Mitte April wird Jan Kounens Film „Coco Chanel und Igor Strawinsky“ in den Kinos anlaufen. Kounens Film beginnt mit einer 20minütigen Szene, die die skandalträchtige Uraufführung von Strawinskys Ballett „Le Sacre du Printemps“ eindrucksvoll nachstellt. Eine Woche später bringt die MusikTriennale dieses bedeutende Werk des 20. Jahrhunderts zur Live-Aufführung. Am 24. April wird das Werk in der Philharmonie die MusikTriennale eröffnen. Mit seiner sechsten Ausgabe präsentiert die MusikTriennale in Köln, eines der größten Musikfestivals der Welt, wieder über 100 Konzerte aus den Bereichen Klassik, Jazz und Weltmusik an 17 Aufführungsorten. Mit der Sacre- Aufführung wird gleich zu Beginn ein bedeutender Akzent gesetzt. Das Großereignis der diesjährigen MusikTriennale ist aber ganz klar die Uraufführung von Karl-Heinz Stockhausens Werk „Klang, die 24 Stunden des Tages“ durch das Ensemble musikFabrik.
Surf‘s up! Am 30. März gastiert die Surf-Legende Dick Dale um 20 Uhr im Underground. Sein Comeback läutete der Pulp Fiction-Soundtrack ein, sein Sound ist rau wie eh und je. Da braut sich gerade was zusammen, denn am 14. April spielen die weniger rauen, aber genau so alten The Trashmen ihren Surf Sound im Sonic Ballroom. Ihr Hit „Surfin Bird“ von 1964 wird sicher gespielt.
Joanna Newsom meint es ernst: Sie will das Erbe von Joni Mitchell antreten. Nicht nur das Format ihres Triple-Albums „Have one on me“ mit 18 Stücken zwischen fünf und zehn Minuten erinnert an die 70er Jahre. Musikalisch nimmt sie die Exaltiertheit ihres Vorgängers „Ys“ etwas zurück und wirkt geerdeter. Das ist mitnichten weniger spannend, sondern macht die außergewöhnlichen Songschreiberqualitäten der Harfenistin deutlich (Drag City). Zwar hatte schon „American V“ seine letzte Platte sein sollen, aber Produzent Rick Rubin hat für „American VI“ noch zehn Stücke von nur 30 Minuten Gesamtlänge zusammengetragen.
Die Sterne, zum Trio geschrumpft, predigen mit ihrem ersten Album seit vier Jahren Disco als Antidepressivum. Nach acht Alben und den jüngsten Solotätigkeiten besticht „24/7“ durch eine sehr elektronische Produktion. Ihre Housemusik mit deutschen Texten wirkt so geschmeidig und zwingend, dass man über die ungewöhnliche Kombination gar nicht nachdenkt, sondern einfach tanzt (Materie Rec). Auch Kieran Hebden alias Four Tet verabreicht mit seinem fünften Soloalbum Balsam für die Seele. Die komplexen Rhythmusstrukturen, die er auf „There is love in You“ entwirft, strahlen immer Ruhe und Erhabenheit aus. Engelsgleiche Vocalsamples tun ihr Übriges, um eine geradezu sakrale Stimmung zu entfalten (Domino). Hinter dem Namen Fursaxa steckt Tara Burke, die seit gut zehn Jahren und ebenso vielen Alben eine ganz eigene, mysthisch anmutende Folklore kreiert. Ihr Orgelspiel, ihr Gesang und die vielen ungewöhnlichen Soundquellen wirken archaisch und klingen wunderschön melancholisch. Ein Vergleich mit Nico hilft nur annähernd (ATP Rec). Gonjasufi hat mit „A sufi and a Killer“ eine ganz eigentümliche Welt erschaffen. Hinter alten Planken findet man hier Kisten mit sperrigen Hip Hop-Beats, verstaubten Soulgesängen, verzerrter Weltmusik, rauem Psychedelic Rock und wackeligen Poptunes. Über all dem hört man Gonjasufis kratzige Stimme, wie durch einen Kopfhörer eingesungen scheint (Warp). Das niederrheinische Duo Tarngo macht Instrumentalmusik mit Bass und Schlagzeug – sonst nichts! Auf ihrem zweiten Album „Horman“ findet man zwölf raue Energiebrocken. Knurrig-rumpelnder Spartanismus mit vielen Breaks. Auch Steve Albini hätte Spaß daran (Tumbleweed).
Nach 17 Jahren und neun Alben haben Tocotronic den Diskurspop der sogenannten Hamburger Schule tatsächlich für kurze Zeit an die Spitze der deutschen Albumcharts getragen. Mit einerseits sehr rauen Tönen, aber auch balladesken Songs. Ihr musikalisches Spektrum ist breiter geworden, Bonmots wie „Im Zweifel für den Zweifel“ sind immer noch vortrefflich. Das ist mal ein anderer Chorus in den großen Konzerthallen (E-Werk, 4.3., 20 Uhr). Die Stileinordnung auf My Space-Seiten wird in der Regel für einen gepflegten Witz benutzt. Bei Analogik kommt die Mischform Ska / Electronica / Hip Hop aber einigermaßen hin. Man kann noch Afro-Beat, Balkansound und Kinderlied hinzufügen. Eine ziemlich verrückte Mischung liefern die vier Dänen ab, ihr Bühnenoutfit steht dem in nichts nach (6.3., 22 Uhr / Stadtgarten).
Weihnachten und wertkonservativ passt zusammen. Wertkonservativ und Motörhead passt zusammen. Aber...
Wir steigen düster ein: Monarch! ist eine französische Doom Metal-Band, die Sängerin verziert die Zeitlupen-Drones morbid. Oder mit den Worten auf ihrer My Space-Seite gesagt: „Kill each other and play guitar in the snow“.
Umgebaut, ausgebaut, angebaut: Das geschichtsträchtige Blue Shell wird räumlich größer und zeitlich länger. Letzteres kommt vor allem den nächtlichen Parties zugute, Ersteres den bislang etwas engen Konzerten.
Seit seinen Tagen bei den Dead Kennedys hat Jello Biafra nicht mehr so gut gepunkrockt wie mit seiner aktuellen Band The Guantanamo School of Medicine. Schon der Name der Band zeigt, dass auch sein politisches Bewusstsein nicht nachgelassen hat.
Der August steht traditionell ganz im Zeichnen der c/o pop. Das Festival für „Pop Culture 2.0“, so der diesjährige Untertitel, findet vom 12. bis 16. August zum sechsten Mal an über 20 Locations in Köln statt.
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