Sprich mit ihr
Spanien 2002, Laufzeit: 116 Min., FSK 16
Regie: Pedro Almodóvar
Darsteller: Javier Camara, Dario Grandinetti, Leonor Watling, Rosario Flores, Geraldine Chaplin, Caetano Veloso, Pina Bausch, Mariola Fuentes
Antonio Banderas
CemileTS (137), 26.07.2008
Schon mehrfach gesehen, und stets auf der Suche nach der Unebenheit die ich weder nennen konnte noch begreifen.
Gestern habe ich den Film nochmals gesehen, und plötzlich wusste ich es, es war Javier Camara.
Dieser Film ist eindeutig in jeder Hinsicht gereift und perfektioniert, Bild, Licht, Dialoge, Dramaturgie etc.... dennoch, nicht Javier Camara sondern Antonio Banderas hätte die Handlung abgerundet und an Gewicht beigetragen.
Seid ALLES ÜBER MEINE MUTTER hat Almodovar ein weiteres kreatives Element in seinen Arbeiten eingebaut, diese als Rückschluss zur Parallel (realen) welt und Handlung. Ganz besonders ofeenbarte sich dieses Element in seinem letzten Film VOLVER.
Antonio Bandera kann nur der eindeutige Favourit für die Rolle des Begnigno Martin gewesen sein, den schreckhaften infantilen Jungen, der sich zeit seines Lebens einer sexuellen Orientierung nicht entscheiden konnte, stets bedacht seiner Mutter zur Seite zu stehen, ihre Anforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden.
Die Unterdrückung des sexuellen Begehrens und unfähig das Verlangen anpassend zu kultivieren, z.B. mit der Frau seiner Begierde zu sprechen...stattdessen, verschwiegen aus der Unfähigkeit heraus sich für die Flucht in den weibl. Unterleib zu entscheiden...denn von wo aus ist die Kommunikation weniger konsequent, als das Gespräch im Innerem, im Schutze der Mutter/Frauenleibes?!
Seine Entscheidung für diesen Charakter hätte Baderas in die Definition des tatsächlichen Liebhabers der Frauen zurückkatapultiert, er wäre nicht mehr bloss ein Synonym, sondern etwas vielschichtiger und Umfangreicher..er würde Leben zeigen.
Letzteres verfehlt Javier Camara. Er personifiziert bloss dass Abziehbild dessen was Antonio Banderas in der Almodovarsche Dramaturgie erreichen könnte.
Stattdessen deutet uns Javier Camara eine Idee an.
Sehr Perfektionistisch, dennoch zu "klinisch".
Hierzu möchte ich eins hinzufügen...mich hat Hollywood-Banderas nie berührt, weder im Schauspiel noch jedweder....
Es ist fraglich warum er sich dieser Rolle entzogen hat, es wäre eine feine Geste seinerseits gewesen die belohnt würde.
Das Synonym abstreifen, sich der eigenen karikatur entlegen und... Leben, soweit im Zelluloid möglich.
Shit Happens!
Reife Leistung
Colonia (683), 16.05.2005
Ich habe schon einige Filme von Almodóvar gesehen. "Sprich mit ihr" scheint mir sein bis dato reifster zu sein. Er kommt ohne die schrillen Figuren und Farben aus, die sonst seine Filme bevölkern und ist - von der skurrilen Stummfilm-Einlage abgesehen - erstaunlich "normal".
Wie immer strahlen auch die Figuren in diesem Almodóvar-Film viel Wärme und Leben aus.
Von der Unfähigkeit mit den Frauen zu sprechen
yoerk (103), 08.02.2004
Ein wirklich großartiger, vielschichtiger, anspruchsvoller und psychologisch wertvoller Film. Auf den ersten Blick erscheint die Story vielleicht flach und eher auf TV-Niveau. Bei genauerer und aufmerksamerer Betrachtung lässt sich jedoch die wahre Größe und Komplexität erkennen. Es sind Einzelheiten, die den Film besonders machen. Die Wahl Geraldine Chaplins [die Tochter DES Stumm(!)filmstars überhaupt] z.B. als mütterliche Ballettlehrerin oder die musikalische Sequenz mit Caetano Veloso, die Farbwahl, die Ausstattung, das Tanztheater Pina Bauschs etc., alles ist mit großer Sorgfalt und Gespür fürs psychologische und künstlerische Detail arrangiert.
Bei dem Film wurde übrigens KEIN Tier getötet, wie von einigen verblendeten Tierschützern behauptet wurde. Die Stierkampfszene ist computeranimiert.
