Joanna Newsom meint es ernst: Sie will das Erbe von Joni Mitchell antreten. Nicht nur das Format ihres Triple-Albums „Have one on me“ mit 18 Stücken zwischen fünf und zehn Minuten erinnert an die 70er Jahre. Musikalisch nimmt sie die Exaltiertheit ihres Vorgängers „Ys“ etwas zurück und wirkt geerdeter. Das ist mitnichten weniger spannend, sondern macht die außergewöhnlichen Songschreiberqualitäten der Harfenistin deutlich (Drag City). Zwar hatte schon „American V“ seine letzte Platte sein sollen, aber Produzent Rick Rubin hat für „American VI“ noch zehn Stücke von nur 30 Minuten Gesamtlänge zusammengetragen.
Die Sterne, zum Trio geschrumpft, predigen mit ihrem ersten Album seit vier Jahren Disco als Antidepressivum. Nach acht Alben und den jüngsten Solotätigkeiten besticht „24/7“ durch eine sehr elektronische Produktion. Ihre Housemusik mit deutschen Texten wirkt so geschmeidig und zwingend, dass man über die ungewöhnliche Kombination gar nicht nachdenkt, sondern einfach tanzt (Materie Rec). Auch Kieran Hebden alias Four Tet verabreicht mit seinem fünften Soloalbum Balsam für die Seele. Die komplexen Rhythmusstrukturen, die er auf „There is love in You“ entwirft, strahlen immer Ruhe und Erhabenheit aus. Engelsgleiche Vocalsamples tun ihr Übriges, um eine geradezu sakrale Stimmung zu entfalten (Domino). Hinter dem Namen Fursaxa steckt Tara Burke, die seit gut zehn Jahren und ebenso vielen Alben eine ganz eigene, mysthisch anmutende Folklore kreiert. Ihr Orgelspiel, ihr Gesang und die vielen ungewöhnlichen Soundquellen wirken archaisch und klingen wunderschön melancholisch. Ein Vergleich mit Nico hilft nur annähernd (ATP Rec). Gonjasufi hat mit „A sufi and a Killer“ eine ganz eigentümliche Welt erschaffen. Hinter alten Planken findet man hier Kisten mit sperrigen Hip Hop-Beats, verstaubten Soulgesängen, verzerrter Weltmusik, rauem Psychedelic Rock und wackeligen Poptunes. Über all dem hört man Gonjasufis kratzige Stimme, wie durch einen Kopfhörer eingesungen scheint (Warp). Das niederrheinische Duo Tarngo macht Instrumentalmusik mit Bass und Schlagzeug – sonst nichts! Auf ihrem zweiten Album „Horman“ findet man zwölf raue Energiebrocken. Knurrig-rumpelnder Spartanismus mit vielen Breaks. Auch Steve Albini hätte Spaß daran (Tumbleweed).
Nach 17 Jahren und neun Alben haben Tocotronic den Diskurspop der sogenannten Hamburger Schule tatsächlich für kurze Zeit an die Spitze der deutschen Albumcharts getragen. Mit einerseits sehr rauen Tönen, aber auch balladesken Songs. Ihr musikalisches Spektrum ist breiter geworden, Bonmots wie „Im Zweifel für den Zweifel“ sind immer noch vortrefflich. Das ist mal ein anderer Chorus in den großen Konzerthallen (E-Werk, 4.3., 20 Uhr). Die Stileinordnung auf My Space-Seiten wird in der Regel für einen gepflegten Witz benutzt. Bei Analogik kommt die Mischform Ska / Electronica / Hip Hop aber einigermaßen hin. Man kann noch Afro-Beat, Balkansound und Kinderlied hinzufügen. Eine ziemlich verrückte Mischung liefern die vier Dänen ab, ihr Bühnenoutfit steht dem in nichts nach (6.3., 22 Uhr / Stadtgarten).
Weihnachten und wertkonservativ passt zusammen. Wertkonservativ und Motörhead passt zusammen. Aber...
