Es gibt 27 Beiträge von flocke66
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01.06.2004
Dass es nicht immer einer guten Romanvorlage oder eines glänzenden Drehbuchs bedarf, um einen vergnügten, zumindest aber kurzweiligen Abend zu verbringen, wussten Besucher der Programm- (na ja, wohl eher Arthouse)Kinos in Köln schon länger. Jedenfalls bietet die wiedereröffnete Filmpalette (Gott sei´s gedankt) seit vergangener Woche eine interessante Dokumentation, die sich in die Reihe wunderbarer (Dokutainment-)Filme wie „Herr Wichmann von der CDU“ oder „Hundstage“ einreiht und sich ebenso wohltuend von dem ganzen Schrott der Privaten Fernsehsender abhebt, die unter diesem Begriff mehr als grenzwertige Information liefern.
Der Regisseur Stanislaw Mucha hat sich auf die Suche nach der „Mitte Europas“, dem geographischen Mittelpunkt unseres Kontinents gemacht. Dabei führt ihn eine wahre Odyssee zu Orten, die allesamt für sich in Anspruch nehmen, die Mitte Europas zu sein. Das Ganze mutet dann sehr skurril an, wenn mehrere polnische Orte in Konkurrenz mit kleinen Ortschaften in der Slowakei, der Ukraine oder in Tschechien treten. Sehr schön und kurios geraten dabei bestimmte Szenen, in denen sich der Regisseur mit den Menschen vor Ort beschäftigt. Der alten Frau, die in einem Kiosk einer ukrainischen Kleinstadt überregionale Druckerzeugnisse oder Briefmarken mit dem Papstkonterfei verkauft, dem tschechischen Teufelaustreiber oder dem litauischen Arbeitlosen, der mit der selbstgebastelten Fernsehantenne versucht, russisches TV zu empfangen - all diesen Menschen versucht Mucha ganz zwanglos über die Schulter zu blicken und eröffnet dem Zuschauer einen Blick auf den „durchschnittlichen“ und (fast) durchweg immer sehr sympathischen EU-Neubürger. Der Versuch, nackte Hintern einem Geschlecht zuzuordnen oder einen ausgestopften Hirsch als Touristenattraktion zu etablieren, machen diesen Film zu einer vergnüglichen Unterhaltung. Danach schmeckt das Kölsch in der Filmschänke „daneben“ noch mal so gut.
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20.04.2004
Geradezu albtraumhaft das bisherige Leben der Aileen Wuornos: Missbrauch durch den besten Freund des Vaters, Kinderstrich, Verwahrlosung ... . Der Film beginnt damit, dass Aileen vor dem beabsichtigten Selbstmord noch 5 Dollar, die sie von ihrem letzten Freier erhalten hat, für ein paar Bier ausgeben will. Dabei lernt sie die junge, orientierungslose und einsame Selby kennen. Nach und nach entwickelt sich eine gegenseitige Abhängigkeit, die letztlich in eine lesbische Beziehung mündet. Selby flieht aus dem spießbürgerlichen Gefängnis ihrer Tante, Ailleen lebt im Überschwang menschlicher Zuneigung und Wärme wieder auf und hat den Blick für das Rationale längst verdrängt. So weit, so gut - der Film plätschert anfangs etwas vor sich hin und man hat das Gefühl, hier wieder mit einem emotionalen Hollywoodschinken konfrontiert zu werden. Aber als Ailleen von einem perversen Freier missbraucht wird, stellt sich dieser Gewaltakt als Initialzündung für ihre Selbstbefreiung dar. In Notwehr erschießt sie den Mann und Andere werden fortan folgen. Es setzt ein unwillkürliches Morden ein, das sie immer weiter abstumpfen lässt und beim Zuschauer teilweise Mitleid mit den Opfern aufkommen lässt. Auch wenn man - nicht nur durch ihre Rolle als Massenmörderin bedingt, sondern insbesondere durch die äußere Erscheinung der Ailleen, die von Charlize Theron mehr als überzeugend gespielt wird - fast schon angewidert von der Hauptdarstellerin ist, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das "Monster" das eigentliche Opfer einer (gewohnt amerikanisch bigotten) Gesellschaft ist, die sie letztlich für elf Jahre in die Todeszelle sperrt. (Ailleen Wuorno wurde tatsächlich vor zwei Jahren hingerichtet.) Der Film bekommt spätestens nach einer halben Stunde so viel Tempo, dass man als Zuschauer ständig den Atem anhalten muss. Erst mit der Schlussszene fährt der Film wieder ruhiger, aber die Beschäftigung mit dem Film, der Thematik und dem Täteropfer hält auch beim anschließenden Filmgespräch weiter an.
Fazit: sehr, sehr guter Film mit einer überzeugenden Charlize Theron. Für mich 4 bis 4,5 Sterne.
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16.04.2004
Auch ich bin ziemlich erstaunt über das positive Echo an dieser Stelle. Man kann Tim Burton feinsinnigen Erzählstil attestieren; man kann diesen Film aber auch unerträglich kitschig, schmalzig und ziemlich flach finden. Ich persönlich zähle mich zur zweiten Fraktion. Empfand ich „Sleepy Hollow“ noch als amüsant und unterhaltsam, konnte ich diesem Film rein gar nichts abgewinnen. Schwache, mitunter nervende Schauspieler und eine alberne Story mit „Möchte-Gern-Surrealistischen-Stilelementen“ machen Big Fish zu einem zweistündigem Ärgernis, in den nicht nur Feuilletonisten mehr hineininterpretieren, als dem Film tatsächlich zukommt. Positiv: die Musik, insbesondere der Titelsong von Pearl Jam. Meine Wertung: ein Stern!
