Mit dem „Orkan der Gefühle" kommt die Seifenoper auf die Theaterbühne und das jeden ersten Montag und Dienstag im Monat bis März 2015. Die erste Folge zeigt schon, aus was der Stoff, der süchtig macht, besteht: Leere im Kopf! Noch bevor man sich fragen kann, was das eigentlich soll, klebt man fest am Käse der Analog-Realität deutscher Soap-Operas.
Da wo die Großstädter aufs Land ziehen, wo ein junges Ding noch die „Kraft der Liebe" glaubt und wo die Harfe erklingt, wenn zwei Blicke sich treffen, ist die Welt noch in Ordnung. Nina ist Floristin und der Inbegriff von Naivität. Zusammen mit Dani – „einfach mit einem N" – zieht sie auf das Schloss der Familie Von Quintas. Noch bevor sie deren Insel erreichen, kommt ein Sturm auf. Nina gerät in Seenot. Da taucht Robert, der Sohn des Hauses, auf und rettet sie. Einsatz Harfe. „Was für ein stürmischer Start ins neue Leben!" Die erste Folge hat alle Zutaten, die eine gute Soap ausmachen: ein Schloss, eine verbotene Liebe (Robert ist verlobt), zwei Sympathieträger, eine Intrigantin (die Verlobte) und sogar einen Stargast. Der Tänzer Dwayne Holliday gibt nicht nur den Robert. Mit Stirnband und Goldleggings wird er zum berühmten und ultrabiegsamen „Yogateacher" aus den USA. Namaste!
Lena Kupke, die zugleich Nina und die Verlobte spielt, hat das Konzept geschrieben, das mit originellem Klischee-Witz und einer Prise Sexismus den biedermeierlichen Wertespiegel, der sich in solchen Formaten oft zeigt, vorführt. Eine gute Persiflage auf Soaps macht aber noch kein gutes Theater. Zwischen den Szenen fallen die Darsteller immer wieder in die Theaterrealität, entfachen kleine Neurotikerstreits zwischen Schauspielern, drehen unnötige postdramatische Schleifen der Selbstreflexion. Im Fernsehen gibt es dafür Werbeunterbrechungen. Dann geht es weiter: „Das ist der Orkan der Gefühle und du bist mittendrin!", der live gesungene, herrlich vor Schmalz triefenden Titelsong von Henning Vahlbruch hat Kultcharakter. Und weil Nina in Soapmanier erst am Ende der Folge von der Verlobung ihrer großen Liebe erfährt, ist man beim nächsten Mal wieder dabei.
„Orkan der Gefühle" | R: Lena Kupke | Studiobühne | Folge 2: Mo 3.11., Di 4.11. 20 Uhr | 0221 470 45 13
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Was kann eine neue Männlichkeit sein?“
Nicola Schubert über ihr Stück „To #allmen“ an Groß St. Martin – Premiere 09/25
„Andere Realitäten schaffen“
Dramaturg Tim Mrosek über „Kaputt“ am Comedia Theater – Premiere 12/24
„I am present but I don‘t exist“
West Off 2023 in Bonn, Köln und Düsseldorf – Prolog 11/23
„Ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt“
Die Dramaturgin Stawrula Panagiotaki übernimmt die Leitung der Studiobühne – Premiere 11/23
Metaebene der Clowns
„Clowns“ in der Studiobühne – Theater am Rhein 07/23
„Offen für experimentelle Formen und alles Neue“
Dietmar Kobboldt geht als Leiter der Studiobühne in den Ruhestand – Premiere 07/23
Perforierte Sprachgrenze
Die Studiobühne zeigt „Total“ – Theater am Rhein 05/23
Bedrohliche Fürsorge
„(S)Caring“ an der Studiobühne Köln – Auftritt 05/23
Spätes Licht
Studiobühne zeigt „Nachttarif“ – Theater am Rhein 04/23
Mit Ulrike Meinhof reden
„lieber wütend als depressed“ des Parasites Ensemble – Auftritt 10/22
„Ein Konzeptalbum, das sich mit Köln auseinandersetzt“
Daniel Schüßler über„Shit(t)y Vol.1.“ in der Tanzfaktur – Premiere 09/22
Wurzeln, Muskeln, queere Körper
„Mandragora“ in der Tanzfaktur – Auftritt 08/22
Wohin, David?
„Mein Onkel David“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 08/25
Vergessenes Weltwunder
„Mein Freund, der Baum, sieht rot“ am Casamax Theater – Theater am Rhein 07/25
Unter blauäugigen Hunden
„Traudl Junge – Im Schatten des Bösen“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 06/25
Wieder Mensch sein dürfen
„Das Tagebuch der Anne Frank“ im Leverkusener Erholungshaus – Theater am Rhein 05/25
Fragen als Gemeinsamkeit
„Hiob“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 05/25
Raus ins Leben?
„Draußen“ in der Kölner Stadthalle Mülheim – Theater am Rhein 05/25
Der Übermann
„Boys don‘t cry“ in der TanzFaktur – Theater am Rhein 04/25
Zwischen den Fronten
„Making the Story“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 04/25
Die Grenzen des Theaters
„Was ihr wollt“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 04/25
Im Schatten der Diktatur
„Jugend ohne Gott“ am Comedia Theater – Theater am Rhein 03/25
Der Mensch als Scherbe
„Der zerbrochene Krug“ am Horizont Theater – Theater am Rhein 03/25
Totale Berührung
„Do not touch!“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 03/25
De Rach vun der Fleddermus
„De Kölsche Fledermaus“ an der Oper Köln – Theater am Rhein 02/25