Umgebaut, ausgebaut, angebaut: Das geschichtsträchtige Blue Shell wird räumlich größer und zeitlich länger. Letzteres kommt vor allem den nächtlichen Parties zugute, Ersteres den bislang etwas engen Konzerten. Der Arab Strab-Boy Malcolm Middleton darf mit seinem feinen Indie-Pop die größere Beinfreiheit bereits am 28.9. ab 20 Uhr mit Band auskosten. Hübsche Liebeslieder wie sein „Fuck it, I love you“ werden dann den ehemaligen Punkschuppen stilecht beschallen. Das Tsunami muss weiter mit seiner kleinen Bühne klarkommen. Aber mal ehrlich – hat der Kellerclub-Charme jemals der Atmosphäre eines Konzertes geschadet? Wenn sich dort am 4.10. ab 20 Uhr gleich drei Gigs knubbeln, wird das nicht anders sein: The Wave Pictures aus London erinnern entfernt an die Violent Femmes. André Dune Herman ist ein LoFi-Musiker vor dem Herrn und hat sich von Herman Dune, der Band mit seinem Bruder (wo auch einer der Wave Pictures spielt), getrennt, als es zu professionell wurde. Nun macht er alleine und mitunter auch mit Freschard zusammen Musik, die heute Abend auch solo auf der Bühne stehen wird. Personell verwirrend? Egal – hingehen! Die kennt inzwischen jeder: Emiliana Torrini ist für den smarten Überraschungshit „Jungle Drum“ verantwortlich. Dass sie kein One-Hit-Wonder ist, muss das ehemalige Mitglied von Gus Gus nach sechs Alben aber niemandem beweisen. Ich bin gespannt, wie dieser eher zarte Folk-Pop am 6.10. um 20 Uhr in der großen Live Music Hall funktioniert. Zudem gefüllt mit Leuten, die nur auf das eine Lied warten, das sie dann erst in der Zugabe spielen wird … Instrumentaler Post-Rock mit hohen Gitarrenwänden hat im MTC einen festen Platz: Am 11.10. spielen dort Cougar, die mit ihrem laut-leise-Kontrast zwar an Mogwai erinnern, aber auf einem untypischen Label wie Ninja Tune erscheinen. Wohl nicht zuletzt wegen ihrer elektronischen Momente und der rhythmischen Raffinesse. Auf dem aktuellen Album überrascht die Mediengruppe Telekommander mit erfrischendem Querulantentum. Gitarre meets Synthie, und darüber gibt es catchy Slogans. Wenn das live am 13.10. ab 20 Uhr im Gebäude 9 keine revolutionäre Stimmung auslöst …
Proto-Punk und zugleich früher Vertreter dessen, was man nun Anti-Folk nennt, ist Jonathan Richman. Am 15.10. wird der ehemalige Frontmann der Modern Lovers ab 20.30 Uhr im Stadtgarten seine Entertainerqualitäten unter Beweis stellen. Harte Konkurrenz für die Oliver Mink Erfahrung, die am gleichen Abend im Stereo Wonderland gastiert. Ein toller Bandname und schöne Lieder zur Krise sollten der einen Hälfte des Kölner Duos „Wolke“ aber ein angemessenes Publikum bescheren. Am gleichen Abend spielen im Luxor außerdem The XX ihren trocken-minimalistischen New Wave à la Young Marble Giants, der mit seiner Betonung der Leerstellen und dem Gesang aber durchaus an aktuellen R‘n‘B erinnert. Das ist nicht ohne Reiz. Wenig Publikumsüberschneidung muss am selben Tag hingegen das Boban i Marko Markovich Orkestar fürchten. Der wilde bis melancholische Balkan-Brass mit 12 Blechbläsern vereint Vater und Sohn in einer Band. Zum Schluss noch ein Konzert, das nicht am 15. Oktober stattfindet: Mathieu Boogaerts, hierzulande aus dem Le Pop-Kontext bekannt, ist einer der spannendsten Protagonisten des Nouvelle Chanson. Für sein aktuelles Album saß er hinter dem Schlagzeug, wo er sich vielleicht auch live am 19.10. ab 20.30 Uhr im Stadtgarten verstecken wird. (Be)suchen Sie ihn dort doch mal.
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