Der Frühling hat schon im März seine Kraft unter Beweis gestellt. Der Kino-Frühling startet so richtig erst Mitte Mai mit den Filmfestspielen in Cannes durch. Doch schon seit Jahresanfang war die Filmbranche durchgetaktet: Das Filmjahr eröffnen traditionell die Golden Globes Anfang Januar. Die 1944 ins Leben gerufenen Preise werden von ca. 100 ausländischen, in Hollywood tätigen Kritikern vergeben und gelten seitdem als Gradmesser für die später folgenden Oscars, weil sie große Aufmerksamkeit generieren. Doch vor den Oscars versammelt sich die Filmbranche erst noch in der weniger urbanen Region des US-Bundesstaats Utah. Dort hatte Robert Redford 1981 den Vorsitz des 1978 gegründeten Sundance Filmfestivals übernommen, das seitdem zum einschlägigen Festival für den Arthaus-Film angewachsen ist.
Auch noch vor den Oscars fand – natürlich – die Berlinale statt. In diesem Februar feierte sie ihr 75. Jubiläum. Zugleich war es die erste Berlinale unter der Leitung von Tricia Truttle. Die hatte wie schon die Vorgänger wieder etwas Mühe, die politischen Kommentare auf der Bühne und dem Roten Teppich einzudämmen. Prominenz auf den letzteren zu locken gelang ihr jedoch sehr gut mit Special-Screenings und einem soliden Wettbewerb: Robert Pattinson, Ethan Hawke, Richard Linklater, Timothee Chamalet, Marion Cotillard und allen voran Tilda Swinton als Ehrenpreisträgerin. Einige der dort gezeigten Premieren fanden bereits im März („Das Licht“, „Mickey 17“, „Like a complete Unknown“, „Köln 75“, „Heldin“) oder nun im April in die Kinos („Ich will alles. Hildegard Knef“, „Was Marielle weiß“ und „Mit der Faust in die Welt schlagen“, während „Oslo Stories: Liebe“ der Vorgänger des diesjährigen Berlinale Gewinners ist).
Anfang März, kurz nach der Berlinale, wurden dann die wohl bekanntesten Filmpreise verliehen – die Oscars. Durch den Skandal um die Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón und ihre getwitterten Entgleisungen ging der Favorit „Emilia Perez“ von Jacques Audiard leider fast leer aus (zwei Oscars bei 13 Nominierungen). Auch „Der Brutalist“ erhielt nur drei Oscars bei zehn Nominierungen. Der deutsche Oscar-Preisträger Edward Berger konnte mit „Konklave“ ebenso nur zwei Oscars bei acht Nominierungen mitnehmen. Und wo waren am Ende die ganzen Goldies? „Anora“ von Sean Baker, unser Film des Monats im November, war bei den Golden Globes trotz fünf Nominierungen komplett leer ausgegangen. Bei den Oscars war er mit fünf Oscars bei sechs Nominierungen der absolute Überflieger, sogar Demi Moore ging für „The Substance“ gegen die nur 25-jährige Mikey Madison aus „Anora“ leer aus. Am 9. Mai folgt der Deutsche Filmpreis, und Mitte Mai geht es in Cannes weiter, wo Juliette Binoche die Jurypräsidentin sein wird. Im Sommer folgen noch zwei sehr schön gelegene Festivals: Anfang August das Locarno Film Festival und Ende August das Filmfestival in Venedig, neben Cannes und Berlin das bedeutendste Festival der Welt und seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1932 auch das älteste. Aber noch ist April, und der bringt uns mit über 40 Neustarts auch wieder ein tolles Filmprogramm.
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