Ausgesprochen ausdrucksstark
Flow (13), 16.05.2003
Ein ausgesprochen ausdrucksstarker Film, der mit wenig Mitteln eine sehr tiefe Beschäftigung beim Zuschauer bewirkt.
Dem Film ist eine sehr persönliche Stimmung zu Eigen, die Anfangs noch ziellos scheint, den Zuschauer jedoch im Laufe des Filmes in ihren Bann zieht und durchaus ihre Bedeutung hat. Größtenteils tragen die männlichen Hauptcharaktere Benigno und Marco den Film. Beide werden mit beeindruckender Glaubhaftigkeit von ihren Darstellern verkörpert, insbesondere ersterer stellt seinen Charakter mit heftigem Nachwirken dar. Ihre weiblichen Antagonisten, Alicia und Lydia, ergänzen dieses Duo perfekt. Sie spielen sehr gefühlvoll und überzeugend. Die darüber hinaus benötigten Darsteller sind vollkommen natürlich um diese Hauptakteure arrangiert, sie komplettieren die Szenerie und verleihen ihr Abwechslung und Tiefe.
Die Kamera greift diese gefühlvolle Stimmung auf, bleibt lange stehen und nähert sich den Darstellern sehr behutsam. Häufig kommt es zu halbnahen Aufnahmen, die mit klassischer Auflösung sehr real erscheinen, das Licht ist durchgängig und warm.
Durch die wenigen Darsteller, die in ihrer realistischen Umgebung nachvollziehbar und persönlich gezeigt werden, baut der Film eine nahe Beziehung zum Zuschauer auf. Nachdem ihm die Charaktere sehr vertraut geworden sind, kommt bei Benigno nach und nach eine unheimliche Komponente zum Vorschein. Die Obsession des sympathischen Pflegers von seiner komatösen Patientin durchbricht mal mehr, mal weniger die Oberfläche seines Charakters. Allerdings wandelt er sich nicht offensichtlich zu einem gefährlichen Psychopathen, viel mehr fällt es schwer, sein Handeln als andersartig zu definieren. Und offenbar pflegt er die jugendliche Alicia genauso hervorragend wie bei Beginn ihres Klinikaufenthaltes vor vier Jahren. Umso schwerer fällt die Auseinandersetzung mit diesem Charakter, als klar wird, dass er sich an Alicia sexuell vergangen hat und sie im Verlaufe ihrer Schwangerschaft aus dem Koma erwacht. Die Antwort, die der Film anbietet, ist vielschichtig und bewegend, gleichwohl unspektakulär und nachvollziehbar.
bester film seit langem
hotratz (16), 26.04.2003
so eine groteske geschicht, bewertungsfrei erzählt. nöcht schlöcht. die helden sind klasse ausgearbeitet. am schönsten aber finde ich die musik, treibt mir nach zig mal hören immer noch die tränen in die augen.
hä?
Runge (20), 19.04.2003
Bislang hatte ich noch keinen guten almodovar gesehen, aber der hier sei "anders", sagte man mir. Stimmt, der war ja noch fürcherlicher. Es ist schon ein paar wochen her, dass ich ihn gesehen habe, aber immer noch werde ich weiß vor ärger, wenn ich an ihn denke (wobei die gesprächsfetzen, die man im hinausgehen zu hören bekam noch ein wenig schlimmer waren - im Fänger Im Roggen wird eine theaterpause beschrieben, da steht alles besser drin, als ich es sagen kann). Ambitoniertes schmalspurkino mit mehr als fragwürdigen statements. Und: Da ist keine Ironie, nirgends, da ist auch keine diskussion, da ist keine reflektion, nur eitles spreizen, alles viel zu fett (der soundtrack ist eine katastrophe), alles pseudo: pseudo-tabu, pseudo-liebe, pseudo-diskussion, pseudo-gefühle, schön billig zu haben. Pfui spinne.
Über Leben
emmapeel (1), 18.09.2002
Once again: Ein Film, so wie das Leben spielen kann...oder kann nur Almodóvar so spielen lassen?
Großartige Schauspieler erzählen diese, von den handelnden Personen alltäglich gelebte, außergewöhnliche Alltagsgeschichte. Durch die Darsteller und ihre Darstellung wird "Unglaubliches" glaubhaft, gerät "Skurriles" zum Normalen (und, was heißt schon "normal"?) Almodóvar erzählt nie moralisierend, nie trübt ein nur allzu leicht gesprochenes Urteil den Blick auf das Leben und die Liebe in all seiner Vielfalt.
