Was macht ein Stück der freien Szene aus? Ganz einfach: Aufgeteiltes monologisches Sprechen, Chorpassagen, Videoeinsatz und ein Info- bzw. Dokuteil. Die Gruppe boy:band (Noelle Fleckenstein, Carmen Konopka, Katharina Rettich und Jan van Putten) zählt die Punkte genüsslich auf – und folgt ihrem Rechercheergebnis dann bei ihrem Stück „Clowns“ getreulich. Ist das also die Metaebene der theatralischen Selbstreflexion? Oder einfach nur Ironie?
Zunächst gibt es also ein paar Infos aus der roten Mülltonne: zum mittelalterlichen Narren, zu den Trickstern und Spaßmachern, die sich kritisch zur Herrschaft verhalten hätten. Kritik war nicht jedem Narren gegeben: Der berühmte Clown Charlie Rivel, so erfährt man, war nicht nur ein Freund der spanischen Falange-Regierung, sondern hat auch mit Goebbels und Hitler korrespondiert. Damit ist der Doku- und Infoteil abgearbeitet. Immer wenn die Gruppe ein Thema ihrer Freien-Szene-Liste abgearbeitet hat, ertönt ein Signalton. Ordnung muss schließlich sein, auch wenn es um Clowns geht. Anschließend hat Ronald McDonald seinen Auftritt, die Werbefigur des gleichnamigen Fastfood-Konzerns; sein Wirken ist allerdings von kurzer Dauer, denn die Kunstpolizei mit gelben Bauarbeiterhelmen schreitet rabiat ein. Schließlich kommen neben den Horrorclowns auch die Juggalo-Cowns zu Ehren: Videobilder von Festivals kommen zum Einsatz. Zum Schluss wird es dann ernst, wenn ein gefederter, aus dem Paradies vertriebener Engel ein Hohelied auf die Fehlerkultur singt. Die Liste ist abgearbeitet, am Ende war es eine typische Freie-Szene-Produktion. Prüfung bestanden!
Clowns | R: Isabella Kolb | Wiederaufnahme im November | 0221 47 04 513
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Was kann eine neue Männlichkeit sein?“
Nicola Schubert über ihr Stück „To #allmen“ an Groß St. Martin – Premiere 09/25
„Andere Realitäten schaffen“
Dramaturg Tim Mrosek über „Kaputt“ am Comedia Theater – Premiere 12/24
„I am present but I don‘t exist“
West Off 2023 in Bonn, Köln und Düsseldorf – Prolog 11/23
„Ein interdisziplinäres großes Theaterhaus für die Stadt“
Die Dramaturgin Stawrula Panagiotaki übernimmt die Leitung der Studiobühne – Premiere 11/23
„Offen für experimentelle Formen und alles Neue“
Dietmar Kobboldt geht als Leiter der Studiobühne in den Ruhestand – Premiere 07/23
Perforierte Sprachgrenze
Die Studiobühne zeigt „Total“ – Theater am Rhein 05/23
Bedrohliche Fürsorge
„(S)Caring“ an der Studiobühne Köln – Auftritt 05/23
Spätes Licht
Studiobühne zeigt „Nachttarif“ – Theater am Rhein 04/23
Mit Ulrike Meinhof reden
„lieber wütend als depressed“ des Parasites Ensemble – Auftritt 10/22
„Ein Konzeptalbum, das sich mit Köln auseinandersetzt“
Daniel Schüßler über„Shit(t)y Vol.1.“ in der Tanzfaktur – Premiere 09/22
Wurzeln, Muskeln, queere Körper
„Mandragora“ in der Tanzfaktur – Auftritt 08/22
„Ab wann kippt ein freier Geist?“
Constantin Hochkeppel & Collaborators über „Tipping Points“ – Premiere 04/22
Wohin, David?
„Mein Onkel David“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 08/25
Vergessenes Weltwunder
„Mein Freund, der Baum, sieht rot“ am Casamax Theater – Theater am Rhein 07/25
Unter blauäugigen Hunden
„Traudl Junge – Im Schatten des Bösen“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 06/25
Fragen als Gemeinsamkeit
„Hiob“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 05/25
Wieder Mensch sein dürfen
„Das Tagebuch der Anne Frank“ im Leverkusener Erholungshaus – Theater am Rhein 05/25
Raus ins Leben?
„Draußen“ in der Kölner Stadthalle Mülheim – Theater am Rhein 05/25
Zwischen den Fronten
„Making the Story“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 04/25
Der Übermann
„Boys don‘t cry“ in der TanzFaktur – Theater am Rhein 04/25
Die Grenzen des Theaters
„Was ihr wollt“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 04/25
Im Schatten der Diktatur
„Jugend ohne Gott“ am Comedia Theater – Theater am Rhein 03/25
Der Mensch als Scherbe
„Der zerbrochene Krug“ am Horizont Theater – Theater am Rhein 03/25
Totale Berührung
„Do not touch!“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 03/25
De Rach vun der Fleddermus
„De Kölsche Fledermaus“ an der Oper Köln – Theater am Rhein 02/25