Sieben Jahre lang war Stawrula Panagiotaki Dramaturgin am Schauspiel Köln und leitete die Außenspielstätte Britney, betreute aber zugleich Produktionen von Gruppen der Freien Szene. Ab dem 15. November leitet sie als erste Frau die Studiobühne Köln. Ein Gespräch über Produktionshäuser, Auswärtsspiele und die Leiden des Interims.
choices: Frau Panagiotaki, Sie waren sieben Jahre lang Dramaturgin am Schauspiel Köln. Was hat Sie bewogen, in die freie Szene zu wechseln?
Stawrula Panagiotaki: Ich habe immer schon gerne beides gemacht und mich sowohl am Stadttheater als auch in der freien Szene zu Hause gefühlt. Der Reichtum an Innovation, die Antizipation von Themen und die formalen Experimente in der freien Szene empfand ich immer als sehr bereichernd. Dass die Kölner Theaterleitung mirermöglicht hat, neben meiner Arbeit am Haus auch mit freien Gruppen wie dem feministischen Kollektiv Swoosh Lieu oder der Choreographin Stephanie Thiersch und ihrer Kompanie Mouvoir zu arbeiten, empfand ich als großes Glück. Zugleich konnte ich mit Futur 3 auch einefrei arbeitende KölnerGruppe ans Schauspiel holen.Wünschenswert wäre, wenn die künstliche Kluft zwischen Stadttheater und freier Szene auch zukünftig kleiner wird.
Die Studiobühne richtet sich als Einrichtung der Universität mit dem Kursangebot an Student:innen, zugleich ist sie eine Institution mit ästhetischer Eigenständigkeit – eine nicht ganz einfache Balance.
Genau, einerseits wird die Studiobühne strukturell und personell von der Universität getragen, andererseits ist sie durch die Kulturförderung der Stadt Köln künstlerisch unabhängig in der Programmgestaltung. Das ist eine sehr besondere und einmalige Konstellation.Das Kursprogramm werde ich angewandter gestalten. Bisher ist es so, dass die Kurse sehr stark auf das theatrale Spiel ausgerichtet sind.Dabei denke ich, dass das Theater eigentlich darüber hinaus viele weitere Betätigungsfelder für junge Menschen bietet.Eine Idee wäre beispielsweise, die Audioschiene mit der Produktion von Podcasts und Hörspielen auszubauen.
Sie haben außerdem angedeutet, die Kontakte zwischen Wissenschaft und Kunst intensivieren zu wollen?
Grundsätzlich sollten die Bereiche Universität und Kunst zukünftig stärker verbunden werden. Mir schwebt dabei vor, die Universität mit ihren unterschiedlichen Fachbereichen vermehrt in Kontakt mit Künstler:innen zu bringen. Ich denke, diese Verbindung kann in der Recherche- und aber auch Realisierungsphase bei künstlerischen Produktionen sehr wertvoll und produktiv sein.
Sie haben angekündigt, die Studiobühne als „interdisziplinäres Produktionshaus“ weiterentwickeln zu wollen. Was verstehen Sie darunter?
Die Basis für das „interdisziplinäre Produktionshaus“, wie ich es genannt habe, wird die Theaterarbeit sein. Sehr gerne erinnere ich mich an die Zeit, als ich am Schauspiel Köln die Außenspielstätte Britney leitete.Dort habe ich neben dem Theaterprogramm auch Ausstellungen kuratiert, Konzerte, Diskursprogramm und Lesungen veranstaltet, Videoinstallationen gezeigt und an neuen performativen Formaten gearbeitet – all das soll perspektivisch auch an diesem interdisziplinären Produktionshaus Studiobühne möglich sein. Natürlich braucht es dafür erst mal einen Ort.
Apropos Ort: Sie übernehmen eine Bühne ohne eigenes Haus. Die Spielstätte an der Universitätsstraße muss saniert werden, ein Interim gibt es nicht. Wie macht man da Programm?
Die Studiobühne mietet sich derzeit für „Auswärtsspiele“ an fremden Bühnen ein und das wird auch noch lange so bleiben; zumindest bis wir ein Interim für die Studiobühne gefunden haben. In die konkrete Suche werde ich einsteigen, wenn ich am 15. November meine neue Tätigkeit aufnehme. Es ist schwierig, in Köln einen Raum zu finden, der die technischen Gegebenheiten erfüllt, die ein Theaterraum haben muss. Es wäre schön, ein Interim in Uninähe zu haben, aber das dürfte schwer zu realisieren sein. Sicherlich sind die „Auswärtsspiele“ eine gute Gelegenheit für die Studiobühne, an anderen Orten ein anderes Publikum anzusprechen.Sichtbarkeit alsStudiobühne haben wir an diesen Orten allerdings weniger. Es wäre also enorm wichtig, dass es bald einen festen Interimsspielort gibt.
Leidet nicht auch die ästhetische Eigenständigkeit der Studiobühne letztlich unter der „Ortlosigkeit“ des Hauses?
Das ist ein zentraler Punkt: Es gibtderzeit keinen festen Interims-Ort der Studiobühne. Sobald dieser gefunden ist, wird es auch ästhetisch einfacher sein, diesen von anderen Kölner Häusern abzugrenzen, deren Gast die Studiobühne derzeit sein darf. Bis dahin planen wir mit einem neuen grafischen Auftritt größere Sichtbarkeit zu erlangen. Es wird sicherlich eine Frage für mich sein, wie ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt aussehen kann. Damit einhergehend der Aufbau eines Hauses, das auch Communities anspricht, die sich bislang nicht im Programm der Studiobühne wiedergefunden haben.
An der Studiobühne gibt es mehrere Festivals wie West Off, theaterszene europa oder fünfzehnminuten – was ist mit diesen programmatischen Eckpfeilern?
Ob diese Formate weiterhin die gleichen bleiben und ihre Namen beibehalten werden, werde ich sehen. Ich halte Festivals wie West Off oder das fünfzehnminuten-Festival erstmal fürerhaltenswert, um Nachwuchs anzusprechen. Das fünfzehnminuten-Festival ist ein sehr handhabbares Format, bei dem in der komprimierten Zeit wirklich etwas präsentiert werden kann, mit dem theaterschaffende junge Leute und ihre ästhetischen Handschriftensichtbar werden können.
Sie haben regelmäßig mit der Choreographin Stephanie Thiersch zusammengearbeitet, oder auch mit dem queerfeministischen Kollektiv Swoosh Lieu, die an der Schnittstelle zum Tanz operierten – wie wichtig ist Ihnen der Tanz?
Der Tanz spielt für mich eine sehr wichtige Rolle. Stichwort „interdisziplinärer Ansatz“: Ich werde sicherlich beobachten, welche interessantenEntwicklungenes im Tanz gibt, die ich dann auch im Studiobühne-Programm abbilden möchte. Meine bisherigen Zusammenarbeiten, wie u.a. mit der Compagnie Mouvoir werden auf jeden Fall auch Widerhall im Programm finden.
Noch ein Blick in die Zukunft: Sie haben am Schauspiel Köln bereits eine Endlossanierung erlebt. Wie ist denn der Zeitrahmen für die Sanierung der Studiobühne an der Universitätsstraße?
Mir wurde gesagt, dass die Sanierung ganz oben auf der Prioritätenliste der Universität steht. Wenn Sanierungsvorhaben der Uni begonnen haben, werden sie schnell umgesetzt. Es steht ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren im Raum. Wann die Sanierung tatsächlich beginnt, weiß ich derzeit allerdings noch nicht.
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