreis. Die anfängliche Vermutung, der Film thematisiere ein aus der Bahn geworfenes Leben, bleibt unbestätigt. Schwäche zu zeigen konnte sich die Managerin vorher schon nicht leisten.

Fortan prägen Verdachtsmomente ihre Wahrnehmung. Ein unbekanntes Auto vor der Tür, ein Fremder im Gebüsch, die Aggression eines Mitarbeiters, der manisch Photos von Nacktmodellen anfertigt. Man folgt all diesem auf Zehenspitzen, ständig darauf vorbereitet, vom Film wie von einem Tier angesprungen zu werden. In bester Hitchcock-Manier hält er den Spannungsbogen hoch. Es gibt hier nichts auszusetzen. Quecksilbrige Dialoge (schade, daß das bißchen Schulfranzösisch für den Originalton nicht ausgereicht hätte), gut ausgewählte Darsteller, dabei Huppert mit Körper und Seele gefordert, eine Kameraführung, die die Beklemmung für den Zuschauer einfängt.

Indem er in mehrfacher Weise weibliche Wesen als unrespektierte Lustobjekte darstellt, thematisiert Verhoevens Film auf subtile Weise die Frauenfeindlichkeit in unserer zivilisierten Gesellschaft sowie ferner, wie sie das Leben der Betroffenen pervertiert. Anzüglichkeiten bis zum gewalttätigen Übergriff gehen als Kavaliersdelikt durch. Bemerkenswert, dabei nicht unbedingt typisch die Reaktion des Opfers darauf, denn Michele geht nicht zur Polizei und ihrem Peiniger ist sie nicht zum letzten Mal begegnet. Viele Spiele werden gespielt. Die Rollenverteilung, wer beherrscht, wer abhängig ist, wer Täter mit welchem Motiv, kurzum wer das Spiel kontrolliert und wer bloß Figur darin, verläuft nicht in klaren Linien. Sie ist insbesondere nicht geschlechterabhängig. Michele etwa ist nicht nur Opfer, sondern aufgrund eines Familienverbrechens als vermeintliche Mittäterin verfemt. Unversehens findet sich manch einer auf der anderen Seite wieder. Es ist diese Komplexität, wodurch der Film gefällt.

Die Vermessung der Welt

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Die Vermasselung der Welt

30.01.2017

Fairerweise muß ich dieses Review vor dem Ende abbrechen, da ich auch den Film mittendrin ausgeschaltet habe. Es reichte mir dann. Er ist eine Zumutung. Streckenweise ist das Schauspiel derart mittelmäßig; man hat den Eindruck, der Probe eines Schülertheaters beizuwohnen. Das Buch las ich 2005. Abgesehen davon, daß ich es als ebenso geistreich wie umwerfend witzig in Erinnerung habe, kann ich mich an Einzelheiten kaum noch erinnern. Die ungleich bessere Buchvorlage kann ich daher kaum dafür verantwortlich machen, daß mir die Verfilmung nun nicht zusag*schnipp*

Manchester by the Sea

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Ein Dasein als Pflanze

30.01.2017

Es muß der Gesamtmix sein, wegen dem dieser Film so gut funktioniert. Unter den vielen gelungenen Aspekten wie Regie, Kamera und Schnitt, dem durchweg vortrefflichen Ensemble, ferner der Erzähltechnik, welche den Ablauf stetig zwischen erzählerischer Vergangenheit und Gegenwart springen läßt, ist es Afflecks Darstellung als Lee, die einen als Zuschauer mitnimmt.

Nach einem unfaßbaren Schicksalsschlag (welche Tragik!) bricht Lee zur Unzeit eine seelische Stütze weg: Sein Bruder stirbt. Vom emotionalen Standpunkt gesehen, ist die Wucht dieser Ereignisse erschlagend und löscht Lee als menschliches Wesen regelrecht aus. Manchem Unglück wohnt ein Fünkchen Hoffnung inne, die Zeit heile viele Wunden. Nicht so hier. Diese Leere im Inneren, dieses apathische Dasein jenseits jeglicher Hoffnung auf Trost darzustellen, nicht eben eine leichte Aufgabe für den Darsteller. Große innere Verzweiflung, das Hadern mit dem unverrückbaren Schicksal einerseits in Bilder zu setzen, ohne dabei andererseits ins Pathos zu verfallen, ein schmaler Grat, würde ich sagen. Nach dem letzten Willen des Bruders soll Lee für den Neffen sorgen. Dessen etwas zu ausführlich gehaltene Szenen (die Band, die Freundin) sind für mich der einzige Kritikpunkt an diesem hochwertigen Film, weil sie ihn in die Länge zogen und zudem seinen tragischen Grundton etwas verwässerten, was auch entsprechendes Gelächter im Publikum belegte.

Ein beeindruckender Vertreter des sog. American Independent und ein potenter Anwärter auf den Oscar außerdem.

