Es gibt 683 Beiträge von Colonia
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09.03.2006
Ein Spiegel-Artikel vor rund 10 Jahren über Wallfahrten zum Grab von Anneliese Michel war Inspiration zu "Requiem" und Anlass für Regisseur/Produzent Schmid und Drehbuchautor Lange, sich sehr intensiv mit der Vorgeschichte zu befassen.
Nun kann man die Geschichte der Anneliese Michel im Internet und in Verbindung mit "Requiem" ganz gut nachlesen, daher beschränke ich mich auf den Film.
"Requiem" ist kein Hollywood-Hochglanzkino und kein blutiger Exorzismus-Schocker wie "Der Exorzismus von Emily Rose ", der den gleichen Fall zur sehr frei verwendeten Vorlage hatte. Er ist verstörend realistisch und unglaublich dicht. Den 70-er-Jahre Muff und Mief des erzkatholischen Umfeldes von Anneliese, die im Film Michaela Klingler heißt, kann man förmlich riechen, die Enge im Elternhaus ist körperlich spürbar, Zwänge sind allgegenwärtig.
Hans-Christian Schmid war mit seinen Filmen schon oft nah dran am inneren wie äußeren Geschehen. Mit der gerne eingesetzten Handkamera in "Requiem" ist er allerdings so nah wie nie zuvor. Er kann sich hier auf ein ausnahmslos sehr gutes Ensemble verlassen. Was "Requiem" aber zu einem ganz besonderen Erlebnis macht, ist Schmids Entdeckung, die Schauspielerin Sandra Hüller vom Theater Basel. So ein intensives Spiel hat man lange nicht auf der Leinwand gesehen.
Beim gestrigen Publikumsgespräch mit Hans-Christian Schmid in einem Kölner Kino wurde nicht nur äußerst lebhaft diskutiert und nachgehakt, es kam auch die Frage auf, ob Schmid seine Hauptfigur ernst nimmt. Ich denke, das tut er. Und er tut es, ohne über sie zu urteilen.
Wenn er Sandra Hüller in oft improvisierten Szenen Michaelas Anfälle "spielen" lässt, dann ist das verstörend und beklemmend für den Zuschauer. Ähnlich wie Michaelas Freund steht man hilflos daneben und wird mit dem abrupten Schluss gänzlich allein gelassen. Dennoch ist es das perfekte Ende für den Film. Für das, was nach der letzten Blende passiert, gibt es einfach keine zumutbaren Bilder mehr.
Am 1. Juli jährt sich der Todestag von Anneliese Michel zum 30. Mal. Erstaunlich und für uns Kinogänger positiv, dass, während "Kannibale" Armin Meiwes den Film "Rothenburg" vorerst stoppen lassen konnte, weil er seine Persönlichkeitsrechte verletzt sah, sich die Familie Michel seit Jahrzehnten völlig bedeckt hält.
-> siehe auch "Der Exorzismus von Emily Rose"
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09.03.2006
Ich war der festen Überzeugung, ein weiteres Werk aus der unendlich langen und länger werdenden Liste "Filme, die die Welt nicht braucht" zu sehen zu bekommen. Wie schön, dass man, geht man derart gestimmt (rein dienstlich) in einen Film, nur positiv überrascht werden kann!
Nicht, dass es wirklich einer Neuverfilmung des rosaroten Klassikers bedurft hätte. Aber nun, da sie schon mal da ist, betrachten wir sie näher ?
Steve Martin hat bei mir immer noch den 80-er-Jahre Bonus, als er mit hinreißenden Komödien wie "Ein Single kommt selten allein", "Solo für 2" und "Der Mann mit den zwei Gehirnen" auftrumpfte. Ok, dieses Niveau erreichen seine Filme seither alle nicht mehr. Aber "Der rosarote Panther" ist immerhin mit einigen netten Slapstick-Einlagen gespickt. Die sind so platt, dass sie schon wieder für Lacher gut sind: Fahrradfahrer, die über Autotüren stürzen, eine alte Frau, die vom Martinshorn getroffen wird und tausend Dinge, die kaputt gehen, wenn Clouseau sie nur anfasst. Man muss das nicht witzig finden, kann man aber. Hirn ausschalten und durch. Shawn Levy ist ohnehin kein Blake Edwards.
Peter Sellers wurde einst berühmt als Clouseau, König der Missgeschicke. Und das, obwohl er ursprünglich für diese Rolle gar nicht vorgesehen war (Peter Ustinov sollte sie spielen). Steve Martin spielt den Inspektor ganz in der Seller'schen Tradtition physisch-betonter Comedy, anders als dieser, der mit der Figur vollkommen verschmolz, bleibt es bei Martin allerdings beim - wenn auch guten - Spielen. Den Englisch-Sprachkurs, den Clouseau im Film absolviert, um in New York einen Hamburger bestellen zu können, wünscht man sich mal im O-Ton zu hören. Das ist ein nettes Kabinettstückchen.
