POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet
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Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Intro (Link zur Langfassung)
Angst fasziniert. Anderenfalls wären Geschichten über Monster, über erfundene oder wirkliche Katastrophen, Schicksalsschläge oder Verbrechen nicht seit Menschengedenken so erfolgreich. Die Geschichten unterhalten, vielleicht helfen sie dabei, mit dem Ungeheuerlichen im eigenen Leben umzugehen, und ganz sicher verraten sie allerhand über die Gesellschaften, aus denen sie hervorgehen. Ängste sind lebensnotwendig, warnen vor Gefahren, und Anlässe, sich zu fürchten, gibt jedes Menschen Leben reichlich. So stehen alle auch vor der Herausforderung, mit ihren Ängsten umzugehen. Dazu zählen Ängste, die unvermeidlich zum Lebenslauf gehören, zum Erwachsenwerden und Altern, dazu zählen Traumata, die ganze Generationen betreffen, hervorgerufen durch Katastrophen oder Kriege, dazu zählen politische Rahmenbedingungen, die Existenzängste prägen, indem sie immaterielle und materielle Güter ungerecht verteilen.
Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Teil 1: Sorgen und Panik
Psychologen benennen drei Formen von Angst: Phobien: Bspw. Angst vor Spinnen, engen Räumen, großen Höhen. Ihre Auslöser lassen sich benennen, mögliche Therapien orientieren sich daran. Sich wiederholende Panikattacken dagegen treten ohne offenbaren Auslöser aus. Betroffene sehen sich mitunter gelähmt, unfähig, zu reagieren, erfahren die Angst als Erschütterung ihres gesamten Lebens. In generalisierten Angststörungen verdichten sich Sorgen um das Wohlergehen der eigenen Person oder anderer Menschen. Genetische Anlagen und Umweltfaktoren haben beide Anteil daran, wie sehr jemand dazu neigt, sich zu fürchten oder eine Angststörung auszubilden. Was bedeutet das für die Therapie und gibt es die vollständige Heilung von schweren Angsterkrankungen? Wie sehr beeinflussen gesellschaftliche Krisen das Auftreten von Ängsten? Welche Rolle spielt das soziale Umfeld?
Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Teil 2: Zerstörung und Verlust
Wie beeinflussen Ängste vor nahen oder drohenden Kriegen, vor Terror oder Bürgerkrieg die Gesellschaften? Zu den menschengemachten Katastrophen zählt auch die Zerstörung von Lebensräumen und Ökosystemen. Die Ängste, die hierdurch ausgelöst werden, werden mittlerweile benannt als Solastalgie (Glenn Albrecht), als das Gefühl angesichts der Vernichtung der Trost spendenden natürlichen Umwelt. Wie schwer wiegt dieser Angstfaktor, zumal angesichts global fortschreitender Zerstörung und sich verschärfender Umweltgefahren? Wo liegen Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede zum kollektiven Umgang mit Kriegserfahrungen? Wie konstruktiv können Gesellschaften mit diesen Ängsten umgehen, aus Ursachen und Gründen lernen? Überfordert die Gleichzeitigkeit von Krieg/Kriegsgefahr und ökologischer Zerstörung (zudem die nachwirkende Pandemie) die Gesellschaften?
Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Teil 3: Armut und Ausweglosigkeit
Niemand werde in der Krise alleingelassen, Solidarität und Respekt seien die Grundfesten der Gesellschaft – so fassen Stimmen aus der ersten politischen Reihe regelmäßig die Lage im Land zusammen. Dass das gegenwärtig für Millionen von Menschen nicht gilt, spielt offenbar keine Rolle. Kinder- und Altersarmut, Bildungsungerechtigkeit, steigende Lebenshaltungskosten. Die Politik übergeht und verschärft so millionenfach Existenzängste. Politische Ansprachen räumen allerdings große Probleme genau dann ein, ja, zeichnen Angstszenarien („Deutschland, der kranke Mann Europas“), wenn es gilt, neue Zumutungen zu rechtfertigen. Andererseits erstarken nun Gewerkschaften, Arbeiter spüren vermehrt, dass sie sich durchsetzen können. Gibt es also Grund zur Zuversicht, wenn sich an entscheidenden Stellen so deutlich etwas im Interesse der gesellschaftlich Benachteiligten wendet?
Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Teil 4: Europa gestalten – Vorbild Irland
Depressionen und soziale Ängste sind seit dem Lockdown verbreiteter als zuvor, zudem die zwanghafte Isolierung vor der Außenwelt, ein Phänomen, das nun als Cave-Syndrom bezeichnet wird. Eine Entdeckung aus Irland könnte neue Therapien erschließen. Wissenschaftler hatten einen Zusammenhang zwischen Bakterien im Verdauungstrakt und sozialen Phobien festgestellt – das Darmmikrobiom von Menschen mit sozialer Phobie weist danach Besonderheiten auf. John Cryan, Neurowissenschaftler am University College Cork, verwies auf die Rolle, die fermentierte Lebensmittel und Nahrungsfasern in der Zukunft für den Umgang mit sozialen Ängsten spielen könnten. So ergibt sich auch ein neuer Ansatz, mit dem Cave-Syndrom umzugehen.
Hab’ keine Angst / Leben mit Ungewissheiten
Teil 5: Glosse – Eine Geschichte mit tödlichem Ausgang
„Lasst das mal eine Frau machen“, sagt Danielle, schiebt sich mit einem ausladenden Hüftschwung zwischen Liam und Kenneth und beugt sich über die komplizierte Apparatur. „Wie unrealistisch!“, spottet Vadder Kleinemann von seinem Fernsehsessel aus, wobei ihm Chipskrümel in den Bart rieseln. „Was? Dass sie mithilfe eines Taschenmessers und eines Gummibands inmitten der Zombieapokalypse das Internet wiederherstellen?“, fragt Mudder Kleinemann vom Sofa daneben. „Nee, dass eine Frau das hinbekommt. Höhö.“. Bevor sie jedoch Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen können, rumpelt etwas hinter ihnen. Vadder und Mudder Kleinemann zucken zusammen. „Habt ihr das gehört?“, fragt Teenager-Sohn Kleinemann. „Ja, klar. Da ist sicher einer dieser Zombies bereits die Treppe hoch“.
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Ablenkungsversuch
Intro – Hab’ keine Angst
Angst über Generationen
Teil 1: Leitartikel – Wie Weltgeschehen und Alltag unsere Sorgen prägen
„Psychische Erkrankungen haben nichts mit Zusammenreißen zu tun“
Teil 1: Interview – Psychologe Jens Plag über Angststörungen
Sorgen und Erfahrungen teilen
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Kölner Verein Rat und Tat unterstützt Angehörige von psychisch kranken Menschen
Keine Panik!
Teil 2: Leitartikel – Angst als stotternder Motor der Vernunft
„Nicht nur ärztliche, sondern auch politische Entscheidung“
Teil 2: Interview – Psychiater Mazda Adli über Ängste infolge des Klimawandels
Weltweit für Menschenrechte
Teil 2: Lokale Initiativen – Amnesty International in Bochum
Wie die AfD stoppen?
Teil 3: Leitartikel – Plädoyer für eine an den Bedürfnissen der Mehrheit orientierte Politik
„Das Gefühl, dass wir den Krisen hinterherjagen“
Teil 3: Interview – Miriam Witz von Mein Grundeinkommen e.V. über Existenzängste und Umverteilung
Gefestigtes Umfeld
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Verein Chance 8 fördert Chancengleichheit für Kinder
Soziale Bakterien
Den Ursprüngen sozialer Phobien auf der Spur – Europa-Vorbild: Irland
Im Sturm der Ignoranz
Eine Geschichte mit tödlichem Ausgang – Glosse