Nichts passiert

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Alptraum eines Opportunisten

22.01.2017

Ähnlich ‚herzerfrischend‘ wie Wolfgang Niedecken sich durch obiges Frühwerk von BAP eiert, so Devid Striesow durch diesen Film. Bildlich gesprochen, schafft es der von ihm gespielte Thomas so, aus dem anfänglichen Feuer einen Großbrand entstehen zu lassen. Da wird hier ein bißchen beschwichtigt, dort ein wenig vor dem resoluten Freund gewedelt, stetig schwinden die Optionen, bis die erste Flunkerei unausweichlich ist. Von da ist es nicht mehr weit bis zum nonverbalen Meinungsaustausch. Daß Thomas ein gerade abgeklungenes Alkoholproblem hat, sich zudem in der Therapie befindet, macht die Chose nicht einfacher.

Lewinskys Film erinnerte mich stilistisch und thematisch an Östlunds Höhere Gewalt. In beiden steht eine nicht integere Vaterfigur im Mittelpunkt eines schnörkellos inszenierten Konflikts mit dem Wintersporturlaub als Bühne. Striesows Mimik dient dem Film als Petrischale, die Stahlbäder der Emotionen abzubilden, welche Thomas erlebt. Nach der zuletzt gesehenen Darbietung des „untrainierten Moppels“ (für mich seine schwächste Rolle; eigentlich spielt er gar nicht, sondern schaut meist nur debil grinsend aus der Wäsche. Aber Moment, vielleicht war das so gewollt) eine ansprechende Leistung.

Ich mußte ständig daran denken, wie prototypisch Thomas‘ Verhalten im Film für die deutsche Politik ist. Kleinreden, vor unangenehmen Realitäten einknicken, den faulen Kompromiß demjenigen aufs Auge drücken, der sich nicht wehren kann, es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen; so werden spielend aus kleinen Problemen unbeherrschbare Zwangslagen. Macht aber nichts, am Ende decken zartrosane Wölkchen alles gnädig zu, wenn man sie nur sehen will, in echt wie im Film. Nichts passiert. Hach! Schön.

Trainspotting – Neue Helden!

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Choose not to choose life

14.01.2017

Vielleicht DER definitive Jugend-/Subkulturfilm der 90er Jahre. Unverwüstlich, rasant, dialektisch, mal zum Schreien komisch, mal verstörend. Einer von drei, vier Filmen, die ich mir 2x hintereinander im Kino anschaute. Auch nach Jahren absolut sehenswert und fesselnd. Hatte ihn zuletzt zufällig auf einer Auslandsreise gesehen, als ich im Hotelzimmer herumzappte. Im Original ist er des schottischen Tonfalls wegen noch besser, gleichwohl es dann und wann gut war, daß man die Dialoge bereits kannte.

Boyles pointierte, schnell geschnittene Bilder sowie der starke Soundtrack täuschen nicht darüber hinweg, daß das Thema ein trauriges, ja tragisches ist. Drogensucht hält die Figuren des Films, Angehörige der britischen Unterschicht, in ihrem Griff. Ein Krake mit vielen Tentakeln; Heroin, Amphetamin, die ‚anerkannten‘ Gesellschaftsdrogen Alkohol und Nikotin. Nur so funktionieren die Figuren überhaupt als aufrecht gehende Wesen; bei aller Situationskomik, lustig ist das wenn, dann nur an der Oberfläche. Besonders Tommys Werdegang. So war weiland der Vorwurf absurd, der Film glorifiziere den Drogenkonsum.

Ähnlich wie Drecksau, ebenso basierend auf einer Vorlage von Irvine Welsh, in vergleichbar eindringliche Bilder gesetzt, ist Trainspotting eine schottische Milieustudie, unter deren Oberfläche menschliche Tragödien als Folge erlebter Perspektivlosigkeit thematisiert werden (was besonders für junge Menschen in Schottland zutreffen mag. Rentons Wutrede etwa ein Hinweis auf ein kollektives Trauma der Schotten?). Hier Drogensucht, dort Borderline-Syndrom. Ein zeitloser Film, auch in seinen Aussagen zu Jugendsexualität, Beziehungen und der Elterngeneration. Mit minimalem Budget entstanden, einer der erfolgreichsten Filme im Jahr seines Erscheinens.

Arrival

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"Offer weapon."