Kevin Kline ist Martin ein würdiger Gegenspieler; nicht so ernst und weniger verbissen als sein unvergessener Vorgänger in der Rolle des Dreyfus, Herbert Lom. Völlig deplatziert und gesichtstaub dagegen Jean Reno als "Assistent" Clouseaus. Und damit auch die Männer was zum Gucken haben, gibt Beyoncé Knowles sehr nett die Mieze.
Eine witzige Begebenheit am Rande: Clive Owen gibt hier in einer Nebenrolle den "Agent 006". Owen wurde eine ganze Weile als heißer James-Bond-Nachfolger gehandelt, letztlich entschied man sich aber gegen ihn.
Der Look des neuen "Panthers" ist zeitlos. Nur an modernenen Zusätzen wie Handys, Computern, Viagra und einem Smart kann man erkennen, dass es sich um einen "modernen" Film handelt. Dabei haben mich die Bilder wirklich beeindruckt. Die waren von einer selten gesehenen Brillanz und Tiefenschärfe, so dass ich fast an eine digitale Projektion glauben wollte.
Fazit: "Der rosarote Panther" ist eine herrlich-alberne Slapstick-Komödie mit einem hübschen, auf das Original zurückgreifenden, Vorspann samt Mancini-Titelthema. Eigentlich ein völlig überflüssiger Film, aber doch besser als befürchtet.
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03.03.2006
Wenn sich auch das letzte Drittel des filmischen Schriftsteller-Denkmals ein wenig zieht: Der Rest ist spannend wie ein Krimi. Und doch ist es ein Porträt. Ein Porträt über einen zuweilen linkisch tapsenden Sonderling, dann wieder bewusst andere Menschen ausnutzenden, einen, dessen Beweggründe nicht immer klar sind. "Capote" wirft unter anderem mal wieder die Frage auf, ob Kunst amoralisch sein darf oder gar muss. Nein, wirklich sympathisch ist Capote bestimmt nicht.
Philip Seymour Hoffmann wird in dieser Rolle in Erinnerung bleiben. Mein Oscar-Favorit! Nach dem Kinotrailer war allerdings schon klar, dass man den Film in der deutschen Synchronfassung kaum ertragen kann. Ich habe mich für die deutsch untertitelte Originalversion entschieden und muss sagen: Es lohnt sich.
Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen solchen Ansturm auf ein Kino/einen Film erlebt habe, wie gestern auf "Capote". Das Interesse scheint enorm. Ob es nun der undurchschaubare Dandy, die Hintergründe des ersten Fakten und Fiktion ("faction") vereinenden Romans, das Wissen um Capotes anschließenden Abstieg und einsames Ende oder die Lust auf einen vielprämierten Film ist - wer weiß. Vielleicht ist es von allem ein bisschen.
www.dieregina.de
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01.03.2006
John Woo verpasste die Chance, mit "Windtalkers" eine interessante Randnotiz des Zweiten Weltkrieges (den Einsatz von Navajo-Indianern als Code-Talker) dem Publikum näher zu bringen.
Aber Woo steht eben für Action, nicht für differenzierte Charakterstudien. So gibts denn auch gewohnt viel Krachbumm, Kampfgetümmel und Zeitlupen-Action. Der Feind, das sind in diesem Fall Massen von gesichts- und namenlosen Japanern, die es niederzumachen gilt. Abschlachten als großes Abenteuer. Und James Horner beschallt das Ganze, als gelte es, den Felsen im Monument Valley amerikanischen Patriotismus zu posaunen.
Dazwischen schlafwandelt Nicolas Cage wie schon so oft unerträglich umher. Natürlich ist da noch der schnuckelige Adam Beach. Dessen Figur des Navajo-Funkers Ben darf als einzige eine kleine Entwicklung durchmachen, insgesamt bleibt die Story aber platt. Ein bisschen Freundschaft, ein bisschen Ethnokitsch mit Flötenspiel und mächtig viel Geballer. Was Menschen sich so alles einfallen lassen, um andere Menschen in großer Anzahl tot zu kriegen, bleibt das einzig Erstaunliche in diesem Film.
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28.02.2006
Sehr eindringliches und gut gespieltes Porträt eines jungen Kriegsheimkehrers, der sich - von Träumen geplagt und von der Zivilbevölkerung unverstanden - nicht wieder eingewöhnen kann.
Die abwechselnde Verwendung von Farb- und Schwarzweiß-Material wirkt leider etwas unmotiviert, "Días de Santiago" ist ansonsten jedoch ein höchst beachtenswertes Debut, das ohne Schockbilder unter die Haut geht.
Der Film startet mit nur drei Kopien in Deutschland, daher läuft er nacheinander und nicht zeitgleich in Bonn (ab 2.3.) und Köln (ab 16.3.).
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28.02.2006
Bei der "rollenden Familie" frage ich mich - wie so oft -, ob irgendwer den Film gesehen hat, wenn er ihn als "Tipp" anpreist. Gibt es überhaupt noch ernst zu nehmende Filmkritiken in Zeitungen, Zeitschriften und auf den diversen Internetseiten oder begnügen sich die professionellen Schreiber damit, die Inhaltsangabe wiederzugeben und aus ihr auf einen guten Film zu schließen? Seit Jahren lese ich fast nur noch Lobpreisungen im Vorfeld von Filmstarts, dabei sind bei Licht betrachtet mindestens 90% aller neuen Filme mittelmäßig bis schlecht und bestenfalls als Gelddruckmaschinen oder Hollywood-Star-Vehikel akzeptabel.
