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Es gibt 266 Beiträge von Matt513

Blade Runner 2049

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Sofortiger Ruhestand für Harrison Ford!!

07.10.2017

Bin nach den Vorabfilmchen, die die vielen Verweise zu Blade Runner von 1982 priesen, mit nullkommanull Erwartungen ins Kino gegangen. Die Befürchtung stand im Raum, dies würde ein weiteres Mal ein Abklatsch eines nicht zu reproduzierenden Meilensteins werden. Bewegt und schwer beeindruckt ging ich rund 3 Stunden später wieder.

Visuell und akustisch ist BR2 eine einzige Granate. Villeneuve hat sich mit Ansage als ausgezeichnete Wahl für den Regiesessel erwiesen. Meine obige Befürchtung sollte sich als weitestgehend unbegründet herausstellen. Trotz seines nüchternen, reduzierten Stils (u.a. Arrival, Prisoners) ist ihm gelungen, was lange Zeit als nicht machbar galt: eine Fortsetzung, welche stilistisch unverkennbar im selben Universum wie der Vorgänger spielt, ohne unweigerlich wie ein Abziehbild zu wirken. An einer derartigen Aufgabe sind namhafte Regisseure bei ähnlichen Projekten bereits grandios gescheitert. Daß sein Film dann besagte, leicht modulierte Referenzen aufweist (u.a. Charaktere ähnlich Pris und J.F. Sebastian, ein exotischer Straßenhändler mit Expertise für seltene Dinge, die flimmernden Wasserreflexionen, ein visionärer Konzernlenker mit Schöpferanspruch sowie Handicap an den Augen, ein Verfahren ähnlich dem Void-Kampff-Test, ein Pferd (vorher Einhorn) als Schlüssel zur Klärung einer wichtigen Frage), wäre da vielleicht gar nicht nötig gewesen. Die ersten Einstellungen sind fast synchron; ein großes Auge, der Flug über eine von Menschenhand versiegelte Landschaft – Villeneuve verläßt wohltuend schnell diesen allzu wohlfeilen Pfad, spielt im folgenden mit Licht und Schatten, so wie Scott es in seinen besten Zeiten vermochte, und entwickelt danach eine stimmige, eigene Ästhetik in epischem Format. Die Zeit ist nicht stehengeblieben, so auch nicht die Technik. Über den Dingen schwebt die Drohne, 3D-Virtual Reality ist tief im Privatleben angekommen. Im Gegensatz zu Deckard wohnt K allerdings in einer ziemlichen Scheißgegend, zumindest dem Publikum vor seiner Wohnungstür nach zu urteilen.

Die Story u.a. aus der Feder von Hampton Fancher, der bereits das erste Drehbuch mitschrieb, thematisiert in vielen Einzelmotiven einmal mehr den Grenzbereich zwischen natürlichem zu künstlich erschaffenem Leben; wie könnte es auch anders sein. Sie ist an manchen Stellen angenehm rätselhaft, allzu selbsterklärend wäre ja auch doof, ohne daß man jedoch mit Schulterzucken das Kino verlassen müßte. Eine Weile lang dachte ich, ich müßte ihn ein zweites Mal anschauen, doch am Ende war alles klar. Man muß manche Dinge einfach mal im Geiste parken im Vertrauen darauf, daß sie sich auflösen. Da läßt Arrival schön grüßen.

Was mich regelrecht gestört hat, war der Auftritt von Harrison Ford. Ab da wirkt dieser große Film plötzlich gewöhnlich. Bis dahin hat er auch so funktioniert. Schlagartig ist die Spannung weg. Er wirkt wie ein Fremdkörper. Muß man den Mann ständig hinterm Ofen hervorzerren? Herrgottnochmal, gönnt ihm doch endlich seinen Ruhestand. Schon dieser dubiose Auftritt in Episode 7 war doch sinnlos, von Indy 4 mal ganz zu schweigen (und Indy 5 *würg* soll ja auch noch über uns hereinbrechen). Das wirkt wie so ein Leckerli, damit die alten Fans auch alle brav ins Kino rennen, aber bringt den Film nicht voran. Wäre nicht nötig gewesen, sage ich, 'wäre der Film halt anders ausgegangen. Auch Rachel bzw. Sean Young hat einen Auftritt, einen sehr unwürdigen allerdings, wie ich finde.

