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Foto: Paul Heartfield

Ein bisschen schweben

17. Februar 2025

Tunng im Gebäude 9 – Musik 02/25

„Drifting“ (übers.: dahintreiben), die Welt vom Wasser aus betrachten, Dinge wahrnehmen, die einem entgegen gleiten: In etwa so fühlt es sich an, Tunngs neue Platte zu hören. „Drifting Memory Station“ heißt das erste Stück auf der zweiten Albumseite (Vinyl klingt besser) – und darin ziehen Klänge an einem vorbei wie aus einer Film- oder Traumszenerie. Meditativ fühlt sich das an, ungemein beruhigend und befreiend. Den Titel des Instrumentalstücks kann man metaphorisch verstehen, allerdings ist die Drifting Memory Station auch ein real existierendes Loop-Gerät, mit dessen Hilfe in der Musik mit meditativen Stimmungen gearbeitet werden kann. Die Hersteller gaben ihm seinen poetischen Namen.

Seit gut 20 Jahren gibt es die englische Band um Sam Genders und Mike Lindsay nun schon, als Folktronica wird ihre Richtung häufig bezeichnet. In ihrem Debütalbum „Mother‘s Daughter and Other Songs“ (2005) treffen Akustikgitarren und poetische Abhandlungen über Natur, Mythologie und den Zustand des Menschen auf gebrochene Beats und knisternde Elektronik; das Rustikale vermählt sich mit dem Synthetischen, die Urerinnerung mit dem Futuristischen. Die irische Erfolgsband Lankum verfährt ähnlich, bei grundverschiedenem Ausgangsmaterial und Instrumentarium.

Sam Genders schreibt als Grundlage die leicht abseitigen Folksongs, Mike Lindsay pfeffert sie mit seinen sachten Beats und Samples. Mit ihrem achten, Ende Januar erschienenen Album „Love You All Over Again“ beziehen sie sich bewusst auf ihre Anfangszeiten, wie Lindsay erläutert: „Ich bin zu den ersten beiden Alben zurückgegangen, um zu hören, wie wir Genres verschmolzen haben – Dinge wie Davy Graham, Pentangle, den Expanding Records Katalog und den Wicker Man Soundtrack. (...) Anstatt nach einem neuen Weg zu suchen, kehrten wir zu dem zurück, was wir immer taten, und das fühlte sich nach all der Zeit wie ein neuer Weg an ... ,Love You All Over Again‘ ist unsere Art, den Kreis zu schließen.“

„Levitate a little“ heißt das schönste von vielen schönen Stücken Poesie auf der Platte, mit Becky Jakobs träumerischem Begleitgesang. Ohne den Mut, sich zu verlieren in der Meditation, in der Traurigkeit auch, siegt hier der Wahn: „Levitate a little / So that we don‘t quite touch the ground / Meditate on sadness / Don‘t let your madness keep the crown.“ Lassen wir nicht zu, dass er, wo auch immer, die Krone behält.

Tunng (+ Dana Gavanski) | Do 10.3. 20 Uhr | Gebäude 9 | www.gebaeude9.de

Frank Schwarzberg

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