Medial ist die Verkündung einer Gesetzesinitiative der Verabschiedung eines Gesetzes immer vorzuziehen. Die Partei FAM (Anna Marienfeld und Franziska Schmitz im Video) inszeniert ihren Antrag, eine Nacht pro Woche alle Männer aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, absolut medientauglich, wenn auch intellektuell überfüttert. Die Presse wittert darin eine große Geschichte. Doch der eine Anchorman (Robin Berenz) spielt sich wie Hamlet als großer theater- bzw. spielverliebter Inszenator auf, steht aber im erotischen Bann seiner allmächtigen Mutter, der Medienzarin (Fiona Metscher) schlechthin. Die wiederum redet sich gern in altfeministische Rage und rutscht dabei auch mal rassistisch aus.
Ihr Opfer ist der zweite Anchorman (Nikos Konstantakis), der wiederum dem identitätspolitischen einen „klassistischen“, vulgo-sozialen Ansatz vorzieht. Spätestens an dieser Stelle fragt man sich, worauf die neue Produktion des Studio Trafique letztlich zielt: Feminismus, Parteipolitik, Medien, Ödipales, struktureller Rassismus, virile Gewalt – zu allem wissen die Performer:innen etwas zu sagen, meist im Stil eines Glaubensbekenntnisses. Jedes Statement ein Manifest. Das Studio Trafique um Regisseur Björn Gabriel und Produzentin Anna Marienfeld bedient sich dabei seines Stils des Live-Film-Theaters durchaus virtuos, kombiniert vorproduziertes mit Live-Videomaterial und Performanceanteilen. Dramaturgisch allerdings weiß man am Ende nicht, worauf der Abend eigentlich hinauswill – aber vielleicht liegt letztlich genau darin der Sinn: Totale Ambivalenz und Orientierungsverlust als Zeitdiagnose.
Reset – A night without men | Studio Trafique | 6.-8.1.23 | studio-trafique.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Übung in Demokratie
„Fulldemo.cracy“ am Studio Trafique – Theater am Rhein 01/24
„Wir sind voller Hoffnung, dass Demokratie möglich bleibt“
„Fulldemo.crazy“ kombiniert Möglichkeiten des Theaters und des Gamings – Premiere 12/23
Wohlstandspöbel
„Downgrade Prometheus“ von Trafique – Theater am Rhein 02/23
Aufruhr im Stall der Hähne
„Reset – A Night without Men“ im Studio Trafique – Prolog 10/22
Das Ich als Projektion
„Fassaden“ am Studio Trafique – Theater am Rhein 08/22
Neues ästhetisches Level
Studio Trafique hat eine eigene Spielstätte in Köln – Prolog 07/22
Verspätete Liebe
„Die Legende von Paul und Paula“ in Bonn – Theater am Rhein 05/24
Erschreckend heiter
„Hexe – Heldin – Herrenwitz“ am TiB – Theater am Rhein 05/24
Schöpfung ohne Schöpfer
Max Fischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 05/24
Zeit des Werdens
„Mädchenschrift“ am Comedia – Theater am Rhein 05/24
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24
Wo ist Ich?
„Fleischmaschine“ am FWT – Theater am Rhein 02/24
Falle der Manipulation
„Das politische Theater“ am OT – Theater am Rhein 02/24
Wiederholungsschleife
„Soko Tatort“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/24
Emotionale Abivalenz
„Sohn meines Vaters“ in Köln – Theater am Rhein 01/24
Radikaler Protest
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Theater am Rhein 01/24
Was ist hinter der Tür?
„Die Wellen der Nacht …“ in der Orangerie – Theater am Rhein 12/23
Welt ohne Männer
„Bum Bum Bang“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 12/23
Weiter mit der Show
„Von Käfern und Menschen“ am TiB – Theater am Rhein 11/23
Ende der Zivilisation
„Eigentum“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 11/23
Menschliche Abgründe
„Mister Paradise“ am FWT – Theater am Rhein 11/23
Komik der Apokalypse
„Die Matrix“ im Theater der Keller – Theater am Rhein 10/23