Trotzdem - Villeneuve hat einen Riesen erschaffen. Blade Runner ist für immer unerreichbar, aber davon ab behaupte ich, dieser Film hier wird Bestand haben. Daß dies in diesen gesättigten Zeiten noch möglich ist, wo so vieles schon in Bilder gesetzt wurde, hätte ich nicht gedacht. Ein Fortsetzungsfilm, der seinen eigenen Schatten wirft, ist selten; siehe auch Das Imperium schlägt zurück. Diesen hier werden wir bei den Oscars wiedersehen. Ein großartiger Science-Fiction, sehr beeindruckend.

Blues Brothers

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Abend gelaufen

05.10.2017

Läuft einer von dieser Sorte im Fernsehen, ist die weitere Abendplanung obsolet. So wie neulich; beim Zappen auf irgendeinem Filmkanal entdeckt. Erstmalig in den 80ern im Jugendheim angeguckt. 'Aufgehört zu zählen, wie oft seitdem, aber gegen die beinharten Fans bin ich vermutlich ein Waisenknabe.

Waren das noch Zeiten, als man, ohne groß drüber nachzudenken, tagelang die Verkehrsregeln mißachten, dabei dutzende Autos schrotten, Einkaufszentren über den Haufen fahren, Häuser in die Luft jagen, tumbe Nazis zum Baden schicken, die Zeche eines langen Gigs im verkehrten Club prellen konnte. Alles vorbei. Filme wie dieser, mit seiner originären Story, den abgedrehten Charakteren und dem unvergleichlichen Groove, kommen nicht mehr wieder. Den Maxwell Street Market (wo John Lee Hooker ins Mikro boom-boomte) gibt's so auch nicht mehr. Stand irgendwann dem Fortschritt im Weg und wurde wegoperiert. Schade drum.

Valerian – Die Stadt der Tausend Planeten

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Tant pis - déjà vu!

15.09.2017

Zu Tränen gerührt ist man nach Ansicht der ersten 5 Minuten, wenn man über den Zeitraum kommender Jahrzehnte Astronauten verschiedenster Nationen, Religionen, gar Spezies sich friedlich im All begegnen sieht. Soviel Optimismus in der heutigen Zeit, was für eine angenehme Vision.

Valerian vermag sowohl mit einigen Gänsehaut-Momenten, Glanzlichtern beim Casting (Rutger Hauer, Herbie Hancock (!)) als auch ganz gelungenen Lachern zu punkten. Ein paar Referenzen aus der Vorlage runden den Eindruck; die Shingouz, die im Film ein wenig wie eine Mischung aus Tick, Trick und Track sowie einer überreifen Banane daherkommen, kennt man aus den Alben. Auch den psychedelischen, wohl dem damaligen Geist der Zeit entsprechenden Farben- und Formenrausch der Comic-Vorlage setzt er konsequent um; es scheint nichts zu geben, das nicht ginge. Das mäßige Drehbuch aus der Feder Bessons enthält manches, was man in der realen Welt kaum für möglich, ja glaubwürdig halten würde. Gerade zum Ende hin wirkt vieles doch ein wenig zusammengeworfen. Man tröstet sich am besten mit der Erkenntnis, daß in Comics halt manche Dinge ad hoc und ohne größere Logik passieren.

Folgende 3 Probleme hat dieser Film:

Erstens die Auflösung. Warum Mül dran glauben mußte, ist schlichtweg – Müll. Ich finde es sehr wenig überzeugend, wenn obiges Drehbuch hier nichts Besseres als, hm nja, das liebe Geld hergibt. Auf dem Weg dorthin lernen und verstehen übrigens nicht sehr technikaffine Wesen binnen Sekunden, daß ein eben vom Himmel gefallenes Raumschiffwrack ein valider „Schutzraum“ vor dem am Horizont anrollenden Armageddon sowie dieser durch eine „Tür“ mit „Scharnieren“ zu verschließen ist und zwar durch einen „Türgriff“ (welcher zur Unzeit abbricht). Naa-ja.

