POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet
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Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Intro (Link zur Langfassung)
Es gibt wirklich Wichtigeres als unsere Lebensgrundlagen! Zu diesem Ergebnis sind Regierungen und Gesellschaften offenbar gekommen. Vor wenigen Jahren erst schien das Bewusstsein dafür rasant gestiegen, dass endlich entschlossen das Klima zu schützen sei. Pandemie, Krieg, Wirtschaftskrise und ein internationaler Rechtsruck haben indes zur Abwicklung „grüner“ Ziele und Maßnahmen geführt. Auch die neue Bundesregierung erregt Aufmerksamkeit eher mit der Abschaffung von Sonderbeauftragten statt mit ehrgeizigen „grünen“ Zielen. Indes wird längst der euphorisch beworbene EU-„Green Deal“ rückabgewickelt, der doch sektorenübergreifend CO2-Reduktionen vorsieht, mit dem Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Welchen Stand haben Energiewende und Naturschutz heute, da sich Regierungen und Parteien verstärkt auf Kultur- und Identitätskämpfe, nationale Abschottung oder den Vorrang von Industrie- und Profitinteressen konzentrieren? Wem fordern die Maßnahmen etwas ab, wen begünstigen sie?
Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Teil 1: Die Kosten der Technik
Konzerne machen Politik? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erbat sich eine „Atempause“ für die Automobilindustrie, also eine Lockerung der Abgas- und Bußgeldvorgaben. Es gehe darum, die europäische Automobilbranche zu unterstützen, teilte das EU-Parlament mit. Kritikern zufolge wird die Industrie dafür belohnt, die gesellschaftliche Verantwortung zu verweigern statt zügig auf eine umwelt- und kundenfreundlichere Produktion umzustellen. Die Entscheidung kommt Konzernen zugute, deren Profite nicht wie gewünscht gewachsen sind. Auch der EU-Ausbau von Kernenergie hat neue Fürsprecher. Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) dringt u.a. auf eine Intensivierung der Gaskraftwirtschaft. Kritiker mahnen, stattdessen Forschung und Ausbau von Energiespeicherung voranzubringen. Was bringen europäische und nationale Klimastrategien, wenn sie von wechselnden Mehrheiten abhängen? Wie steht es um Klimaneutralität 2050?
Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Teil 2: Der Preis der Natur
Das EU-Renaturierungsgesetz ist zustande gekommen. Schärferen Gesetzen zum Pestizideinsatz ist das bis auf weiteres nicht vergönnt. EU-weite Bauernproteste Anfang 2024 haben dazu geführt, dass Biodiversitätsmaßnahmen im Agrarbereich zurückgenommen wurden. Lobbydruck verschiebt und entschärft Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Schutz von Wiesen und Weiden soll geschwächt werden. Der Schutzstatus des Wolfs ist eingeschränkt worden, während Fachleute betonen, dass der hiesige Naturraum eine wachsende Population verträgt und der Schutz von Weidetieren eine Frage des politischen Willens ist. So steht es schlechter um Lebensräume und Artenvielfalt. Die Schlüsseltechnik Windkraft gefährdet besonders Fledermäuse und Greifvögel. Die Entwicklung von Anlagen, die mittels technischer Vorrichtungen die Verlustzahlen minimieren könnten, kommt trotzdem kaum voran. Wie steht es um die Bewahrung von Biodiversität und um die Vereinbarkeit von Klima- mit Artenschutz?
Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Teil 3: Der Wert des Wohnens
Verstärkte Bodenversiegelung, schlechte Energieeffizienz, hohe Baukosten – es gibt viele Argumente gegen Einfamilienhäuser. Mehrfamilienhäuser bringen mehr Menschen auf gleicher Fläche unter, teilen Infrastruktur unter den Parteien. Der „Traum von Eigenhaus“ scheint mehr denn je aus der Zeit gefallen zu sein. Flächen, die nicht für den Häuserbau versiegelt werden, kommen infrage als Räume für Natur oder Landwirtschaft, werden benötigt zur Überflutungs- und Hitzevorsorge. Abrisse von Altbeständen mit anschließendem Neubau belasten Klima und Ressourcen und verringern den Bestand an günstiger Wohnfläche. Scheindebatten wie jene über das „Heizungsgesetz“ verschleiern, dass politischen Ideen sich parteiübergreifend kaum unterscheiden und fördern zugleich Unsicherheit und Ablehnung in der Bevölkerung. Wie will die Politik Bauen und Wohnen bezahlbar und klimagerecht machen? Wie gegenwärtig sind die Herausforderungen zwischen Rekordsommern, ökosozialer Kluft und Ressourcenschonung?
Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Teil 4: Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Die Klimakrise und das Artensterben bedrohen die Biodiversität. Dabei bedarf es zugleich der Biodiversität, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und natürliche Kreisläufe zu erhalten. Die gemeinnützige Stiftung Blühendes Österreich wirkt Artensterben entgegen und fördert mit dem Naturschutzprogramm „Flora“ Biodiversität und nachhaltige Landwirtschaft – über 50 Landwirt:innen nehmen an dem Programm teil. Im Februar 2025 wurde weltweit ein hoffnungsvolles Signal gesendet: Im Rahmen der 16. Konferenz der Vereinten Nationen über biologische Vielfalt (COP16) verständigten sich die 196 Vertragsstaaten auf die Finanzierung von Naturschutz, ausdrücklich auch auf Maßnahmen zur Erhaltung und Nutzung der Biodiversität. Bis 2030 soll so der ökologischen Krise, die eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit darstellt, massiv entgegengewirkt werden. Ob dieser Verpflichtung nachgegangen wird, bleibt allerdings zweifelhaft.
Den Bach runter / Regierung oder Klima?
Teil 5: Glosse – Die Natur und wir
Natur ist doch völlig überschätzt. Welches Volk ist schon noch Naturvolk hier auf Erden? Natürlich brauchen wir die Natur. Steak, Sonne, Sauerstoff. Und klar, wir lieben die Natur. Vollmond, Wiese, Meer. Also sind wir der Natur nah, solang sie uns mundet und erfreut. Und nicht zu weit weg ist. Ansonsten suchen wir uns Naturevents im Zoo. Oder Abenteuer-Zelten mit Oropax und Schlafmaske, damit einen morgens die Natur nicht betört, äh: stört. Und überhaupt, was ist das eigentlich nochmal: Natur? „Natur“, sagt Wikipedia, „bezeichnet in der Regel das, was nicht vom Menschen gemacht wurde“. Ist dann der Mensch überhaupt Natur? Hat uns die Natur gemacht oder wir uns selbst? Weiter unten auf der Wissensplattform ergänzt der zeitgenössische Philosoph Gregor Schiemann: „Natur gehört zu dem, was bleibt und sich nicht selbst vernichtet.“ Nun, damit gehört Natur zumindest nicht zum Menschen, der drauf und dran ist, sich selbst zu vernichten.
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Kampf um Kalorien
Intro – Den Bach runter
Keine Frage der Technik
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Teil 1: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Der Ast, auf dem wir sitzen
Teil 2: Leitartikel – Naturschutz geht alle an – interessiert aber immer weniger
„Extrem wichtig, Druck auf die Politik auszuüben“
Teil 2: Interview – NABU-Biodiversitätsexperte Johann Rathke über Natur- und Klimaschutz
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Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
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Die Natur und wir – Glosse