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Es gibt 162 Beiträge von juggernaut

Thank you for Smoking

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Nikotin oder Cholesterin, was killt mehr?

01.09.2006

Man muss sich nicht demonstrativ zur Feier dieses Films eine Fluppe anzünden, sobald man das Kino verlassen hat. Aber dass eine so freche Satire über Scheinheiligkeit und Doppelmoral im US-Kino noch realisiert werden kann, ist schon eine sehr angenehme Überraschung, vor allem nach dem missglückten ?American Dreamz?.

?Thank You for Smoking? glorifiziert nicht die weitgehend moralfreie Haltung seiner Hauptfigur und dessen für Alkohol beziehungsweise Waffen zuständigen Lobbyisten-Kolleg/inn/en. Wenn diese drei ?Merchants of Death? zu ihrem Stammtisch zusammenkommen, versuchen sie einander jedes Mal an Gewitztheit und Argumentationskunst zu überbieten. Der Film stellt ihren ebenso geschäfts- wie gewohnheitsmäßigen Zynismus jedoch nicht als coole Pose aus, er stellt nur dar, was ist. Und das über weite Strecken auf sehr vergnügliche Weise. Was ?Thank You for Smoking? darüber hinaus hoch anzurechnen ist: Er verzichtet auf das den ?Helden? geläutert entlassende ?Happy End?, das theoretisch möglich gewesen und in einer gewöhnlich harmlosen Komödie mit Sicherheit erfolgt wäre. Stattdessen wechselt der Tabak-Lobbyist nur Arbeitgeber und Branche?

Und die Moral von der Geschicht?: Moral zu haben reicht nicht. Man muss auch die besseren Argumente haben. Und für deren Vortrag und Vertretung möglicherweise einen Rhetorik-Söldner mieten.

...?denn wenn du nicht Recht hast, dann heißt das, dass ich Recht habe.? (Hauptfigur Nick Naylor zu seinem 12-jährigen Sohn Joey)

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Monster House

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House-Wife

29.08.2006

Ein hübscher, kleiner Horror-Spaß mit der Harry-Potter-Konstellation: Zwei Jungs, einer davon ein bisschen Klein Doofie, der andere entwicklungsfähig Richtung Held, ein Mädchen; die gibt das Schweinchen Schlau. Dazu tölpelhafte, begriffsstutzige Erwachsene, und ein gefräßiges Haus anstelle von Freddie Krueger. Denn es geht mal wieder um Halloween. Also, wenn man gerade nicht Besseres vorhat...

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Flug 93

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Blanker Horror

19.07.2006

Ob Paul Greengrass ein großer Filmemacher ist, lässt sich auch nach ?Flug 93? nicht sagen. Geschick in der Wahl seiner Stoffe hat er auf jeden Fall. Wie seinerzeit in ?Bloody Sunday? sorgt schon die Anmutung des authentisch Schrecklichen dafür, den Zuschauer auf eigentümliche Art zu konditionieren. ?Bloody Sunday? schien mir dabei gar nicht einmal sonderlich gut gemacht, entfaltet aber spätestens dann hundertprozentige Wirkung, wenn die britischen Militärs anfangen, die flüchtenden nordirischen Demonstranten abzuknallen wie die Hasen. Weil man weiß, dass es so ? oder fast so ? tatsächlich passiert ist.

Genauso verhält es sich mit ?Flug 93?. Von Anfang an liegt eine geradezu gespenstische Stimmung über dem Film, Spannung und Beklemmung sind förmlich im Saal spürbar. Wieder wackelt die Kamera häufig und nervt, doch es gibt so viele Szenen, die in Mark und Bein fahren, dass es nicht als wirklicher Makel haften bleibt.

Als nächster wird sich nun wohl Oliver Stone am 9/11-Stoff versuchen. Man kann nur hoffen, dass er seinen gelegentlichen Hang zur Gigantomanie im Zaum und seine fünf Sinne beisammen hält. ?Flug 93? hat die Messlatte für die filmische Verarbeitung des Terror-Traumas ziemlich hoch gelegt.

