Up in the Air
USA 2009, Laufzeit: 110 Min., FSK 0
Regie: Jason Reitman
Darsteller: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman, Danny McBride, Melanie Lynskey, Amy Morton, Sam Elliott, Zach Galifianakis, J.K. Simmons
Göttern gleich
Matt513 (266), 20.08.2015
Ryans Art zu leben hat etwas seltsam Gottgleiches. Über den Dingen dahinschwebend (was Reitman stets mit entrückten Draufsichten von Ryans nächstem Ziel begleitet), zwischen Wolken zu Hause ("ich lebe hier" - Ryan in der Business Class beim Empfang seiner 10-Millionen-Meilen-Karte) entscheidet er über irdische Schicksale, beendet Lebensgeschichten, gleist neue auf. Eine wunderbare Vorstellung? Ihm gefällt's, gleichwohl sein Dasein abseits von allem stattfindet, was man als menschliches Leben bezeichnet.
UitA war weiland Geheimtipp bei den Oscars und hätte wahrlich mehr verdient gehabt als bloß 6 Nominierungen. Darunter für alle drei Hauptdarsteller, was für sie selbst sowie für die Regie spricht. Hire and fire, das Schwungrad des US-amerikanischen Jobwunders, ist gleichzeitig seine grausame Kehrseite. Keine Gewinner ohne Verlierer; wehe den letzteren. In einem Land, in welchem das Wohl der Familie, die Rate fürs Haus, fürs Auto, die teure Ausbildung der Kinder am College, durch langfristige finanzielle Planung abgesichert sein will, kommt der Jobverlust schnell einem gesellschaftlichen Totalschaden gleich. Reitman schafft den Spagat, über dieses höchst unpopuläre Thema einen ehrlichen, sehr gut anschaubaren Film zu machen, frei von Pathos oder Moralinsäure. Hinter den Angestellten, die Ryan und Natalie an die frische Luft befördern, verbergen sich teils echte Schicksale - Reitman besetzte im wirklichen Leben Gefeuerte und gab so ihrem Leid ein Forum.
Das Bild wird jedoch erst durch den Blick auf die andere Seite des Tisches rund. Jene anzug- bzw. kostümtragenden Agenten des der Rationalisierung verschworenen Systems, welche neben der Erfüllung ihres Auftrags eines stets im Blick haben - mindestens einen hinter sich zu wissen, den die Hunde beißen werden. Das Wissen um die kalte Logik dieses Systems, besser Du als ich, macht die Seele hart. Tief im Inneren einsam, betäuben Vielfliegerprogramme und Priority Check-ins menschliches Gefühl. Zufrieden ist man, glücklich nicht. Und vor herben Enttäuschungen gefeit sowieso nicht. Indes droht auch mal einem gottgleichen Ryan der Sündenfall; herabzusteigen vom Olymp der selbstvergessenen Distanziertheit, der Schwester ein Bruder, dem Love Interest ein Longtime Companion, seinen Mitmenschen Mensch zu werden. Pah! Immerhin in Teilen kommt der Film zu einem versöhnlichen Ende.
Klein aber fein
Bijan (32), 25.07.2010
Hier werden keine großen Töne gespuckt, sondern leisere Töne angeschlagen, die umso tiefer gehen. Ein unterhaltsamer, cleverer Film mit starken Darstellern und interessanten Denkansätzen.
Kreisende Aasgeier
Das Auge (340), 07.03.2010
Wer sein Geld damit verdient, dass er eine schmerzhafte Dienstleistung vollbringt, muss sich nicht wundern, dass er einsam bleibt. Kein normaler Mensch kann so etwas tun ohne selbst Schaden zu nehmen. Also ihr FDP-Helden und Unternehmensverbrater: aufgepasst.
Daher entscheidet sich die junge Berufsanfängerin klugerweise dann doch anders. Der Alte kann seine Gewohnheiten nicht lassen und ist gefangen in einer seltsamen Rekordjagd. Sammler sind schon halbtot, sie merken es nur nicht. Ein guter Film über die Sachen, die von der Liebe ablenken, also dem eigentlichen Lebenssinn.