Zweitens Valerian. Hier im Film ist dieser ein notgeiler Schürzenjäger, der an Bord des ansonsten menschenleeren Raumschiffs fortwährend seine attraktive, dabei rangniedrigere Kollegin nervt, ihn endlich zu heiraten. Abgesehen davon, daß hier eine dienstlich bedingte Abhängigkeit zum eigenen Vorteil genutzt wird (der kann froh sein, wenn der Bordcomputer mit der charmanten Stimme ihn nicht beim Betriebsrat verpetzt; nach meinem Dafürhalten ist das mindestens versuchte Nötigung am Arbeitsplatz), bringen diese Sperenzchen auch den Film nicht voran. Im ab den späten 60ern entstandenen Comic fließen die Grenzen; Valerian und Veronique (im Film Laureline) sind dort in erster Linie Team und bestehen zusammen wilde Abenteuer. Wenn überhaupt, dann erst in zweiter Linie sind sie sowas wie Paar, bitteschön, und selbst dies wird eher dezent z.B. mit gelegentlichem Hand-in-Hand-Gehen angedeutet. Im Original hat Valerian mehr Format, wirkt männlicher, souveräner. Bevor jetzt wer nörgelt, in diesem Fall hier ist die literarische Vorlage einfach zu stark, als daß man sie einfach übergehen könnte. Insofern finde ich auch das Casting nicht optimal; der juvenile DeHaan als Valerian im Range eines Majors? Non Moniseur, pas de tout.

Drittens Besson. Dessen visueller Stil ist seit Das 5. Element so prominent, daß man bei Valerian etliche Male ein Déjà-vu erlebt. Das ist sehr schade und wird der Vorlage, einer der ganz großen Inspirationsquellen des Weltraummärchenfilms, leider überhaupt nicht gerecht. Um es nett zu formulieren, Valerian war visuelle Vorlage für eine ganze Reihe bekannterer Werke, darunter übrigens auch Krieg der Sterne, nicht nur ein bißchen, sondern an manchen Stellen ziemlich deutlich. Ein bißchen weniger nett formuliert, aus den Werken europäischer Comic-Künstler wurde in Hollywood mehr oder weniger dreist abgekupfert. Wenn Valerian nun optisch wie mit Versatzstücken aus Das 5. Element, ferner anderen Filmen wie Per Anhalter durch die Galaxis, Avatar oder Guardians of the Galaxy angereichert daherkommt, wirkt das geradewegs so, als ob er es seinerseits nötig gehabt hätte, anderswo abzugucken. Daß ausgerechnet solch ein Klassiker bei seiner filmischen Adaption dieses Schicksal erleidet, ist schade.

Trotz allem ganz gelungene Kinounterhaltung; mit einem anderen Drehbuchautor könnte künftig ein ganz ansprechendes Franchise draus werden, unsere Nachbarn können also auch Blockbuster und ja, 'gehörte auf jeden Fall auf der großen Leinwand geschaut.

Unheimliche Begegnung der dritten Art

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Claude Lacombe

30.08.2017

Obwohl nie im Kino gesehen, ist das einer meiner ewigen Lieblingsfilme. Vom ersten bis zum letzten Moment sehr spannend, weil man die ganze Zeit weiß, daß "da etwas vor sich geht", jedoch ohne die längste Zeit einen der Besucher zu sehen zu bekommen. Im Gegensatz zu anderen Filmen, wo Regierung und Militärs die Begegnung mit den Außerirdischen zu ihrer Sache machen, entscheidet hier der Zufall, wer zu den Auserwählten zählt. Das dürfte auch eher einer möglichen Realität entsprechen. Es sind einfache Leute von nebenan, welche sich plötzlich als Mitglieder einer Gemeinschaft fühlen dürfen, die einen Hinweis auf das Vorhaben der extraterristischen Gäste bekommen haben. Der Film thematisiert dann auch eine mögliche Entfremdung vom gewohnten sozialen Umfeld als Folge.