American Dreamz - Alles nur Show

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Konsens-Satire

11.06.2006

So etwas kommt dabei heraus, wenn man Satire machen, damit aber niemandem richtig auf die Füße treten will: Konsens-Komik, und das kann nicht funktionieren. Die Mischung gerät trotz gelegentlicher ätzender Einsprengsel unterm Strich einfach zu nett und zu bemüht. In ?American Dreamz? treffen satirische Ansätze und Humor-Geschmäcker zusammen, die besser getrennt in verschiedenen Filmen (oder TV-Formaten) bedient werden sollten.

Man hätte gewarnt sein können. Bei einer Altersfreigabe ab sechs Jahren durfte man von einer Satire auf Terrorismus, TV-Superstarsuchen und amerikanische Präsidenten, genauer gesagt den aktuellen, nicht allzu viel erwarten. Polit- und Medienparodie aber muss sich heutzutage angesichts des ungeheuren Potenzials an Realsatire deutlich mehr anstrengen als ?American Dreamz?, wenn sie noch Wirkung erzielen will.

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Schläfer

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Ein üblicher Verdächtiger

11.06.2006

Wenn ein Film sich viel Zeit nimmt für seine Szenen und Figuren, kann er damit ganz schnell langweilen ? oder aber die Spannung effektiv verdichten. Über eine Stunde gehört ?Schläfer? zu letzterer Kategorie, danach weiß der Film nicht mehr so recht, was er sein und wo er hin will. Am Ende ist es dann doch eher eine Variation der klassischen Dreiecksgeschichte um Liebe, Freundschaft, Loyalität und Verrat (Und wie jede solche Konstellation, die ein gewisses Format hat, ruft auch ?Schläfer? an manchen Stellen die entfernte Erinnerung an den Klassiker ?Jules und Jim? wach).

Die Motive Terrorismusverdacht und Bespitzelung dienen dabei in erster Linie als Treibsatz für die Entwicklung der drei Hauptfiguren, insbesondere des Virologen Johannes, der sich sowohl in wissenschaftlicher als auch in amouröser Konkurrenz zu seinem algerischen Kollegen und Freund Farid befindet. Dieser wird vom Bundesnachrichtendienst verdächtigt, ein islamischer Fundamentalist und potenzieller Attentäter zu sein. Johannes, der sich zunächst widerstrebend vom BND als Informant hat anwerben lassen, soll helfen, den Verdacht zu erhärten ? oder zu entkräften. Am Ende seines inneren Konflikts wird die Eigensucht, unterstützt von der Eifersucht, über die Loyalität siegen, was wohl der Lebenswirklichkeit in den meisten Fällen entsprechen dürfte.

Dass Johannes in der Schlussszene auch noch eine Art von ?Absolution? für seinen Verrat sucht, gehört zu den weniger überzeugenden Einfällen des Films. Der nichtsdestoweniger durchweg gut gespielt ist und mit ebenso abwechslungs- wie ideenreicher Kameraarbeit punkten kann. So liegt ?Schläfer? trotz einiger Schwächen und Längen sichtlich über dem Durchschnitt.

