Mitte April wird Jan Kounens Film „Coco Chanel und Igor Strawinsky“ in den Kinos anlaufen. Kounens Film beginnt mit einer 20minütigen Szene, die die skandalträchtige Uraufführung von Strawinskys Ballett „Le Sacre du Printemps“ eindrucksvoll nachstellt. Eine Woche später bringt die MusikTriennale dieses bedeutende Werk des 20. Jahrhunderts zur Live-Aufführung. Am 24. April wird das Werk in der Philharmonie die MusikTriennale eröffnen. Mit seiner sechsten Ausgabe präsentiert die MusikTriennale in Köln, eines der größten Musikfestivals der Welt, wieder über 100 Konzerte aus den Bereichen Klassik, Jazz und Weltmusik an 17 Aufführungsorten. Mit der Sacre- Aufführung wird gleich zu Beginn ein bedeutender Akzent gesetzt. Das Großereignis der diesjährigen MusikTriennale ist aber ganz klar die Uraufführung von Karl-Heinz Stockhausens Werk „Klang, die 24 Stunden des Tages“ durch das Ensemble musikFabrik. Das Vorhaben dürfte noch die Luigi Nono-Retrospektive von 2004 in den Schatten stellen. Stockhausens unvollendetes letztes Werk ist tatsächlich ‚nur‘ 21 Stunden lang. Die einzelnen Teile werden parallel an acht Orten aufgeführt, so dass man zwischen den Aufführungen wandern muss, um alle Stücke zu hören. Sechs der 21 Werkeinheiten kommen zur Uraufführung. Rein logistisch dürfte es schon schwierig werden, alle 21 Stunden zu hören, wahrscheinlich wird einem aber auch der eigene Körper einen Strich durch die Rechnung machen. Wem das trotzdem nicht genügt, der kann außerdem die Aufführung von Stockhausens „Hymnen“, seine Verarbeitung der Nationalhymnen von 1969 für elektronische Musik und Orchester, besuchen (5.5., 20 Uhr, Philharmonie).
Der elektronischen Musik widmet sich die MusikTriennale nicht nur über den akademischen Zugang. So wird man am 29. April um 21 Uhr im Alten Wartesaal Oval und Zeitkratzer hören können: Oval ist der Musiker Markus Popp, der mit Popbackground Avantgarde produziert. Das europäische Ensemble Zeitkratzer hat in den letzten Jahren nicht nur mit Bearbeitungen von Neuer Musik von John Cage und anderen, sondern auch von Lou Reeds Metal Machine Musik von sich reden gemacht. Man kann einen spannenden Dialog erwarten. Auf noch abwegigeren Pfaden wandelt das Institut für Feinmotorik. Das klingt nicht nur nach Forschungslabor: Das Kollektiv lotet tatsächlich die unorthodoxen Möglichkeiten der Klangerzeugung mittels Plattenspieler und Tonträger aus. Die Klänge beklebter, zerstörter und anderweitig präparierter Tonträger – auch CDs – werden mittels ebenfalls präparierter Nadel abgenommen und ergeben eine auf Loops basierte Musik. Ähnlich radikal ist die Musik von Evan Parker. Der Free Jazz-Saxophonist spielt mit der Zirkulationsatmung. Mit seinem Electro-Acoustic-Ensemble arbeitet er an der Vereinigung von elektronischen und akustischen Instrumenten.
Auch die Weltmusik hat ihren Platz auf der MusikTriennale. Victor Démé aus Burkina Faso macht schon mehrere Jahrzehnte lang seine Musik, aber erst jetzt hat er ein Album veröffentlicht. Der Sänger und Gitarrist spielt mit seiner Band am 1. Mai um 20.30 Uhr im Stadtgarten. Der brasilianische Percussionist und Sänger Cyro Baptista ist ein Grenzgänger. Er hat bereits mit David Byrne, John Zorn oder Herbie Hancock gespielt. Mit seiner Band Banquet of the Spirits zelebriert er am 4. Mai um 20.30 Uhr im Stadtgarten einen weltumspannenden Eklektizismus. Wer dann noch kann, der lässt das Festival am 15. Mai ab 22 Uhr mit der Worldbeat-Abschlussparty im Alten Wartesaal ausklingen.
MusikTriennale: 24. April bis 15. Mai. I diverse Orte I www.musiktriennale.de
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