Von den Charakteren mag ich den von Truffaut gespielten Lacombe. Er stellt das Wunder der friedlichen Begegnung über etwaige Dünkel gegenüber Angehörigen der Zivilbevölkerung, die dem Ruf der Außeridrischen gefolgt sind. Insgesamt ein sehr positiver Film zum Thema.

Für die damalige Zeit überwältigende Spezialeffekte, phantastisches Drehbuch, ein Ende an einem der spektakulärsten Orte der Welt und wieder mal ein unverkennbarer Score von John Williams mit dem ikonischen Fünfklang. Leider ist die Qualität des nunmehr 40 Jahre alten Bildmaterials sehr modderig, was vor allem bei den Nachtszenen deutlich wird.

Saving Private Ryan - Der Soldat James Ryan

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Amerikanische Passion

25.08.2017

So wie Churchill wußte, daß die Niederwerfung von Nazi-Deutschland den Niedergang des alten Empires zum Preis haben würde, wußten die amerkanischen Oberbefehlshaber, daß es die Befreiung Europas von dem Joch Hitlers nicht umsonst geben würde. Die Landung in der Normandie wurde ein tausendfacher Opfergang mit Ansage.

Eine Handvoll Filme gibt es, welche bei erstmaliger Ansicht ein tiefes Gefühl des Unbehagens und der Verstörung in mir hinterließen. Neben u.a. Schindlers Liste sowie The Day After ist dies Spielbergs Bebilderung dieses Opfergangs in epischer Breite. Im Kino damals wurde man Zeuge eines Grenzübertritts. Schon bei dem Anlauf auf Omaha Beach (der von der Air Force nicht bombardiert werden konnte, weshalb die deutsche Verteidigung nahezu ungeschwächt war) fühlte ich mich angesichts sich übergebender Soldaten unangenehm, angefasst. Wo sonst im Film mit Rücksicht auf den Zuschauer schwere Verletzungen allenfalls zu ahnen waren, stellt Spielberg abgerissene Gliedmaßen und geöffnete Leiber bis ins grausige Detail dar. Seine Soldaten erinnern auf höchst unbehagliche Weise daran, was für fragile, empfindliche Wesen wir sind, wie verletzlich unsere weichen, mit lebenswichtigen Organen vollgestopften Körper. Die Handlung führt die Figuren weg von den Stränden, doch die Bilder wirken nach wie ein Schlag in die Magengrube.

Sie sind Bestandteil des Traumas jener, die diesen Fleischwolf überlebten. Spielberg inspirierten Kriegsveteranen, die auf Soldatenfriedhöfen an Gräbern weinten. So beginnt dann auch sein Film. Stumm stehen Kreuze Spalier. Das wirkt so erst einmal ein paar Einstellungen lang und leitet zum zentralen Thema über, welches dem Film neben der Historiendarstellung innewohnt: Nach irdischem Ermessen, welchen Wert besitzt das Menschenleben? Wieviel Leben zu opfern ist es wert, ein einzelnes zu schützen, einen Befehl zu befolgen, egal wie fragwürdig er einem vorkommt, einen Krieg zu gewinnen, den man nicht begonnen hat, auf einem Kontinent, den man nicht bewohnt? Diejenigen hinter den Kreuzspalieren hat man vermutlich nicht gefragt.

Ein Aspekt, der für mich nicht so recht in den übrigen Film passen wollte - Wehrmachtssoldaten werden hier durchweg als grobe, kurzgeschorene Ledernacken dargestellt, meinetwegen; allerdings mit einer Ausnahme, nämlich dem Scharfschützen im Kirchturm. Dessen Mimik und Motorik wirken geradewegs sanft. Als sein Blick durchs Fernrohr über die Szenerie schweift, scheint gar ein kurzer Anflug von Bedauern über sein Gesicht zu ziehen. Dazu die blauen Augen (ja gut, der blonde Hans hat im Film häufig welche, ist dabei dann aber oft auch von einer arischen Kälte, was hier nicht der Fall ist). War das Zufall oder wollte Spielberg hier sowas wie das Bild eines, sagen wir mal, überirdischen Wesens, eines Engels des Todes erschaffen?