Wir steigen düster ein: Monarch! ist eine französische Doom Metal-Band, die Sängerin verziert die Zeitlupen-Drones morbid. Oder mit den Worten auf ihrer My Space-Seite gesagt: „Kill each other and play guitar in the snow“.
Umgebaut, ausgebaut, angebaut: Das geschichtsträchtige Blue Shell wird räumlich größer und zeitlich länger. Letzteres kommt vor allem den nächtlichen Parties zugute, Ersteres den bislang etwas engen Konzerten.
Seit seinen Tagen bei den Dead Kennedys hat Jello Biafra nicht mehr so gut gepunkrockt wie mit seiner aktuellen Band The Guantanamo School of Medicine. Schon der Name der Band zeigt, dass auch sein politisches Bewusstsein nicht nachgelassen hat.
Der August steht traditionell ganz im Zeichnen der c/o pop. Das Festival für „Pop Culture 2.0“, so der diesjährige Untertitel, findet vom 12. bis 16. August zum sechsten Mal an über 20 Locations in Köln statt.
Die alten Herren kommen! Nach Neil Young, der im Juni im Tanzbrunnen gastierte, beehrt der 75jährige Leonard Cohen die Stadt. Mit düsteren Liebesliedern wie „Susanne“ oder „So long, Marianne“ feierte der einstige Schriftsteller Ende der 60er Jahre sein musikalisches Debüt.
2005 erschien die erste Single der Londoner Powerpop-Band The Maccabees. Zwei Alben haben sie inzwischen veröffentlicht, einer ihrer Songs begleitete bereits einen Werbeclip einer bekannten Elektronik- Marke. Und trotzdem noch Indie?
Ohne Grenzen
74. Ausgabe der Konzertreihe Soundtrips NRW – Musik 09/25
Vom Tanzen träumen
Die NRW-Tour der Jazzpianisten Chris Hopkins und Ulf Johansson Werre – Musik 08/25
Bis das Regime gestürzt ist
Mina Richman bei den Stadtgartenkonzerten am Alten Zoll in Bonn – Musik 07/25
Das Gesamtwerk pflegen
Haydn-Festival 2025 in Brühl – Musik 07/25
Für stille Momente
Das Even Flow Festival am Tanzbrunnen – Festival 06/25
Anruf der Legenden
JD McPherson im Luxor – Musik 05/25
Entgegen der Erwartung
4. stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen – Festival 04/25
Einstürzende Musikbrücken?
Die 15. Ausgabe von Acht Brücken könnte die letzte sein – Festival 04/25
Die Musikfestivals sprießen
Schon der Frühling ist Festivalzeit – Unterhaltungsmusik 04/25
Salz, Wind und Liebe
Anna B Savage im Bumann & Sohn – Musik 03/25
Altmeister und Jungspunde
Konzerte von und für alle Generationen – Unterhaltungsmusik 03/25
Ein bisschen schweben
Tunng im Gebäude 9 – Musik 02/25
Wärme, Nähe, Authentizität
Noah Derksen in den Hängenden Gärten von Ehrenfeld – Musik 02/25
Klavier statt Karneval
Ein Februar mit guter Musik – Unterhaltungsmusik 02/25
Im Kostüm der Sozialkritik
Oliver Anthony im Carlswerk Victoria – Musik 01/25
Nicht alle sind supersympathisch
(Kinder-)Geburtstags- und Weihnachtsfeiern on Stage – Unterhaltungsmusik 12/24
Zurück zur Straßenmusik
Dan & Dota in der Kantine – Musik 11/24
Befreiung durch Verwandlung
Laura Totenhagen im Stadtgarten – Musik 11/24
Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Helios 37 – Musik 10/24
Endlich Wochenende
13. Week-End Fest im Stadtgarten – Musik 10/24
Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24
Eine Party für die Traurigen
Romie in der Maulvoll Weinbar – Musik 09/24
Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24
Kein Bock auf Sitzkonzert
Mdou Moctar im Gebäude 9 – Musik 08/24