Ein hyperaktiver Kurator (Nikos Konstantakis) stürzt sich mit viel Marketinggeschwurbel in die Präsentation seiner neuen Ausstellung über die Panamnesier – eine untergegangene Ethnie, die ständig vergaß, wer sie eigentlich ist. Beschwörend umkreist er die auf Sockeln platzierten Ausstellungsobjekte (Ausstattung: Eleonora Pedretti) und stellt sie einer vermeintlichen Journalistin (Aurélie Thépaut) vor, die allerdings vermutlich – ein Punkt auf der Stirn verrät sie – selbst eine Panamnesierin ist. Wie auch der Mann (Robin Berenz), der zwischen allerlei ausgegrabenem panamnesischem Hausrat bewusstlos oder schlafend liegt.
Autor Klaus Fehling verarbeitet in seinem Stück „Der blinde Fleck“ zahlreiche Themen. Im Zentrum steht die Frage der kulturellen Identität als Mischung zwischen Selbstentwurf, Spiegelung, Beglaubigung; zur Sprache kommen aber auch Krieg, Deportation und Zerstörung sowie Migration und Heimatverlust. Die ukrainische Regisseurin Switlana Pasitschnyk macht schon mit all den angeblichen panamnesischen Ausstellungsobjekten klar, dass alle Kultur letztlich ziemlich gewöhnlich daherkommt und auf je unterschiedliche Weise vergleichbar bleibt. Zudem schickt sie die Figuren immer wieder vor eine überdimensionale Spiegelfolie, in der Video-Projektionen zu sehen sind: Selbst- und Fremd-Entwürfe der Betrachter:innen also, gerne auch verzerrt. Am Ende mündet alles in einen Kreislauf von Werden und Vergehen der Kulturen, wenn der Kurator plötzlich am Boden zwischen den Artefakten liegt und die beiden Panamnesier munter durch die Ausstellung ihrer eigenen Kultur schlendern.
Der blinde Fleck | 12.-14.10. (WA) | Orangerie Theater | 0221 952 27 09
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