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Christian Sturm, Annika Boos und Miljenko Turk mit dem WDR Funkhausorchester
Foto: Nina Rezagholinia

Brillanter Unterhalter

02. Mai 2018

Acht Brücken: „Musik fürs Radio!“ von Bernd Alois Zimmermann – Konzert 05/18

Zum achten Mal eröffnet das vierzehntägige Musikfestival „Acht Brücken“ sein Programm in Köln – dieses Jahr unter dem Thema „Metamorphosen Variationen“ und Bernd Alois Zimmermann als Schlüsselfigur. Der Kölner Komponist wäre dieses Jahr 100 geworden.

WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber begrüßte das Publikum vor dem WDR Funkhausorchester. „Zimmermanns Arrangements wurden damals im kleinen Funkhausorchester eingespielt – heute inzwischen eines der größten Orchester Europas.“

Die Stücke, die zum Festivalauftakt am vergangenen Samstag in der Kölner Philharmonie zu hören waren, entstanden überwiegend in den 50er Jahren als Bearbeitungen fürs Radio. „Zimmermann hat beim WDR, für den WDR und mit dem WDR gearbeitet“, so Weber. Damit, erklärt Dirigent Alfred Eschwé vor Beginn des ersten Stücks des Abends, habe sich der Komponist seinen Lebensunterhalt verdient.

Bernd Alois Zimmermann gilt als einer der bedeutendsten Komponisten der deutschen Nachkriegszeit und empfand sich zeitlebens als eingekesselt zwischen musikalischen Einflüssen aus Vergangenheit und neuen Strömungen zeitgenössischer Kompositionen – ein Umstand, der statt zu hemmen ein unvergleichlich facettenreiches Gesamtwerk bildete. „Pluralistisch“, nicht auf eine einzelne Stilrichtung beschränkt, changiert sein Schaffen zwischen Genres und Generationen und etablierte sich rasch als unüberhörbarer Teil der Musikgeschichte.

Beschwingt startet das Konzert mit Zimmermanns „Söbensprung“, einem bunten norddeutschen Volkstanzpotpourri und leitet über zu warmen Klängen Südamerikas, nach Darius Milhauds „Saudades do Brasil“, ursprünglich für Klavier von Zimmermann fürs Unterhaltungsorchester transkribiert.

Rachmaninows „Romance“ schließt sich an, melancholisch, und klingt dabei in seiner Orchester- und Saxophonbearbeitung urbaner, rauer und sanfter zugleich. Mussorgsky erlebte das Publikum mit „Reiseeindrücke aus der Krim“, ebenfalls durch Zimmermann orchestral bearbeitet, opulenter – jedoch niemals überladen.

Es ist das Ergebnis intensiver Auseinandersetzung mit Werken der Musikgeschichte und dem Experiment mit Klang und Besetzung, welches die Zuhörer in der Kölner Philharmonie am Samstagabend nachempfinden konnten.

„Wenn Sie sich Flamingos dazu denken, kann man sie hören – und sehen!“, versprach Eschwé und schickte das Publikum mit dem Funkhausorchester und Zimmermanns „Un petit rien" auf lautmalerische Expedition in einen musikalischen Urwald exotischer Klänge und Vogelstimmen – verspielt und mit großer Leichtigkeit, eine schillernde Narration ohne Worte.

Im zweiten Teil des Abends erlebten die Zuhörer eine Uraufführung – Zimmermanns Interpretation von Jacques Offenbachs Operette „Die Zaubergeige“ wurde in der Kölner Philharmonie zum ersten mal vor Publikum inszeniert. „Fast 70 Jahre lag die Bearbeitung in den Katakomben des WDR-Archivs“, so Valerie Weber. „Warum? Zimmermann hatte vergessen, um Autorisierung für eine Aufführung zu beten.“

Mit einer ordentlichen Portion Witz und Ironie begeisterte Mezzosopranistin Annika Boos als Rose, die ihren Liebsten Peter, gespielt und gesungen von Tenor Christian Sturm, durch einen spontanen Heiratsantrag vorm Militärdienst bewahren will. Bariton Miljenko Turk, dessen Charakter Martin der Besitzer einer ganz besonderen Geige ist, soll durch deren Verkauf finanzielle Unterstützung leisten – doch die Geige geht im Chaos kaputt. Ausgelassen und mitreißend spielt sich die Geschichte zum Happy End und erntet rauschenden Beifall eines vollends unterhaltenen Publikums.

Metamorphosen, Variationen und ein breit gefächertes Programm bezeichneten den Einstieg in das Thema des Festivals Acht Brücken und präsentierten Bernd Alois Zimmermann als brillanten Unterhalter.

Ernstere Töne des Ausnahmekomponisten sind seit vergangenem Sonntag im Staatenhaus am Rheinpark in Köln zu hören – die Oper „Die Soldaten“, wohl Zimmermanns bekanntestes Werk, galt in seiner Komplexität zeitweise als „unaufführbar“ und schrieb mit seiner Uraufführung 1965 in Köln Musikgeschichte.

Das Eröffnungskonzert „Musik fürs Radio!" ist am 20. Mai um 20.04 Uhr im WDR3 nachzuhören.

Acht Brücken – Musik für Köln | 28.4. - 11.5. | div. Orte | www.achtbruecken.de

Nina Rezagholinia

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