Und wieder wird klar: Wenn wir die Wahrheit(en) (er)kennen wollen, sollten wir möglichst viele Blickwinkel miteinbeziehen, viele Seiten sehen, alle Beteiligten betrachten. Eben wie im Leben.
Denn, wie würden wir urteilen, wenn wir hier nicht Benigno kennenlernten sondern nur die Schlagzeile "Frau im Koma geschwängert" lesen würden?
Danke, Almodóvar auch für die Darstellung der Erkenntnis, dass alle Liebe wahr ist, die Verantwortung übernimmt und dies in einem Film, der -hoffentlich- nicht nur im Gedächtnis haftet sondern auch im (Er)leben. Nur eine Frage bleibt: Was (emp)finden Spanier beim Stierkampf?
Sprich nochmal mit ihr...
otello7788 (554), 12.09.2002
Spannend, über einen Monat ist es her, daß ich diesen Film sah und immer noch habe ich die Bilder im Kopf, höre die Musik und kann mich an fast jede Szene erinnern. Und das obwohl ich den Film gar nicht als so überragend empfunden habe. Ich geh wohl noch mal rein...
brechung
4lip (1), 29.08.2002
Mönti schrieb: "und ich weiss nicht, ob das des regisseurs´ absicht war oder nicht: manchmal verschwimmt die grenze zwischen grossem erzählkino und tv-soap-niveau allzu sehr. weiter fand ich einiges machotum sehr versteckt, aber doch gegeben. die männer: haben hier das sagen, nicht nur den komatösen gegenüber. und keiner merkt´s, weil die beiden so sympathisch daher kommen - heikel finde ich das."
und ich kann mich nicht zurückhalten, zu erwidern:
die dir nicht klare absicht des regissieurs ist in beiden fällen etwas ganz wunderbares, weil seltenes, und ein merkmal wirklicher künstlerischer qualität: ironische brechung. der film ironisiert das melodramatische durchgehend: erinner dich an das tränenmotiv: weinen vor rührung angesichts des kunstwerks. benigno erzählt von dem bewegenden tanztheater (dem er intellektuell offenbar ebenso wenig gewachsen ist - vergleiche das balkongespräch im krankenhaus - wie marco den stierkampf versteht) nicht, dass es ihn bewegte, sondern dass sein nachbar geweint hat. das thema rührung wird in zahlreichen variationen beispielhaft durchdekliniert, somit zu einem künstlerischen diskurs erhoben und das ist eben n i c h t tv-soap-niveau. ähnlich verhält es sich mit dem scheinbaren machotum: der film ironisiert durchgehend den männlichen voyeuristischen blick (und thematisiert ihn, siehe massageszene) und kulminiert schließlich in haarsträubenden männerfantasien wie dem beschlafen der schönen komapatientin und der stummfilszene. marco steht sein langer schwanz ins gesicht geschrieben, er ist interviewender journalist, kann aber lydia nicht zu wort kommen lassen und erzählt mehr von sich, als dass er versuchen würde, sie zu verstehen. benigno kommt offenbar nur mit stummen und wehrlosen frauen klar. wenn das keine offensichtliche ironie ist, weiß ichs auch nicht. zudem bietet almodóvar den gewohnt differenzierten blick auf geschlechterrollen und sexuelle identitäten: die androgyne lydia, die zwar stiere tötet, aber nicht mit einer schlange fertig wird, marco, der das zwar heldenhaft meistert, aber im theater und bei caetano veloso flennt wie ein mädchen (bzw. wie lydia bei der hochzeit), der vermeintlich schwule benigno, die durchaus erotisch gefärbte freundschaft, die sich zwischen den beiden männern entwickelt. das alles finde ich zwar verwirrend (und es ist alles noch viel komplizierter), aber nicht heikel. was für ein schlauer film! letztlich kriegen wir doch die ganze zeit vorgeführt, was für kommunikationsgestörte idioten männer doch sind. ist das sympathisch daherkommendes verstecktes machotum?
Emotionsgeladen und krank
strike (30), 28.08.2002
Ein sehr schöner Film. Die Steigerung von Faszination ueber Liebe bis zur Anbetung ist kongenial umgesetzt. Fühlt man am Anfang noch mit, hasst man am Ende, oder etwa doch nicht ? Die völlige Hingabe des B. wird drastisch erzählt und in farbgewaltigen Bilder wiedergespiegelt. Gekrönt mit sehr netten Einalgen wie der Stummfilm im Film, die Tanzszenen.
Ich bin gespannt auf den zweiten Teil, wenn Alodovar noch ein Drehbuch braucht, meins ist fertig !
