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Karin Viard in "Sag, dass du mich liebst"
Foto: Alpenrepublik/Estrella Productions

Die „neue Eva“

19. Januar 2023

Kinoheldinnen #6: Die französische Schauspielerin Karin Viard – Portrait 01/23

Abseits der herkömmlichen Vorstellungen von großen Filmdiven und verlässlichen Nebendarstellerinnen existieren in Frankreich, vielleicht mehr als irgendwo sonst auf der Welt, tatsächlich Schauspielerinnen, die seit Jahrzehnten zwischen Komödie und Drama wechseln können und dabei locker einen ganzen Film tragen.

Zu diesen Schauspielerinnen zählt Karin Viard, über die Rolf-Ruediger Hamacher in seiner Kritik zu „Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs“ aktuell schreibt: „Karin Viard hat es nach über 30 Schauspieljahren und drei Césars für die Beste Haupt-, bzw. Nebenrolle endgültig geschafft, in die erste Reihe der französischen Leinwand-Stars aufzusteigen. Im Debüt-Spielfilm von Lauriane Escaffre und Yvo Muller beweist Karin Viard mit ihrem charismatischen Spiel wieder einmal, dass sie das schon längst verdient gehabt hätte.“

Die am 24. Januar 1966 in Rouen geborene Schauspielerin zog mit 17 Jahren nach Paris und ergatterte dann in Etienne Chatiliez‘ böser Komödie „Tante Daniele“ ihre erste größere Filmrolle. Nach einem Auftritt in Marc Caros und Jean-Pierre Jeunets „Delicatessen“ lief es plötzlich wie am Schnürchen – und Claire Devers, Cédric Klapisch und Xavier Durringer besetzten sie in ihren Filmen. Die besondere Natürlichkeit und Leichtigkeit, mit der Viard auf der Leinwand auftritt, verblüffte Kritiker:innen und Publikum.

Karin Viard in „Küss mich, wenn du willst“ (Foto: UFD)

Statt immer exzentrischere Rollen zu übernehmen, spielte und spielt Viard bewusst zunächst unscheinbare Figuren, die sich mit den ganz normalen Sehnsüchten nach Nähe oder Liebe herumschlagen und dazu pragmatisch wie äußerlich aufrecht durchs Leben stolpern. Einer ihrer größten Filme ist immer noch Catherine Corsinis „Die neue Eva“ von 1998. Man muss einfach gesehen haben, wie sich Viard als impulsive, sexuell sehr aktive Mittdreißigerin Camille durch den Pariser Körperdschungel kämpft – und die konservative Familienplanung der jungen Großstadtbourgeosie mit flotten Sprüchen und Quickies im Fahrstuhl in die Schranken weist. Und dann kippt die Schwimmmeisterin, die forsch Party-Räume entert und grundsätzlich mit Tüten voller Beruhigungsmittel vom Einkaufen kommt, einfach auf dem Straßenpflaster um. Ein Passant hält ihr ein großes Taschentuch vor die Nase und Camille meint schniefend: „Sie müssen ein wunderbarer Mensch sein, wenn Sie einfach so auf der Straße stehen bleiben.“

Wer sich hierzulande durch Viards schönste Filme arbeiten will, sollte neben dem aktuellen „Maria träumt“ auch einmal „Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste“, „Verstehen Sie die Béliers?“, „Lucia, die Frau am Strand“, „Sag, dass du mich liebst“, „Das Schmuckstück“, „Poliezei“ und „Küss mich, wenn du willst“ ansteuern. 

Rüdiger Schmidt-Sodingen

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