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Tsotsi

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Wiedergutmachung

14.05.2006

Die Wandlung eines Saulus zum Paulus. Aber es fällt schwer, Mitgefühl für einen aufzubringen, der (zumindest am Anfang) Waffen und Fäuste sehr locker sitzen hat und keinen Moment zögert, von ihnen Gebrauch zu machen. Nachdem Tsotsi ein Auto geklaut und dabei die Wagenbesitzerin niedergeschossen hat, stellt er auf der Flucht fest, dass sich auf dem Rücksitz noch ein Fahrgast befindet: ein Säugling. Erinnerungen an die eigene traurige Kindheit kommen hoch, und er beschließt, dass es diesem Kind bei ihm besser ergehen soll. Das Wiedergutmachungsmotiv zieht sich durch den ganzen weiteren Film: Tsotsi pflegt ein Mitglied seiner Bande, das er zuvor krankenhausreif geprügelt hatte, oder gibt dem Bettler im Rollstuhl mit den zerschmetterten Beinen, den er beinahe ausgeraubt hätte, ein Almosen. Als er mit seinen Gangstern in das Elternhaus seines ?Findelkinds? einbricht und einer von ihnen den Vater töten will, erschießt Tsotsi den eigenen Kumpanen. Die ?Beute?, wegen der er in das Haus eingedrungen ist, besteht aus Spielsachen und Plüschtieren für das Baby. Das aber am Ende, so viel darf man vorwegnehmen, unversehrt an die Eltern zurückgegeben werden wird.

Im Grunde genommen ist es eine Geschichte, die man nicht glauben mag. Es scheint mehr behauptete Hoffnung als berechtigte in ihr, und das Schuld-und-Sühne-Motiv wirkt zudem ? durch Einschübe sakral klingender Musik ? unangenehm religiös aufgeladen. Doch wenn man weit weg vom südafrikanischen Township-Elend lebt und nicht beurteilen kann, inwieweit diese Geschichte stimmig oder ?realistisch? ist, muss man die eigenen Fragezeichen wohl einfach stehen lassen. Denn spannend und anrührend erzählt ist ?Tsotsi? zweifellos.

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Das geheime Leben der Worte

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Narben fürs Leben

14.05.2006

Sarah Polley und Tim Robbins sind zu gute Schauspieler, als dass einen diese Geschichte um die langsame Annäherung zweier Verletzter völlig kalt lassen könnte. Nur sind die dramaturgischen Schwächen unübersehbar und trägt Isabelle Coixets nervöse Kameraführung auch nicht unbedingt dazu bei, den Zuschauer geneigter zu stimmen. Ausgerechnet die Szene, in der Hannah (Polley) ihr Geheimnis enthüllt, ist viel zu lang geraten. Nachdem sie vorher kaum mehr als das Nötigste gesagt und dabei mit trockenem Witz den ein oder anderen Treffer gesetzt hat, redet sie nun zehn Minuten am Stück. Und obwohl es in der Tat schreckliche Narben sind, die man ihr zugefügt hat, wünscht man sich, sie würde früher zum Punkt kommen. Andererseits gibt es berührende und auch humorvolle Szenen in diesem Film, die ihn letztlich davor retten, Schiffbruch zu erleiden. Für eine wirkliche Empfehlung ist das allerdings zu wenig.

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Das Leben der Anderen

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?Leck? mich am Arsch, ich bin im Westen!?

12.05.2006

Also sprach die Sonne am Ende des Tages zu Honi. Nichtsdestoweniger war Witze reißen für den real existierenden Volksmund im DDR-Sozialismus stets eine gefährliche Gratwanderung. Die seine meistert ?Das Leben der Anderen? souverän: Mit Entsetzen gelegentlich Scherz treiben gehört dazu, aber von Diktatur-Verniedlichung kann keine Rede sein. Der Film wird zu Recht von allen Seiten gelobt und hat seine Preis-Nominierungen redlich verdient. Es spielt viel aus dem Fernsehen bekannte Prominenz, doch mit Fernsehfilm oder -spiel hat das Ganze nichts zu tun. Großes Kino, das eine große, tragische Geschichte erzählt, mit einer glänzenden Darstellerriege.

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FC Venus

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Fußball zum Abgewöhnen

25.04.2006

Steuerberater Paul (Christian Ulmen) kehrt aus Berlin in sein Heimatdorf zu seiner Kreisklasse-Fußballmannschaft ?FC Imma 95? zurück, nachdem deren wichtigster Spieler schwer verletzt aus- und ins Koma gefallen ist (um später genau zum richtigen Zeitpunkt wieder aufzuwachen und in der Kabine zu stehen). Pauls Freundin Anna (Nora Tschirner) kommt mit, nachdem er ihr vorgegaukelt hat, dass es dort für sie als Bauingenieurin jede Menge zu tun gäbe. Als Anna herausbekommt, was Sache ist, zettelt sie zusammen mit den anderen Spielerfrauen eine Wette an: Wenn die Damen es schaffen, ihre Männeken auf dem Fußballfeld zu besiegen, müssen diese ihrer Leidenschaft abschwören und dürfen von Stund an weder Fußball gucken noch spielen.