Dass sich mein Zorn nun ausgerechnet über "Familia Rodante" entlädt, ist unfair, zugegeben, und hat eigentlich gar nichts mit der kleinen argentinischen Familien"komödie" zu tun. Denn diese ist so unbedeutend, dass sie noch nicht einmal als Aufreger taugt. Sie ist weder besonders gut, noch besonders schlecht. Man kommt aus dem Kino und hat den Film gleich wieder vergessen. Die Inhaltsangabe liest sich ganz lustig, aber das als quirliger Generationen-Mix gemeinte rustikale Road-Movie steuert im Gegensatz zum zentralen Wohnmobil im Film in keine Richtung.
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20.02.2006
Mag sein, dass "Der rote Kakadu" daran krankt, dass er die Geschichte in doppeltem Wortsinn ganz aus Sicht des Westens erzählt, wie die taz bemängelte. Dumm auch, dass man zwei der drei Hauptdarsteller mit Jung"stars" West besetzte, statt sich mal ein bisschen auf den Schauspielschulen umzusehen. Das kritisiert hauptsächlich die Branche Ost. Und der Dresdner lacht über kleine Fehler wie das Vorbeidampfen eines modernen Elbschiffes im Hintergrund.
Man kann das verschmerzen. Nicht hinwegsehen kann ich darüber, dass Dominik Grafs neuer Film ganz schlicht und einfach langweilig und uninteressant ist. Die lahme Ménage à trois könnte vor jedem beliebigen Hintergrund stattfinden. Ob Rock 'n' Roll in Dresden, Mauerbau in Berlin oder Reisernte in China.
Schade um die tollen Dresdner Locations.
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19.02.2006
Das "Tor zum Himmel" scheint für die bunt zusammengewürfelte Truppe von legalen und illegalen Einwanderern der Frankfurter Flughafen zu sein. Wahrlich: Eine Stadt, eine Welt, für sich.
Die Illegalen leben hier verborgen unter den Terminals und benutzen Gepäckbänder als Transportmittel. Das hat ein bisschen was von Jeunet/Caros Vegetariern in "Delicatessen". Ähnlich bizarr geht es auch in dieser teilweise surrealen Seifenoper zu. Allerdings weit weniger gut.
Der eine schraubt sich heimlich ein eigenes Flugzeug aus geklauten Teilen zusammen, für den anderen sind auf dem Rollfeld auftauchende Ziegen eine Gottesbotschaft und die Hauptdarstellerin träumt in Bollywood-Musicaleinlagen von einem Leben als Stewardess.
Dieser deutsche Film verliert sich zwischen den verschiedenen Genres, kann sich nicht entscheiden, ob er nun Farce oder Liebesfilm sein will, Komödie oder doch lieber die Abschiebepolitik kritisieren will.
Veit Helmers Erstling "Tuvalu" war eine Offenbarung. "Tor zum Himmel" kann da leider nicht mithalten.
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19.02.2006
Ein großer Kostümfilm ist diese Shakespeare-Verfilmung. Eigentlich gilt "Der Kaufmann von Venedig" als Komödie und es kommen sogar die üblichen Shakespeare'schen Frau/Mann-Kostümierungen zum Einsatz. Aber ansonsten ist Michael Radfords Werk tief-düstere (etwas überlange) Tragödie mit hervorragenden Darstellern. Nur Jeremy Irons bleibt in seiner Rolle etwas blass.
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11.02.2006
Kino ist Magie, Genuss, Trost, Belehrung, Märchen und Träumen. Etwas, das diejenigen, die sich Filme aus dem Internet laden und ruckelnd auf ihrem Laptopmonitor anschauen, wohl nicht begreifen.
Die alten Herrschaften im Film, die sich beinahe täglich im 1911 erbauten "Bellaria"-Kino in Wien einfinden, um ihre Ufa-Stars Zarah Leander, Johannes Heesters oder Marika Rökk in alten Filmen anzuschmachten, wissen das.
Ähnlich wie die sehr gelungene Dokumentation "Cinemaniacs" porträtiert "Bellaria" die fleißigen Kinogänger als schrullige Freaks. Auf den ersten Blick liebenswert, auf den zweiten Blick mehr als sonderbar: Da werden dumpfe Fremdenfeindlichkeit, abstruse Weisheiten und überholte Weltbilder zum Besten gegeben und der fast 80-jährige Filmvorführer schwärmt vom heute ausgestorbenen "Vorkriegs-Charakter" und von einer Zeit, als jeder noch einen militärischen Rang hatte.
Die porträtierten Alten leben allesamt in der Vergangenheit. Reichlich morbide ist "Bellaria" und der Wiener Schmäh passt dazu. Eine interessante, wenn auch seltsam anmutende, Dokumentation.
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Sternenkriege und Weißer Terror
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Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
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