Über den Wolken...
mobile (174), 06.03.2010
Ich hatte mich schon lange auf diesen Film gefreut und wurde nicht enttäuscht :-) Vor allem das Ende fand ich interessant. Typisch amerikanisch war dann aber doch, dass die Familie soooooo hochgehalten wurde. Warum nicht ohne Ehepartner und Kinder glücklich werden? Man muss ja nicht gleich zum Einsiedler werden und es lassen sich auch noch andere Ziele im Leben finden außer Flugmeilen...
Der Abdecker
Unser (26), 06.03.2010
Elegant, sauber, stilvoll, so ist die Welt, durch die in der die Business Armada sich zielsicher mit ihren Rollkoffern bewegt. Der Trolley ? natürlich im Standardformat, das noch als Handgepäck durchgeht und einem das mühselige Gepäck ein- und auschecken erspart ? enthält all das, was man wirklich braucht zwischen Flughafen, Hotel und Business-Termin ? und das ist nicht viel. Tiefe und dauerhafte Beziehungen gehören nicht dazu; man holt sich seine Dosis an Freundlichkeit und Zuwendung beim hierfür gut geschulten Personal und den Sex bei den anderen einsamen Seelen, die einem in der Hotelbar begegnen. Die Hierarchie unter den gleichmäßig gut angezogenen und Frisierten ist über Status- und Bonus-Karten klar geregelt, so dass man aus der Business-Lounge mitleidig auf die am Terminal wartenden schaut und aus der First-Class eigentlich auf fast alle Anderen. Ryan Bingham ist in dieser Hinsicht (fast) ganz oben angekommen und behält seine 30.000 Fuß Abstand auch am Boden bei. Aus der Nähe die Dinge zu kompliziert, irgendwie unsauber und klebrig.
Wer sollte so einen charmanten Überflieger spielen, wenn nicht George Clooney, der in seinen besten Szenen grinst wie weiland Josef A. Er ist der Charon, der die armen Seelen über den Fluss geleitet, der hier nicht Styx heißt, sondern euphemistisch Freisetzung und doch für einige derselbe ist. So einen Job kann auf die Dauer nur jemand mit genügend innerem Abstand machen, und so passt für Ryan das eine und das andere zusammen. Dieses funktionierende System kriegt Risse, als das Leben Ryan ein paar teilweise unsanfte Bodenkontakte verschafft. In diesen Phasen verändert der Film auf wunderbar subtile Art seine Perspektive, die Farben werden wärmer und er rückt näher an die Personen heran. Es ist ein Genuss, der sehr schönen bildhaften Umsetzung des Filmthemas zu folgen. Die Hauptfigur ist auf interessante Art ambivalent, so dass wir ihn gleichzeitig bewundern, beneiden und bedauern. Sein ? dann auch noch gefährdeter ? Vielflieger/Abdecker-Job ist eine herrlich sarkastische Parabel auf neoliberale Effizienz-Religionen. Es bleibt die Frage, wie jemand mit Ryans Begabungen in so einem Job landen konnte ? glücklich, wer sich die Frage selbst noch nicht stellen musste.
Yepp -
h5n1 (15), 06.03.2010
ein guter Film, schön gespielt und aktuell. Was wir nicht alles in unsere Rucksäcke packen *g*
Zeitgemäß,
Cinemoenti (173), 05.03.2010
klug, unterhaltsam, berührend, aktuell... für mich eine frühe Perle in meinem Kinojahr.
Über den Wolken
otello7788 (554), 05.03.2010
Im Prinzip wird eine simple Story erzählt. Erfolgreicher Soziopath lernt tolle Frau kennen, die ihn wieder Mitgefühl empfinden läßt. Aber wie schon "Juno" (Teenager wird beim ersten Sex schwanger und behält Kind) zeichnen sich Reitmans Filme durch eine sehr präzise und glaubhafte Personendarstellung aus. Oder um es anders zu formulieren: Der Film ist erfreulich unamerikanisch, weil auf die gängigen Klischees verzichtet wird. Clooney ist für mich der Oscarfavorit, wobei ich Jeff Bridges in "Crazy Heart" noch nicht gesehen habe. Aber auch beide Frauen sind zu Recht für die beste Nebenrolle nominiert.