An dem Film stimmt alles. Vom musikalischen Melodram zu Beginn und zum Schluß abgesehen, wobei ich John Williams‘ sparsamen Score trotzdem immer wieder gerne höre, ist er sehr gerade, sehr auf den Punkt und schont keinen. Bis in die Nebenrollen mit richtigen Typen besetzt, wirken alle seine Charaktere glaubwürdig und plastisch. Spielbergs Regie ist einfach nur als herausragend zu bezeichnen. Gilt als einer der besten Kriegsfilme aller Zeiten und gewann in seiner Kategorie doch nicht den Oscar. Die nach Jahren mal wieder angesehene DVD offenbart, wie sehr HD das eigene Auge verdorben hat. Der feine Gries im Bild fiel mir als erstes auf; immerhin fast 20 Jahre, seitdem er im Kino lief.

Toni Erdmann

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Vater + Tochter = Liebe

13.08.2017

Maren Ades Film hat seinen Wellenschlag in der Kinowelt hinterlassen auch ohne Palme d’Or. Die Nichtberücksichtigung in Cannes stieß manchen Kritiker vor den Kopf (zu lesen stand gar, man habe dort schlichtweg das Interesse verloren zu erfahren, was sich beim Nachbarn jenseits des Rheins seit der Jahrtausendwende so abspielt), aber dem Film schaden wird sie letztlich nicht. Kommt ja nicht oft vor, daß ein deutscher Film nach relativ kurzer Zeit für ein US-amerikanisches Remake vorgesehen wird, noch dazu mit Jack Nicholson in der Hauptrolle. Ich denke, das adelt schon beträchtlich. Da läßt sich der Staubfänger fürs Kaminsims sicherlich verschmerzen.

Obwohl der Film in seinem Erzählstil etwas länglich, ausgewalzt wirkt, bin ich von Ades Regiearbeit begeistert. Sie ist sehr kritisch gewesen, dem Vernehmen nach landete auch mal das Ergebnis mehrerer Drehtage im Mülleimer. Ich finde, das merkt man im Ergebnis, daß sie sich nicht gleich mit dem Erstbesten zufrieden gab.

Das Kernmotiv lautet einfach: Liebe. Vom Vater an die Tochter und zurück. Von des Vaters sperrigen Kontaktbemühungen abgesehen, schafft Ade dies mit zwei Szenen sehr nachdrücklich zu etablieren; Ines weinend auf dem Balkon, als der Vater mit dem Taxi abfährt und dann später die innige Umarmung im Park. Für sie ist der Vater der letzte Anker zu einem früheren Leben, welchem sie unwiederbringlich entschwunden ist. Der heutige Berufsalltag, wo „Flexibilität“ oft Chiffre für die Bereitschaft ist, im privaten Bereich zu opfern, kommt der Elterngeneration sicherlich unverständlich vor und mancher erkennt sein kleines Mädel (das sich selbst hier im Film kaum noch fühlt) nicht mehr wieder, kaum daß sie die Alltagsklamotten mit dem schicken Kostüm getauscht hat. Aber trotzdem, meint der Vater, ein Alt-68er, die Welt drehte sich, indem sich alle an den Händen nehmen und Ringelreihen tanzen? Ist für ihn nachvollziehbar, daß im Berufsleben eine gewisse Professionalität erforderlich ist, der Wohlstand, welchen man selbst mit dem Weinglas in der Hand als gegeben annimmt, von irgendwem erhalten werden muß? Ein anderes Motiv, welches dem Film nachgesagt wurde, ist Kapitalismuskritik. Dem kann ich mich nicht anschließen. Korrekt zwar, daß Ines‘ Arbeitgeber, ein Beratungsunternehmen, ein Outsourcing-Projekt in Osteuropa verkaufen möchte. Abgesehen davon ist dieses Motiv für mich aber zu schwach ausgeprägt, als daß man das gelten lassen könnte. Ich mein', Ines und Kollegen treten nicht eben wie gierige Heuschrecken auf und Outsourcing bzw. Unbundling ist nicht per se `böse´. Wer ein treffenderes Beispiel mit Unternehmensberatern drin haben möchte, der schaue den rasiermesserscharfen Zeit der Kannibalen. Allerdings sei dann die Frage gestattet, welche jahrzehntelangen Zustände in Rumänien zu den maroden Industrieanlagen geführt haben, welche im Vorbeifahren zu sehen sind (bzw. überhaupt dazu, daß das Land wirtschaftlich ruiniert war, als der eiserne Vorhang fiel). Das kann dann eher als Kritik an der anderen Weltanschauung bzw. Ideologie gelesen werden, welche -na sowas- auch mit „K..“ beginnt.

