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Der Bösewicht mit der Musik im Blut: David Hess

"And the road leads to nowhere..."

10. Oktober 2011

"Last House"-Star David Hess ist tot – Portrait 10/11

September 1971 in New York. Ein Mann rennt zu einem Vorsprechen in ein kleines Ein-Zimmer-Büro in der West 45th Street. Cunningham Films Ltd. - Lobster Enterprises. Völlig verschwitzt eilt er durch die Tür – und gibt Minuten später ein paar Zeilen des ihm ausgehändigten Skripts „Night of Vengeance“ zum Besten. Dann ist alles klar. Produzent Sean S. Cunningham und Drehbuchautor Wes Craven, zwei Flower-Power-Kinder, die im Auftrag des Independentverleihers Hallmark einen kleinen, schmutzigen Film für die Bostoner Autokinos drehen sollen, haben ihren Bösewicht gefunden. Wenige Wochen später treffen sich alle in einem Wald in Connecticut, um „Das letzte Haus links“ zum Leben zu erwecken. Der fertige Film arbeitet sich ein Jahr später von Kino zu Kino – und wird zu einem der einflussreichsten Horrorthriller aller Zeiten. David Hess heißt der Mann, der als Bösewicht Krug unsterblich wird und zum Film auch noch einen unverwechselbaren Soundtrack beisteuert. Die Zeile „And the road leads to nowhere…“ seines Songs „Wait for the Rain“ spiegelt den Nihilismus der frühen siebziger Jahre, auch hinsichtlich des „sauberen“ Vietnamkrieges. Das Lied wird durch den Trailer so bekannt, dass Hess‘ bisherige, durchaus erfolgreiche Kompositionen für Elvis, Sal Mineo und Pat Boone fast in Vergessenheit geraten.

Der in New York geborene Musiker zieht Ende 1972 nach Europa, gründet ein eigenes Schallplattenlabel und nimmt Kontakt mit zahllosen Filmfirmen auf, um englischsprachige Synchronfassungen zu erstellen. In München arbeitet er mit Rainer Werner Fassbinder, Roland Klick und Reinhard Hauff zusammen. 1980 taucht er als Bösewicht in der berüchtigten italienischen „Last House“-Kopie „Der Schlitzer“ auf – und trifft zwei Jahre später wieder auf seinen Entdecker Wes Craven, der ihn in „Das Ding aus dem Sumpf“ besetzt. Hess spielt nun kleine Rollen in Kinofilmen, etwa in „Zwei unter Volldampf“ von Mark L. Lester, und wird zum Stammgast einiger populärer TV-Serien. Immer wieder wird er für Horrorproduktionen geordert, für den Slasher „Goodnight“ sogar als Regisseur, komponiert weiter Musik und besucht zahlreiche Fantreffen, auf denen er die einzigartige Energie von "Last House on the Left" preist. 1991 und 1994 ist Hess als Produzent und Darsteller bei Peter Schamonis Dokumentationen „Max Ernst: Mein Vagabundieren – meine Unruhe“ und „Niki de Saint Phalle“ dabei.

Nach zwei neuen Alben legt Hess 2007 in Chicago einen umjubelten Auftritt in dem Musical „Shenandoah“ hin und bleibt doch dem Horrorgenre treu. Fassbinder-Kollege Ulli Lommel holt ihn für seine Independentreißer „Zombie Nation“ und „Zodiac Killer“ vor die Kamera, 2009 spielt er mit Ex-Porno-Star Sasha Grey in der Splatter-Satire „Smash Cut“. Für kommendes Jahr war eine Fortsetzung zu „Der Schlitzer“ angekündigt.
Am letzten Samstag, 8. Oktober ist David Hess im Alter von 69 Jahren nach einem Herzinfarkt verstorben.

jl

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