Sehr amerikanisch
woelffchen (597), 11.02.2010
George Clooney, alias Ryan Bingham, beherrscht mit seinem Charme, seiner Eleganz und seinem Flair diesen Film so perfekt wie seit Gary Grant kein amerikanischer Schauspieler mehr.
Er ist im Film "ein Vollstrecker mit menschlichem Antlitz, der von den Verhältnissen nichts weiß, die er mit seinem Job herzustellen hilft; eine blendende Charaktermaske, die für kurze Zeit das System hinter ihr verschwinden läßt" (FAZ).
Letztlich aber auch ein schönes Plädoyer für ein bürgerliches Leben mit Familie und fester Beziehung.
Der Film geht schnell ab und ist ein bißchen dialoglastig, aber dennoch ein wahrer Genuß.
Ray ist dauernd unterwegs
Liebster (33), 08.02.2010
Der Kino-Besuch "Verdammnis" war geplant. Da der Hauptfilm aber schon begonnen hatte, landete ich nolens volens in "Up and away". Ich wollte doch mal sehen, ob an Clooneys Schauspielkunst was dran ist.
Was macht George also in dem Film?
Er spielt Ray.
Ray ist der coole Erfolgsmensch, der weder in sich selbst noch anderswo zuhause zu sein scheint. Er hat ein Ziel: 10.000 Flugmeilen zu erreichen. Das ist eine Marke, die er dann mit 7 Menschen auf der Welt teilt. Fliegen, Hotelaufenthalte, Koffer ein- und auspacken, all das ist seine Welt.
Sein Arbeitstag besteht daraus, Angestellte mit der Tatsache zu konfrontieren, dass ihre Stelle gestrichen ist. Diese unangenehme Seite des Mitarbeiter-Gespräches schieben Auftraggeber gerne ab. Ihn selbst tangiert das Gespräch kaum, er wickelt das Ganze auch im Sinne der amerikanischen Juristerei ab.
Sein Arbeitgeber stellt eine junge Kollegin ein, die die Idee mitbringt, derartige Gespräche virtuell, d. h. ohne die zahlreichen Außendienstler, abzuwickeln.
Ray soll sie einarbeiten. Dabei prallen ihre Ansichten aufeinander.
Ray macht eine zweite Damenbekanntschaft. Diese Dame fliegt ebenfalls für ihren Arbeitgeber durch Amerika. Es kommt zu Treffs zwischen den Flügen, das Publikum im Parkett bekommt einen Hauch von nicht vollzogenem Telefonsex zu sehen.
Die beiden gehen gemeinsam zu einem Hochzeitsfest in Rays Familie. Ray geniesst die Gesellschaft seiner neuen Flamme. Er erkennt die Wichtigkeit einer "Heimatadresse".
Die junge Mitarbeiterin erkennt die Grenzen des Virtuellen.
Zum Schluß des Films wünschen wohl alle im Parkett, dass der coole Ray lernt mit der Enttäuschung umzugehen, die gegen Ende des Films auf ihn wartet.
Sympathisch isser, der Ray. Der George auch.
Wer in einen Film mit GC geht...
fromentum (23), 03.02.2010
...hat eine 80-Prozent-Chance auf einen unterhaltsamen Streifen mit zeitkritischem Script.
Clooney spielt einen coolen Outsourcer, der im Laufe seiner vielen Millionen Flugmeilen seine eigene Identität outgesourct hat. Funktion und Effizienz hinterlassen jene Leere, die einen dazu bringt, erschöpfende Detailkenntnisse über Reiseroutinen, Autovermieter, Flughäfen und Miles-for-More-Goodies anzulegen. Manches davon wird dem männlichen Publikum Freude bereiten; die Damen werden Genugtuung empfinden, wie Georgie Opfer einer Dame wird, die ein Doppelleben pflegt, das man eher der männlichen Domäne zugeordnet hätte. Das alles ist nett und unterhaltsam, nicht mehr; die vielen Entlassungsgespräche haben die Dialogschreiber zu beachtlicheren Leistungen angespornt; hier schlägt das Herz des Filmes, und der Held zieht weit darüber nur als verwehender Kondensstreifen vorbei.
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