Fritz Lang

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Aufführungsort großer Illusionen

06.08.2017

Den bleibendsten Eindruck hinterließ bei mir die Erkenntnis, wie einfach und doch effektiv hier die Illusion einer zeitgenössischen Ansicht der 30er Jahre erschaffen wurde. Wenn Lang (Ferch) in der Droschke –„nur den Fusel aus der Kutscherkneipe“- durchs Berliner Nachtleben gefahren wird, dann sind im Wechsel ein paar Vorkriegsschnipsel vorbeihuschender Großstadtlichter hineingeschnitten und schon denkt man, Ferch führe wirklich im Damals durch die Nacht. Ein weiteres Mal und Lang auf der Suche nach Inspirationen für sein nächstes Werk geht dank Tricktechnik gar komplett im Ausschnitt von "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" auf; hier referenziert sich ein Klassiker regelrecht selbst. Häufige Straßenszenen der Weimarer Republik erzeugen die Rückwand des Films. Das Kino als Aufführungsort großer Illusionen.

Fritz Lang bietet ein Ensemble in Bestform auf und ist standesgemäß in Schwarz-Weiß photographiert. Mal wird mit Gegenlicht gespielt, mal in punkto Ausleuchtung manche Anleihe, z.B. bei Kürtens Vernehmung, an den visuellen Stil der Filme Langs genommen (auch dadurch gelingt die Illusion). Nur über sein Werk, bald vom Expressionismus beeinflußt, ist er mir bekannt. Privates, so die für seine Ehefrau tragisch verlaufene Affäre mit Thea von Harbou, wußte ich nicht. Auch nicht, welch unstetes Wesen in ihm wohnte. "Die übliche Nachtroutine, Herr Lang?"

Trumbo

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„Und außerdem – können Sie mich alle mal am Ar*** lecken.“

06.08.2017

Bryan Cranston werden wir vermutlich nie im Superheldenkostüm sehen. Das ist einfach nicht sein Ding. Dem gefeierten Charakterdarsteller stehen Rollen wie hier vorliegend am besten. Diesen feinen, kleinen Film, eine schön gemachte Innenansicht Hollywoods zu Zeiten der McCarthy-Hexenjagd, trägt er auf schmalen Schultern mit Bravour. Trumbo, der (`war mir unbekannt) das Drehbuch zu Spartacus schrieb, muß an allen Fronten kämpfen, das Banner im Kreis der ebenso betroffenen Autorenfreunde hoch- wie die Zeit in Haft aushalten, inkognito ein Katz- und Mausrennen gewinnen und dabei noch ein gutes, aber gestrenges Familienoberhaupt bleiben. Cranston muß hier den der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Menschen fürs Kinopublikum mit Leben erfüllen. Dies gelingt in vielen netten Einzelansichten bis hin zur verbürgten Angewohnheit Trumbos, seine Manuskripte in der Badewanne sitzend zu tippen. Cranston ist nicht unbedingt die Sorte Schauspieler, mit der Hollywood häufig Hauptrollen besetzt. So gesehen schade, daß er bei den Oscars nicht zum Zuge kam. Allerdings wäre der Gewinner auch schwierig zu schlagen gewesen; mit The Revenant war es einfach DiCaprios Jahr.

Neben den oben genannten Episoden gefiel mir natürlich, wie der Film die Dreharbeiten zu Spartacus streift. Die kleine Montage darin mit dem unvergessenen Woody Strode – herrlich. John Wayne an anderer Stelle dagegen war nur mit Ansage zu erkennen. Der ‚Duke‘ läßt sich wohl kaum ersetzen. Ein weiterer, sehenswerter Film zum Thema Autorensperre in der McCarthy-Ära ist übrigens Woody Allens Der Strohmann, aus dem obiges Zitat stammt.