28.11.2016

Auf effektive Kommunikation kommt es an in Villeneuves neuestem Film. Das liegt nahe angesichts des Umstands, daß Aliens zu Besuch auf der Erde sind, ohne daß man weiß, warum (zu Zeiten von Independence Day waren sie wenigstens noch so nett, die Menschheit ohne große Umschweife den Grund ihres Kommens wissen zu lassen). Daher widmet sich das Team um die Sprachwissenschaftlerin Banks zunächst mal der Aufgabe, wenn nicht einen gemeinsamen Code zu schaffen, dann mindestens die merkwürdigen Kreise zu entschlüsseln, welche die fremden Lebewesen aus dem Handgelenk, pardon, Tentakel schütteln. Aber wenn schon die Kommunikation zwischen Erdenbewohnern anspruchsvoll sein kann, weil sie auch bei gemeinsamem Sprachcode immer noch der doppelten Brechung durch die kognitiv/sozial geprägten Filter von Sender sowie Empfänger unterliegt, reicht es bei der Verständigung zwischen Erdlingen und Außerirdischen schon mal gar nicht, bloß eine grobe Interpretation des Codes der jeweiligen Gegenseite zu besitzen. Es ist das richtige Verständnis um die jeweilige Semantik, welches den schmalen Grat zwischen dem Wunder eines friedvollen Austauschs und einer kriegerischen Auseinandersetzung aus nichtigem Anlaß zieht. Villeneuve stellt dies vortrefflich dar, außerdem wie kurz die Militärdoktrin von Supermächten greifen kann. Es ist zwar grundsätzlich richtig, eine extraterrestrische Aggression in Erwägung zu ziehen, bloß sollte man sich damit nicht den Blick auf alle anderen Möglichkeiten vorschnell verbauen. Auch daß die Art, wie Kommunikation zwischen Menschen ausgestaltet ist, nicht die einzig mögliche im Universum ist bzw. daß Sprache anderswo auch eine gänzlich andere Funktion haben kann, ja auch das lohnt einen Gedanken. Andere Welten, andere Sitten. Der ganze Film lädt auf bemerkenswerte Weise zum Blick über den Tellerrand ein.

Den Kreisen der Aliens ähnlich verläuft die Handlung mit Zirkelbezügen. Sehr elegant. Und dann sehr hübsch, wie Banks die Telefonnummer erfährt. Gleich danach kommt es dann schon wieder auf effektive Kommunikation an, und zwar dalli-dalli.

Sehr gelungen der reduzierte, bisweilen traumartige Erzählstil sowie die Entwicklung der Handlung quasi aus dem Stand ohne jegliches ablenkendes, gar pathetisches Beiwerk. Unbedingt im Kino gucken, nicht nur der umwerfenden Optik, sondern auch des verstörenden Sounds häufig im niederfrequenten Bereich wegen.

American Honey

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Ganz schön. Lang.

28.11.2016

Junge Menschen ohne Geld & Perspektive unterwegs nach ganz woanders und das ständig auf Droge, legal und illegal. Das Ganze optisch nicht uninteressant mit angesagtem Handkamera-Gewackel & vielen frischen Laiendarstellern erzählt. Man könnte als Subtext entziffern, daß die Generation der jungen Amerikaner nicht mehr zwingend das Wohlstandsniveau der Eltern erreicht oder übertrifft. Ein schönes Coming-of-age ist das, wenn einem klar wird, daß die Chancen des eigenen wirtschaftlichen bzw. gesellschaftlichen Aufstiegs gering sind.

Aber vielleicht wollte Regisseurin Arnold einfach auch nur mal alle ein wenig vor der Linse toben lassen und fand dann alles, was sie so aufgenommen hatte, toll. Müssen wir uns das dann wirklich 163 Minuten lang angucken?

Eddie The Eagle – Alles ist möglich

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Dabei sein..

19.11.2016

An Eddie the Eagle erinnere ich mich gut. Grieselige Bilder im Fernsehen, Begeisterung auf den Rängen, gewinnendes Lächeln im Gesicht, Glasbausteine auf der Nase und ja, der Schnurrbart. Er sah aus, wie man sich im Vor-Internet-Zeitalter den typischen Briten vorstellte; so ein wenig wie Terry-Thomas in Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten. Tollkühn war, was „Eddie“ Edwards da ablieferte und viel gefährlicher, als es die Bilder von vermeintlich federleicht dahinschwebenden Skispringern vermittelten. Er stand für den olympischen Gedanken, daß alleine die Teilnahme schon alle Mühen lohnt. Edwards‘ Olympia-Kampagne war als haarsträubend zu bezeichnen. Einen einzigen Coach wie im Film gab es nicht. Hugh Chapman in der Rolle des Trainers wurde womöglich als Vehikel für den internationalen Vertrieb installiert. Siehe auch das Filmplakat; dort steht Chapman VOR Taron Egerton (??). Letzterem gebührt aber großes Lob für seine sehr glaubwürdige Darstellung des vierschrötigen Briten bis hin zu dessen etwas eigentümlicher Mimik, ohne dabei jedoch wie eine Karikatur zu wirken. 'Hat mir sehr gefallen.

Regisseur Fletcher bringt hier mit Stilmitteln wie typischen Schriftsätzen auf den Zwischentiteln und dem sehr gelungen instrumentierten Soundtrack 80er-Feeling auf die Leinwand. Und wenn sich Eddie schließlich in die Tiefe stürzt, stockt einem der Atem. Ganz groß inszeniert. Da Triumph und Niederlage bei ihm ganz nah beieinander liegen, ist das ganze Ensemble gefordert, wenn die Kamera dann die wechselnden Reaktionen in ihren Gesichtern abfilmt. Eine sehr schöne Passage; 'muß man als Schauspieler so erstmal hinkriegen. Ist der Film in seiner Dramaturgie sicherlich vorhersehbar, so ragt er aufgrund seines Gesamtmixes aus der Masse vergleichbarer Werke hervor. 'Kann man gucken!

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