Ein Wochenende voller Musik – doch in drei verschiedenen Großstädten. Das Festival Cardinal Sessions, dessen Ursprung auf einen YouTube-Kanal zurückführt, stellt bereits zum sechsten Mal Newcomer Indie-Bands vor. Erst in Köln, dann in Hamburg und zuletzt in Berlin. Wie funktioniert das? – „Es ist eigentlich einfacher ein Festival zu organisieren, das in drei Tagen an drei Orten stattfindet“, so Lenny, einer der Veranstalter. „Die Bands kommen zum Teil aus dem Ausland, wollen aber nicht nur für ein Konzert kommen. Und für die ist es normaler Tour-Alltag. Außerdem rücken die Bands dann näher zusammen. Sie gucken sich gegenseitig bei den Konzerten zu. Bei den Cardinal Sessions im Mai haben sich zwei Künstler kennengelernt, die jetzt gemeinsam auf Tour sind. So sollte es sein.“
Die Band Darjeeling bietet den Auftakt auf der kleinen Bühne gegenüber der Bar. Die Türen zum Hof des Gebäude 9 stehen offen, wo das Festival zum wiederholten Mal stattfindet. Die sonnigen Tunes von Darjeeling, dessen Mitglieder sich schon seit ihrer Schulzeit kennen, lassen vergessen, dass sie aus dem regnerischen, kleinen Wuppertal kommen und füllen den Hof mit Atmosphäre. Hier hält man sich gerne auf: im Schein bunter Lichterketten, mit dem Geruch selbstgemachter Waffeln in der Nase und womöglich noch mit einem veganen Burger oder einer Limo in der Hand. Dann schlendert man hinüber in den Hauptraum, wo kurz nach dem ersten Konzert bereits die nächste Band auftritt.
Mister and Mississippi aus den Niederlanden machen viel dunklere, poppigere Musik. Aus dem Folk stammend, experimentieren sie heute mit Synths, deren Sound sie Art-Rock nennen. Die Leadsängerin Maxime Barlag verzaubert mit ihren Vocals und fügt noch eine Prise Coolness oben drauf.
Im kleineren Raum tritt anschließend der Brite Jordan Mackampa auf, der mit seiner Soul-Voice spielerisch umgeht und viele spannende Variationen findet, ohne seine ruhige Ausstrahlung zu verlieren. Ebenfalls einen Hintergrund im Soul hat der Schwede Albin Lee Meldau, der seinen Auftritt auf der großen Bühne im Hauptraum hat. Doch anders als der geerdete Mackampa lässt Meldau mehr Spitzen in seiner Musik zu, ist wütender, lauter und lässt mehr Schmerz anklingen. So hält er eine gewisse hypnotisierende Anspannung an, bis zum letzten Lied.
Cardinal Sessions ist ein sympathisches, ziemlich unaufgeregtes Festival, das einen angenehmen Abend beschert, aber keine überwältigend neuartigen Sounds vorstellt. Die meisten Bands scheinen einen YouTube-Hit zu haben, den sie zu Anfang vorspielen, während mit der Zeit die Performance etwas schwächer wird. Vielleicht mussten sich die Bands noch ein wenig für die weiteren zwei Festivaltage aufwärmen oder sie müssen einfach noch ein bisschen mehr Erfahrungen sammeln.
Richtig laut wird es, als Pabst auftritt. Sie sind wie die Berliner Blink 182 aus 2017 mit obligatorischen Adidas Track Pants und halbironischem Usher-T-Shirt und verorten sich zwischen Noise Rock, Stoner Rock und Grunge mit eindeutig aktuellen Einflüssen. Genauso laut sind Yak, die den Abschluss bilden. Der Name der Band steht für eine tibetische Rinderart, doch damit hat die Band wenig zu tun. Die jungen Londoner machen wilden DIY-Punk und waren bereits mit Peace und King Gizzard and the Lizard Wizard auf Tour, in deren Musik sie sich gut einreihen. Die bis jetzt eher verhaltene Zuschauermenge fängt an wild zu tanzen, doch manchen ist die Show zu viel und sie kehren in die Gemütlichkeit des Hofes zurück.
So wie Lisanne, die zum ersten Mal bei Cardinal Sessions dabei war und gerne neue Musik entdeckt: „Ich möchte mich überraschen lassen und sehen, was es Neues gibt. Keiner der Bands hat genau meinen Musikgeschmack getroffen, es war aber alles interessant. Es ist wie eine Wundertüte, wo du denkst, ah, alles ganz geil, aber du würdest nicht sagen, dass eine sei meine Lieblingssüßigkeit.“
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