Bei der Premiere des neuen Musikfestivals „Acht Brücken. Musik für Köln“, dass von nun an jährlich in Köln stattfinden soll, steht Pierre Boulez ganz im Mittelpunkt. Gerade erst ist der französische Komponist stolze 86 Jahre alt geworden. Das hindert ihn aber nicht daran, für dieses Festival auch selber auf die Bühne zu steigen. Boulez gilt neben Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono als einer der bedeutendsten Vertreter der seriellen Musik, eine Ausweitung der Zwölftontechnik. Trotz der Strenge der seriellen Kompositionstechnik hat sich Boulez im Gegensatz zu Kollegen wie Stockhausen poetischeren Ideen – beispielsweise dem Impressionismus – nicht verschlossen. Das zeigt sich auch immer wieder in seiner Tätigkeit als Dirigent, der er seit 1966 neben dem Komponieren und Theoretisieren nachkommt. Auch wenn der einstige Schüler von Olivier Messiaen und frühe Verteidiger des Atonalen in seiner Sturm und Drang Phase des Öfteren Konzerte von konservativen Kollegen stürmte: Gerne dirigiert er Ravel oder andere Impressionisten. So auch beim Eröffnungskonzert von „Acht Brücken. Musik für Köln“, am 8. Mai um 20 Uhr in der Philharmonie: Boulez wird zusammen mit dem Mahler Chamber Orchestra drei Großen der Moderne die Ehre erweisen: Schönberg, Strawinsky und eben Ravel.
Das Programm des Festivals liefert eine gute Mischung aus Werken von Boulez, älteren Werken, die Boulez beeinflusst haben und jüngeren Werken, die von Boulez beeinflusst wurden. So spielt das Ensemble Intercontemporain Boulez' „Le Marteau sans maître“ von 1955 – ein Schlüsselwerk des Komponisten, mit dem er sich etwas von der früheren Strenge distanziert. Auch das Nieuw Ensemble widmet sich mit vielen kleineren Stücken der Musik des Franzosen. Der Clou dieses Konzerts: Das Publikum kann in den zahlreichen Umbaupausen zwischen Konzertsaal und Foyer wechseln, wo weitere Angebote auf den Zuhörer warten. Der Zusammenhang zwischen Boulez, dem Pianisten Baptiste Trotignon und erst recht dem Schlagzeuger Manu Katché, die mit ihren Bands und auch gemeinsam auftreten, ist nicht so offensichtlich, denn sie spielen mehr oder weniger gediegenen Jazz. Auch mit Veranstaltungen wie „Tripclubbing“ wird sehr bewusst die Brücke zur Gegenwart, zum Pop und zu elektronischen Experimenten geschlagen. Das entspricht Boulez‘ eigenem Ansatz, der Neuem stets aufgeschlossen war und zum Beispiel lange mit Frank Zappa zusammenarbeitete. Eine kleine Ausstellung in der Philharmonie soll dem Publikum Pierre Boulez als „Fürsprecher der Moderne“ näherbringen. Zahlreiche Workshops und andere Angebote zum Thema sollen an die Neue Musik heranführen. Kinderkonzerte bieten auch den Kleinsten einen angemessenen Einstieg in die ungewohnte Klangwelt.
Einstimmen kann sich der interessierte Festivalbesucher nicht nur während des Festivals, sondern bereits im Vorfeld mit Hilfe eines musikalischen Spaziergangs. An acht Orten in der Innenstadt kann man mit einem kostenlosen Audioguide via Handy (0221 28 03 88) dem Leben und Werk von Pierre Boulez nachspüren. Während des Festivals kann man zudem beim täglichen „Acht Brücken“-Lunch Kostproben erleben, um sich dann Abends zur Gänze in das akustische Abenteuer zu stürzen. Der Festivalpass für alle Veranstaltungen ist bereits für 60 Euro, ermäßigt für nur 25 Euro zu haben (solange der Vorrat reicht).
„Acht Brücken. Musik für Köln“ I 8.-15.5. I Philharmonie, Stadtgarten, Funkhaus Wallrafplatz u.a. I 0221 28 02 81
choices präsentiert: "Die Zukunft der Musik als Vermächtnis", FilmLunch am 12.5. um 12.30 im Filmforum im Museum Ludwig. Eintritt frei. Infos
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Kleinteilige Tonalität
Das Festival „Acht Brücken“ erforscht die Zwischentöne – Festival 04/24
Achtmal Brücken und siebenmal Rock
Akademiker und Rocker im Konzert – Unterhaltungsmusik 05/23
Die Stille danach
Musikfestival Acht Brücken feiert das Nichts – Festival 04/23
Spiralen der Erinnerung
Acht Brücken mit dem Thema „Musik, Amnesie, Gedächtnis“ – Festival 04/22
Visuelle Musik
Musikfestival „Acht Brücken“ streamt ab 1. Mai – Festival 05/21
Totenhagen baut Brücken
5-stündiges Streamingprogramm von Acht Brücken - Musik 04/20
Musik für und in Köln
Die Klangsucher erforschen die Domstadt – Klassik am Rhein 05/19
Brillanter Unterhalter
Acht Brücken: „Musik fürs Radio!“ von Bernd Alois Zimmermann – Konzert 05/18
Ich wandelte mich und sah …
Acht Brücken beschäftigt sich mit Metamorphosen – Festival 05/18
Besonderes Jubiläum
Festival Acht Brücken findet zum achten Mal statt – Klassik am Rhein 04/18
Dystopische Dynamik
Noise im Konzerthaus, Kammerpop im Club – Unterhaltungsmusik 05/17
Musikalische Wortbeiträge
Das Festival Acht Brücken widmet sich der Sprache in der Musik – Festival 04/17
Nicht alle sind supersympathisch
(Kinder-)Geburtstags- und Weihnachtsfeiern on Stage – Unterhaltungsmusik 12/24
Zurück zur Straßenmusik
Dan & Dota in der Kantine – Musik 11/24
Befreiung durch Verwandlung
Laura Totenhagen im Stadtgarten – Musik 11/24
Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Helios 37 – Musik 10/24
Endlich Wochenende
13. Week-End Fest im Stadtgarten – Musik 10/24
Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24
Eine Party für die Traurigen
Romie in der Maulvoll Weinbar – Musik 09/24
Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24
Kein Bock auf Sitzkonzert
Mdou Moctar im Gebäude 9 – Musik 08/24
Sommerloch? Nicht ganz ...
Volle Packung Drum‘n‘Bass, Indie, Tuareg-Blues und Black Metal – Unterhaltungsmusik 08/24
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Köln und Bochum – Musik 07/24
Vielfalt, Frieden und Respekt
3. Ausgabe von Shalom-Musik.Koeln – Musik 07/24