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Solino

Solino
Deutschland 2002, Laufzeit: 124 Min., FSK 12
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Barnaby Metschurat, Moritz Bleibtreu, Antonella Attili, Gigi Savoia, Patrycia Ziolkowska

"Dat iss jetz wech" heißt der Kurzfilm, den Gigi drehen wird und mit dessen Szenen Fatih Akin seinen "Solino" eröffnet, um gleich beider Filme Themen zu verorten: die Bedeutung von Heimat und die Veränderung der Lebenskoordinaten im Laufe der Zeit. Während Gigi in seiner ersten Filmarbeit den brüchigen Lebensinhalt eines Hochofenarbeiters porträtiert, verfolgt Akin ("Kurz und schmerzlos", "Im Juli") in seinem dritten Kinospielfilm in drei Abschnitten über 20 Jahre die Geschichte der vierköpfigen Familie Amato, die 1964 ihr italienisches Heimatdorf Solino verlässt, um zwischen Kohle und Stahl in Duisburg ihr Glück zu suchen. Damals war der Pott noch fest in Friko-Hand, und die Idee der Amatos, für ihre Landsleute in der Fremde die erste Pizzeria im Ruhrgebiet zu eröffnen, erweist sich als erfolgreich, nicht allein wegen Mama Rosas Pasta. Der geschäftstüchtig aufgestellte Fernseher lockt auch Urgesteine ins ungewohnte Ambiente. Zehn Jahre später ziehen die Söhne Gigi und Giancarlo (Moritz Bleibtreu mit Bademattenplüsch als 70er-Jahre-Haupthaar) mit ihrer gemeinsamen Jugendliebe Jo in eine WG und eine von rauschhaften Parties und Bruderbuhlereien begleitete Zeit. Gigi, cineastisch infiziert seitdem einst eine italienische Filmcrew die heimische Pizzeria zum Stammlokal auf Zeit machte, dreht seinen ersten Kurzfilm - mit Folgen für die schwelende Rivalität der Brüder, die auch zehn Jahre später noch ihr Leben bestimmen. Mit dem Drehbuch von Ruth Toma, deren Schwiegereltern seinerzeit eben diese gastronomische Geschäftsidee umsetzten, gelingt Fatih Akin eine einnehmende, nicht ohne Witz erzählte Einwandererfamiliengeschichte, in der die zermürbende Isolation der Mutter geschickt atmosphärisch durch ihr Leben in der im Keller installierten Restaurantküche vermittelt wird und vor allem die beiden Söhne ihre Wurzeln zwischen zwei Heimatländern finden müssen. Fast beiläufig zeichnet Akin dabei ein stimmig lokalkoloriertes Gemälde der Zeitgeschichte im Ruhrgebiet. Zweisprachig gedreht erstreckt sich sein Anspruch auf Authentizität liebevoll bis ins sprachliche Detail, verweist mal auf die zügige Wortschatzerweiterung um das so hilfreiche Idiom "und sowat", mal auf die Bedeutsamkeit der vibrierenden Aussprache von "Amore". Auch Sprache ist ein Stück Heimat. Letztendlich aber ist sie immer dort zu finden, wo das Leben mit "Feuer und Leidenschaft" geführt wird, ganz der Weisheit entsprechend, die der inspirierende Filmregisseur dem kleinen Gigi einst mit auf den Lebensweg gab.

(Kirsten Dyrda)

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