Vom 30. April bis zum 10. Mai findet mit über 50 Veranstaltungen aus dem Bereich Neue Musik, Jazz, Weltmusik und Pop zum sechsten Mal das Festival „Acht Brücken. Musik für Köln“ statt. Es hat sich in den letzten Jahren von dem Vorgänger MusikTriennale emanzipiert und setzt mit Schwerpunktthemen Akzente in der Kölner Musiklandschaft. Waren die ersten Ausgaben noch von Künstlern wie Pierre Boulez geprägt, hat sich zunehmend auch ein thematischer Rahmen gebildet. Schon die dritte Ausgabe setzte ausgehend vom Werk des Komponisten Iannis Xenakis einen deutlichen Akzent auf elektronische Musik. Es folgten mit „Im Puls“ und „Musik.Politik?“ zwei Ausgaben zu abstrakteren Ideen. Nun ist der Glaube an der Reihe.
In Zeiten neu entflammter Glaubenskriege scheint das zunächst unpassend, es könnte aber auch genau der richtige Weg sein, wenn das Festival weniger konkrete Religion als eine vielleicht allgemeine Conditio humana anspricht und sich grundsätzlichen Fragen des Menschseins widmet. Das Festival will „die Welt der Spiritualität erkunden, Konzepten des Dies- und Jenseits, der Transzendenz oder der Unendlichkeit nachgehen“.
Im Fokus steht ebenfalls die 2006 verstorbene russische Schostakowitch-Schülerin Galina Ustwolskaja. Die religiöse Komponistin hat viele Jahre zurückgezogen in innerer Migration gelebt, ihre Musik wurde in der UdSSR bis Ende der 80er Jahre nur sporadisch veröffentlicht. Karg, sperrig, zuweilen harsch gibt sich ihr nur 25 Werke umspannendes Œuvre, das durch ungewöhnliche Instrumentierungen und explizit religiöse Titel auffällt. Letzteres hat sie in einem ihrer wenigen Interviews einmal relativiert: „Meine Werke sind nicht religiös, aber definitiv spirituell, weil ich alles von mir gegeben habe. Meine Seele, mein Herz.“
Auch die Minimal Music könnte man in ihrem Wechselspiel von Wiederholung und Veränderung und Endlich- und Unendlichkeit spirituell nennen. Die wohlklingende, aber sehr vitale Musik von Steve Reich hat in der Philharmonie zuletzt einen kleinen Publikumsskandal ausgelöst, weil einige Zuschauer ihre Überforderung mit Unmut äußerten. Das muss man bei der Aufführung von Reichs „Six Pianos“ nicht fürchten: Die Pianisten Gregor Schwellenbach, Hauschka oder Brandt und Frick von dem Trio Brandt Brauer Frick kommen aus popaffinem Umfeld, das Publikum dürfte ebenfalls etwas offener sein. Auch Lubomyr Melnyk, gerne als schnellster Pianist der Gegenwart etikettiert, ist mit seiner Continuous Music vertreten, spielt höchstpersönlich die Uraufführung seines neuesten Stückes „For the Three Kings“. Aufgeführt werden auch Komponisten wie Karlheinz Stockhausen, Arvo Pärt oder John Adams.
Mit dem DITIB Sufi-Ensemble wird die islamische Religion repräsentiert, indonesische Rituale und Zeremonien wird das Ensemble Gamelan Taman Indah heraufbeschwören, Gospel kommt von Faada Freddy, und Zion80 verschmelzen jüdische Klezmer-Musik mit Afrobeat. Am 1. Mai sind wieder die Freihafen-Konzerte: Einen Tag lang gibt es Musik bei freiem Eintritt, darunter Olivier Messiaens selten aufgeführtes „La Transfiguration de Notre-Seigneur Jésus Christ“ für 200 Interpreten in der Philharmonie.
Acht Brücken. Musik für Köln | 30.4.-10.5. | www.achtbruecken.de
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