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13.04.2004
Trotz eines Tarkowskji kann ich mich nicht daran erinnern, dass ich mir außer den Stummfilmepen aus den 20er Jahren jemals einen russischen Spielfilm angesehen habe. So war ich einigermaßen gespannt, was mich in „Die Rückkehr“ erwarten würde. Zunächst - ich war alles andere als enttäuscht von diesem Film.
In das sorgenlose Leben von Andrej und Iwan bricht plötzlich - nach zwölfjähriger Abwesenheit - der Vater hinein. Woher er kommt, warum er so lange weg war und warum er überhaupt zurückgekommen ist? Diese Fragen werden in diesem Film nicht beantwortet; letztlich ist es aber auch egal. Ohne sich überhaupt an den Gedanken zu gewöhnen, dass der Vater wieder da ist, nimmt er seine Söhne auf eine Reise mit. Durch seine bestimmte Art, die in subtiler Weise mitunter arg brutal wirkt und mit der seine Kinder per Schnellkurs zu "richtigen Männern" gemacht werden sollen, schüchtert er seine Söhne ein. Dabei zeichnen die beiden Söhne ein Bild, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte: der Ältere der Beiden - Andrej - unterwirft sich in fast schon devoter Haltung dem Willen des Vaters; der Jüngere - Iwan - „störrisch wie ein Esel“, opponiert offen und in trotziger Abwehrhaltung. Der Zuschauer durchleidet mit ihm den Film und denkt, irgendwann könnte es zu einer Katastrophe kommen. Das Ganze im Konjunktiv, weil der Film zunächst in epischer Breite und sehr melancholisch daherkommt, ohne aber dahinzuplätschern. Die ersten zwei Drittel überzeugt der Film aufgrund der schauspielerischen Leistungen, ohne allerdings einen Spannungsbogen aufzubauen. Doch dann kommt es unversehens zur Katastrophe, mit der man nicht mehr gerechnet hat und die einen unweigerlich im Kinosessel zusammenzucken lässt.
Das Erstlingswerk von Andrej Swjaginze, mit dem Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen in Venedig ausgezeichnet - ein guter Film, dem ich ohne weiteres 4 Sterne verleihen würde und der mich neugierig gemacht hat, was der russische Film in Zukunft noch zu bieten hat. Schade nur, dass der Film bereits in der zweiten Woche nur noch in einem Kino in Köln zu sehen ist; er hat ein wesentlich größeres Publikum verdient.
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30.03.2004
Die bereits genannten Begriffe, wie warmherzig, leicht und bunt können einfach nur noch einmal bestätigt werden. Ein Film, der in die Kategorie „schön“ fällt; ebenso wie „Amelié“. Auch dieser Film erzählt in einer schön gefärbten Handlung über das Erwachsenwerden. Beachtlich ist die religionsübergreifende Aussage, die hinter diesem Film steckt. Der Koran als völker- u. religionsverbindendes Buch, aus dem ohne Pathos und niemals aufgesetzt ein Plädoyer für Toleranz und gegen Vorurteile zitiert wird. Ein herausragender Omar Sharif, der seine Rolle sehr nonchalant und sympathisch rüberbringt. Religiöse und philosophische Weisheiten ohne erhobenen Zeigefinger! Kein großes, aber schönes Kino: 3,5 Sterne.
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30.03.2004
Ein abgewirtschafteter Rebell, der sich seiner türkischen Wurzeln gar nicht mehr bewusst ist und eine in den Traditionen und des Kulturkreises(weniger ihres als der ihrer Familie) gefangen gehaltene junge, lebenslustige Frau, die „leben, tanzen und ficken“ will, bilden eine Wohngemeinschaft - eine interessante Kombination, die dem Film in den ersten eineinhalb Stunden ein unglaubliches Tempo verleiht. Wahnsinn, in welchen Strudel von Emotionen (nicht nur) Cahit und Sibel stürzen; der Zuschauer fühlt sich teilweise den trashigen und mitunter auch (zu) brutalen Szenen hilflos ausgeliefert. Trotz der überzeugenden Schauspielerleistungen Birol Ünels und Sibel Kekillis verliert der Film zum Ende hin ein wenig an Fahrt und auch der Schluss vermag nicht so recht zu überzeugen. Dennoch ein würdiger Sieger der Berlinale und einer der Filmhöhepunkte des Jahres 2004.
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23.10.2002
The Navigators beschreibt die persönlichen Lebensumstände mehrerer Gleis- und Depotarbeiter während der Privatisierung der britischen Bahn in der Ära Thatcher/Major. Hierbei bedient sich der Regisseur Ken Loach eines halbdokumentarischen Stils. Wer hofft, durch eine Aneinanderreihung unterschiedlicher Episoden und der Konzentration auf einige wenige Charaktere gut unterhalten zu werden, wird das Kino enttäuscht verlassen. Eine Identifikation mit den einzelnen Figuren fällt schwer; zu unnahbar und austauschbar erscheinen die handelnden Personen. Es geht alles sehr schnell: nach vielen Jahren Tätigkeit im Dienste der Bahn werden die Protagonisten mehr oder weniger abgewickelt, durch Agenturen fremdvermietet oder in „Ich-AGs“ umgewandelt. Der gesamte Film läuft stringent auf eine persönliche Katastrophe zu, die jeder Zuschauer bereits nach kurzer Zeit erahnt. Der Film endet so, wie er enden muss und die Filmemacher haben ihre sozialkritische Aussage manifestiert. Es bleibt die Frage, warum gerade dieser Film in deutschen Kinos laufen musste; er ist weder Sozialdrama, noch unterhaltend. Dieser Film ist einfach entbehrlich
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