Full Metal Jacket

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In einer Welt voll Sch***e

22.07.2017

Fast die Hälfte von Stanley Kubricks Werk thematisiert den Krieg. Schon mit dem Erstling Fear and Desire hatte der junge Regisseur früh sein Thema. Und mit Napoleon wäre ja fast noch ein weiterer hinzugekommen. Krieg als regelmäßiger Schauplatz menschlicher Abgründe bildete geradezu die ideale Bühne für sein Hauptthema, nämlich das Erforschen der menschlichen Verfassung; der Mensch als Sklave widerstreitender Emotionen und Anschauungen, mithin Opfer der eigenen Unzulänglichkeit.

Nach Wege zum Ruhm, der gemeinhin als Antikriegsfilm gilt (und wegen seiner kritischen Sicht auf das französische Offizierskorps jahrelang in Frankreich nicht gezeigt wurde), hatte Kubrick einen ‚richtigen‘ Kriegsfilm im Blick. Die Schockwellen, welche Apocalypse Now seit den abgelaufenen 70er Jahren in die amerikanische Gesellschaft gesendet hatte, waren verebbt, warum also nicht den Vietnam-Krieg als Rahmen? Es ist bekannt, daß Kubrick ganze Bücherschränke als Vorbereitung konsumierte, bevor er überhaupt zu schreiben bzw. zu drehen begann. Dieser konservative Arbeitsstil zusammen mit seiner Angewohnheit, Szenen dutzende Male neu drehen zu lassen, zog die Fertigstellung in die Länge. Stone, der zur selben Zeit Platoon drehte, bekam Wind von Kubricks Vorhaben, forcierte das Tempo und stellte seinen Film als Erster in die Kinos. In der öffentlichen Wahrnehmung ging der actiongetriebene, mit 4 Oscars prämierte Platoon (man denke an die ikonische Szene mit einem „gekreuzigten“ Dafoe) als der filmische Kommentar der 80er Jahre zum Thema in die Annalen ein. Und Kubrick, der große Pfadfinder des Kinofilms, wirkte mit seinem Monate später veröffentlichten Vietnam-Film geradezu wie ein Epigone.

Unvermeidlich für einen Regisseur wie Kubrick, der sich im Kern stets für das Befinden seiner Figuren interessierte, setzt FMJ den Meißel aber viel tiefer an, nämlich neben der Dehumanisierung im Krieg selbst auch den Prozeß dorthin darzustellen. Wie üblich beobachtet er lediglich, ohne zu moralisieren. Binnen weniger Filmminuten wird aus jungen, menschlichen Individuen kahlgeschorenes, anonymes Geschmeiß, gewissermaßen die erste Stufe. Schieres, durchzuwalkendes Menschenmaterial in den Händen der Ausbilder, dessen einziger Zweck werden soll, zum rechten Moment zu töten und gefälligst nicht ohne Erlaubnis zu sterben. Über Lee Ermeys Leistung als Drill Instructor muß hier nichts mehr geschrieben werden; er schuf die Referenz schlechthin zum Thema. Wobei Gunnery Sergeant Hartmans Vortrag an manchen Ecken so aberwitzig ist, daß man nicht weiß, ob man betreten sein oder lachen soll. Sein Trommelfeuer von Beleidigungen und Erniedrigungen ist die nächste Stufe, das unbrauchbare Menschliche aus dem Material zu verbannen, welches sodann auf die Kriegsschauplätze in Fernost verschifft wird. Der Drill im Schlamm sowie das kollektive Bestrafen des ganzen Zuges sind weitere. „Wenn Ihr Ladies meine Insel verlaßt, (…) seid Ihr Priester des Todes“, ruft er. Dies so drastisch darzustellen ist Kubricks großer Beitrag zum Thema.