Jedes Klischee wird bedient, kein Gag, der auf der Hand liegt, fallengelassen, und am Schluss auch noch ein bisschen gefühliger Schmonzes eingerührt...aber soll man sich darüber wirklich noch aufregen? Der Film wird ohnehin sein Publikum finden, Nora Tschirner, Christian Ulmen und die nahende WM werden?s schon richten. Höchste Zeit also, dass das Spektakel endlich los- und auch wieder vorübergeht. Ohne die WM wäre diese Fußballklamotte mit ziemlicher Sicherheit nie gedreht worden.

Erstaunlich nur, dass junge Schauspieler wie Florian Lukas, Anneke Kim Sarnau und Jan Henrik Stahlberg hier mitmischen, die an anderer Stelle schon positiv aufgefallen sind. Und, große Überraschung, die sich mir auch erst im Abspann bei der kompletten Vorstellung von Imma 95 offenbart hat: Der einzige richtige Fußballer, der in "FC Venus" mitspielt, ist der hippe Torwart des hippen FC St.Pauli aus den späten 80er und frühen 90er Jahren, Volker Ippig. Der schaffte es seinerzeit schon, vom Sportteil ins Feuilleton zu kommen. Vielleicht hätte dem Film ein bisschen mehr vom frühen Ippig (Hausbesetzerszene; in der Hafenstraße wohnen, kiffen, abgefahrene Musik hören und so) ja ganz gut getan, wer weiß.

Die richtige Antwort auf den typisch männlichen Fußballwahn, dem unsereins gelegentlich anheim fällt, haben im Übrigen längst diejenigen deutschen Damen aufm Platz gegeben, die zuletzt Welt- und vier Mal hintereinander Europameister wurden und das hiesige Herrenteam damit ziemlich alt aussehen ließen. Wohlan, es kann nur besser werden.

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Capote

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D i e Story seines Lebens

22.03.2006

Wenn der Künstler erkennt, dass er auch nur ein Mensch ist, kann das fatale Folgen für seine Kunstfertigkeit haben. Truman Capote hatte fünf Jahre lang getäuscht, getrickst und geblufft, um den beiden wegen vierfachen Mordes zum Tode verurteilten Männern alle Informationen zu entlocken, die er für seinen Tatsachenroman ?In Cold Blood? brauchte, und Anteilnahme und Freundschaft geheuchelt. In dem Moment, wo er den beiden auf ihre unmittelbar bevorstehende Hinrichtung wartenden Todeskandidaten ein letztes Mal begegnet, um von ihnen Abschied zu nehmen, bricht die distanziert-elitäre Künstlerfassade in sich zusammen. Der Autor muss erkennen, dass er nicht nur andere, sondern auch sich selbst getäuscht hat, und tatsächlich Anteil nimmt. Die anschließende Exekution live mitzuerleben gibt ihm den Rest.

Der Film entfaltet in diesem letzten Teil seine größte Wirkung. Im Grunde genommen sind die anderthalb Stunden davor eine einzige lange Exposition bis zu diesem entscheidenden Moment der Selbsterkenntnis. Manches davon hätte man vielleicht kürzen oder weglassen können, aber Philip Seymour Hoffmans Darstellungskunst hält das Interesse jederzeit wach.

Letztlich hat das Verbrechen nicht nur einer vierköpfigen Familie und ihren beiden Mördern das Leben, sondern auch Capote sein Künstlerleben gekostet. Nach ?In Cold Blood? brachte er keinen weiteren Roman mehr zu Ende.

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