Donnerstag, 19. Januar: Einen Tag zuvor hatte Sigrid Klausmann mit ihrem Team bereits in Stuttgart die Deutschlandpremiere ihres Dokumentarfilms „Nicht ohne uns!“ gefeiert. Nun war sie zusammen mit ihrem Ehemann und Koproduzenten Walter Sittler und einem Großteil ihres Produktionsteams zur NRW-Premiere im Kölner Odeon-Kino zu Gast. Das kam nicht von ungefähr, denn durch seinen Kölner Produzenten Gerhard Schmidt von Gemini Film & Library und die tatkräftige Unterstützung durch die Film- und Medienstiftung NRW war das Projekt von der Planungsphase bis in den Vertrieb sehr eng mit dem Großraum Köln verbunden gewesen. So erläuterte Schmidt auf der am Nachmittag angesetzten Filmvorführung: „Obwohl wir auf fünf Kontinenten gedreht haben, kam ein Großteil unseres Teams aus Nordrhein-Westfalen.“ Der um 15 Uhr recht früh angesetzte Filmbeginn war den zahlreichen Kindern im Publikum geschuldet, die als Schulklassen eingeladen waren, um durch den Film Einblicke in die abenteuerlichen Schulwege anderer Kinder rund um den Globus zu erlangen. Denn viele von ihnen nehmen oft stundenlange und strapaziöse Wege in Kauf, um ihr Recht auf Bildung einzufordern.
Regisseurin Sigrid Klausmann dankte nach der Projektion insbesondere ihren Episodenregisseurinnen Ariane Kessissoglou und Insa Onken, sowie dem Editor Henk Drees, die ebenfalls zur Premiere anwesend waren und dem fertigen Film nicht nur interessantes Rohmaterial geliefert hätten, sondern auch für die finale Konzeption unerlässlich gewesen seien. Auf Nachfragen aus dem Publikum, wie es Klausmann gelungen sei, den elf- oder zwölfjährigen Kindern beim Drehen dermaßen nahe zu kommen, erläuterte die Filmemacherin: „Man kann Kindern nur nahe kommen, wenn man ihr Vertrauen gewinnt. Wir haben uns stets den Kindern zugewendet und das auf unserer Agenda an die erste Stelle gesetzt. Es ist einfach wunderbar, mit Kindern in diesem Alter zu sprechen, weil sie sehr häufig offen, sensibel und überaus ehrlich sind.“ Damit der Film auch von jüngeren Kindern ohne allzu große Hürden angeschaut werden kann, hat man sich in der deutschen Fassung dazu entschlossen, die Interviewpartner aus aller Welt mit deutschen Synchronsprechern aus dem Off zu unterlegen. Viele dieser Sprecherkinder waren ebenfalls im Odeon-Kino zu Gast, da sie aus dem Raum Köln kommen und schon über Sprechererfahrungen beim WDR verfügen. Eine der jungen Sprecherinnen meldete sich bei der anschließenden Diskussion ebenfalls zu Wort: „Insbesondere das Kind, das man selbst spricht, lernt man beim Synchronisieren ganz gut kennen. Es ist einem deswegen am Ende noch näher als die anderen. Mir ist durch den Film klargeworden, wie gut wir es hierzulande eigentlich haben, erst recht im Vergleich mit den Kindern aus dem Film“, so die junge Nachwuchssprecherin.
Schauspieler Walter Sittler („Der Kommissar und das Meer“), der den Film seiner Ehefrau produzierte und die anfängliche Idee dazu geliefert hatte, ergänzte, dass die jungen SynchronsprecherInnen noch intensiver in das Leben der Kinder eintauchen konnten, weil es zu jedem der Protagonisten einen deutlich längeren einzelnen Porträtfilm gebe, der im Internet abrufbar sei. „Das ist der Startschuss für unser Projekt 199 kleine Helden, mit dem wir die ganze Vielfalt unserer Welt abbilden wollen“, so Sittler. Dass viele der Heranwachsenden im Film ihre Sorgen über Kriege, Terrorismus und Atomkraftwerke zum Ausdruck brachten, sei indes nicht von den Filmemachern gesteuert gewesen. Sigrid Klausmann erzählte, dass sie den Kindern nur wenige konkrete Fragen gestellt hätte. Diese Aussagen seien allesamt auf die Frage „Wenn du in die Welt schaust, was macht Dir dann Sorgen oder Ängste?“ aus den Kindern herausgesprudelt. Sie würden belegen, wie viel diese Kinder bereits wüssten und über was sie sich bereits ihre eigenen Gedanken machten. Zum Abschluss meldete sich auch Hannelore Kraft aus dem Publikum zu Wort und schilderte ihre Eindrücke nach der Projektion: „Die Gegensätze zwischen den Kindern und ihren Lebensbedingungen haben den Film für mich unglaublich spannend gemacht. Ich werde mir nun auch auf jeden Fall die Internetporträts ansehen, weil ich noch mehr über diese Kinder erfahren will.“ Seit Donnerstag ist „Nicht ohne uns!“ nun auch bundesweit in den Kinos angelaufen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Von Pennsylvania in die Welt
„Taylor Swift“ von María Isabel Sánchez Vegara – Vorlesung 07/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Filmpalast – Foyer 04/24
Gegen die Marginalisierung weiblicher Körper
„Notre Corps“ im Filmforum – Foyer 04/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
„Paradigmenwechsel im Mensch-Natur-Verhältnis“
Mirjam Leuze zum LaDOC-Werkstattgespräch mit Kamerafrau Magda Kowalcyk („Cow“) – Foyer 03/24