Sodann beginnt der Film regelrecht erneut. Unter (ans Londoner Set importierten) Palmen scheint er, von zeitgenössischen Songs begleitet, nun entspannt, spielerisch, geradezu satirisch. Doch der Eindruck täuscht; Kubrick hält an seinem Sujet fest, verpackt dieses aber fortan subtiler. In Hartmans Priestern des Todes stecken dieselben jungen Kerle vom Beginn des Films, welche jedoch den Wert menschlichen Lebens aus den Augen verloren haben.

Grinsend baut sich Joker vor der Kamera auf, schwärmt von Vietnam, der Perle Südostasiens, daß er die Angehörigen einer alten Kultur treffen – und töten!, der Erste in seiner Nachbarschaft mit einem bestätigten ‚Kill‘ werden wollte. Im ersten Teil des Films waren bei ihm Ansätze von Zivilcourage, mithin eines rebellischen Wesens zu erkennen. Von ihm hätte ich am ehesten eine kritische Auseinandersetzung mit dem Morden erwartet. Doch wie weggewischt; stattdessen regiert die große Schnauze. Immerhin, die Absurdität seines Handelns erklärt er mit der Dualität des menschlichen Wesens, ein Thema wie für Kubrick gemacht. Crazy Earl nennt diejenigen, welche am selben Tag von seinem Zug getötet wurden, das Beste, was sie je trafen. Danach gäbe es womöglich niemanden mehr, der es wert wäre, erschossen zu werden. Göttern gleich, sieht er die seinen mit dem Gewehr in der Hand über die Erde schreiten. Triumphierend grinst er nach mehreren Abschüssen. Das ist pure Überheblichkeit. Rafterman geht fast einer flitzen, als er eine Frau erschießt, Angehörige der Vietcong zwar, aber eine Frau. So wie sie selbst in ihrer Ausbildung entmenschlicht wurden, so entmenschlichen sie diejenigen, die ihnen in den Weg geraten, indem sie ihnen das Recht zu leben abtrennen. Obschon Kubrick Gefallen an den teils epischen Kampfszenen hatte, lebt sein Film vor allem von diesen leisen, sprachlos machenden Einzeldarstellungen. Angesichts der Kriegsverbrechen an der asiatischen Zivilbevölkerung, über welche teils bis heute nicht gerichtet wurde, machen diese Szenen besonders betroffen. Am Schluß ziehen sie sich vom Schlachtfeld zurück, das fröhliche Lied vom Mickey Maus-Club auf den Lippen. Haben diese Bürschchen überhaupt an sich herangelassen, was sie taten, im Film wie im wirklichen Leben?

Creed – Rocky’s Legacy

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Auf die Zwölf

15.07.2017

Angenehm überrascht war ich hiervon. Von der etwas holzschnittartigen Einleitung abgesehen, hat Regisseur Coogler hier einen sehr authentischen, erdigen Boxerfilm hinbekommen. Creed tritt stilistisch in die Fußstapfen von Rocky I und füllt diese gar nicht mal so schlecht aus. Coogler nimmt sich Zeit, führt seine Charaktere behutsam und ohne großes Drumherum in den Plot ein.

Die Chancen ergreifen, welche das Leben bietet, darum geht’s hier und so formuliert Adonis es auch. Regie, Schnitt, lässige Dialoge, ein paar Ortsspezifika der Suburbs Philadelphias - alles stimmig. Beeindruckende Szenen im Ring, tolle Live-Kamera, `wirkt sehr echt. Wobei Coogler sich wie in obigem Vorbild die läßliche Sünde erlaubt, seine Hauptfigur nahezu über die volle Distanz des Titelkampfes übelst einstecken zu lassen, um dann seinerseits den Gegner mit nur wenigen Schlägen in die Bredouille zu bringen. Das fand ich damals schon bei Rocky I wenig glaubhaft. A propos: Eine Marke für sich ist Sylvester Stallone, welcher im Stile des späten De Niro einen altersweisen, geschmeidigen Rocky Balboa gibt. Dafür gab’s doch glatt eine Oscar-Nominierung (wobei man sich immer ein wenig die Augen reiben muß, wenn man Stallones Namen im Zusammenhang mit den Oscars liest). Man muß (so wie ich) das Genre nicht unbedingt mögen, um trotzdem an diesem Film Gefallen zu finden.

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