Zu hohe Erwartungen
gutzi (182), 23.08.2002
Vielleicht waren meine Erwartungen nach all den überschwenglichen Kritiken einfach zu hoch - ich bin jedenfalls nicht rundum überzeugt. Klar, die Schauspieler sind gut, das Spiel mit den Farben (hier gelb und rot - dort blau und weiß) brillant und die Idee mit dem Stummfilm grandios (obwohl ich die Darstellung des weiblichen Geschlechtsteils schon recht befremdlich fand), und irgendwie ist man auch trotz der manchmal doch etwas schleppenden Erzählweise die meiste Zeit gefesselt. Aber beim Verlassen des Kinos fragte ich mich dann doch, ob der Umgang mit der - doch ziemlich ungeheuerlichen - Tat von Benigno und die Auflösung des ganzen Beziehungsgeflechts nicht ein wenig zu leichtfertig ist. Klar wird Benigno mehr als bestraft, aber die Frage ist, ob der Kinozuschauer das eigentlich will, wo er doch immer so furchtbar nett dargestellt wird ("ein reiner Tor" steht an anderer Stelle im Forum - aber rein ist er doch nun weiß Gott nicht). Naja, sei's drum. Ein guter Film ist es allemal, in meinen Augen eben nur kein Meisterwerk. Das war "Alles über meine Mutter" dann schon eher.
Er spricht zu uns ...
Rita (21), 15.08.2002
Noch Tage nachdem ich den Film gesehen habe, schwirren mir Bilder im
Kopf herum, deren poetische Vielschichtigkeit mich nicht mehr losläßt (so ging es mir auch nach dem Tanztheater von Pina Bausch - wie genial,
den Film mit ihren Tanz-Szenen beginnen und enden zu lassen!) Almodóvar ist es wieder gelungen, uns eine unglaubliche Geschichte zu erzählen, die wir ihm aber vorbehaltlos glauben. Dabei lässt er uns auch immer wieder Raum für unsere eigenen Deutungsmuster, indem er etwas bewußt nicht zeigt, oder verfremdet. Und wieder einmal sind es die starken Frauen Almodóvars, die diesen Film dominieren - selbst im komatösen Zustand ... !
Sprechen Sie mit ihr
Raspa (391), 12.08.2002
So heißt der Originaltitel nämlich eigentlich. Sicher eine Kleinigkeit, aber sie zeigt, dass die beiden Männer nicht gleich Freunde sind, sondern es erst allmählich werden.
Almodóvars Filme erinnern mich oft etwas an die von Fassbinder. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass bei aller Konstruiertheit der Handlung - darin sind sich beide nämlich sehr ähnlich - die Figuren des Spaniers glaubhafter wirken, mehr echte menschliche Wärme besitzen. Und natürlich hat Almodóvar großartige Schauspieler. Man weiß auch diesmal gar nicht, welchen der vier Akteure man am meiste rühmen soll, alle sind fabelhaft und sorgen dafür, dass man bis zum Schluss gebannt folgt. Por eso: Miren esta película!
Meisterlich
Dr. Tom (57), 09.08.2002
Ein von den manieristischen und kitschigen Kinkerlitzchen der früheren Filme befreiter Almodovar zeigt in stupender Weise, was alles in ihm steckt. Der Film ist ein Werk der Reife, ein echtes Meisterwerk, und das selbst noch in den Andeutungen, den Details und in dem, was er gerade nicht sagt oder zeigt. Ein Melodram, das einen noch stundenweise danach zu beschäftigen weiß und einer der wenigen Filme der letzten Zeit, die man sich mit Gewinn ein zweites Mal ansehen kann.
Mutig
otello7788 (554), 09.08.2002
so einen Film zu machen, da gehört schon einiger künstlerischer Wagemut dazu. 2 Frauen im Koma, Moderner Tanz, Stierkampf, ein Hauptdarsteller, der 20 Jahre seine (gesunde!) Mutter gepflegt hat und ansonsten, milde gesagt, etwas ungewöhnliche Neigungen hat. Das ganze in Cinemascope, berauschend gefilmt, mit traumhaft schöner Musik untermalt, tolle Darsteller und sehr langsam erzählt. Wer sich auf das Tempo einläßt, wird einige berührende Momente erleben. Kein Meisterwerk aber in jedem Fall sehenswert:4 Sterne
(Lange nicht mehr erlebt, daß beinahe alle bis zum Ende des Nachspanns sitzengeblieben sind und der Musik gelauscht haben)
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