Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes
Italien, Schweiz, Deutschland, Frankreich 2018, Laufzeit: 96 Min., FSK 0
Regie: Wim Wenders
>> upig.de/micro/papst-franziskus
Unmittelbare Einblicke in das Wesen des Papstes
Haltung statt Gleichnis
„Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ von Wim Wenders
Der Kritik sei voraus geschickt, dass der Autor, evangelisch getauft, schon lang aus der Kirche ausgetreten ist. Die Arroganz vieler Christen, die ihn als „geistig arm“ bemitleiden, weil er sich seinen eigenen Reim auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest macht, anstatt wie Millionen andere auf eine vorgekaute Idee aufzuspringen, widern ihn bis heute an. Die Päpste hatten ihn nie erreicht. Doch dann kam Papst Franziskus, und zum ersten Mal wurde der Autor hellhörig. Weil er das Gefühl hatte, dass dieser Papst den Menschen zuhört. Weil der Papst authentisch wirkt. Und nicht zuletzt, und das untermauert dieser Film: weil er sehr gern und herzlich lacht.
Und das ist dann auch die Stärke dieses Films: Papst Franziskus öffnet sich hier im Gespräch, sehr persönlich, sehr direkt. Als Mensch, nicht als Missionar. Es ist nicht abzusehen, inwiefern der Klerus, der von seinem Oberhaupt für Raffgier und „geistliches Alzheimer“ beschuldigt wird, künftig zur Demut findet und seine Botschaft weiter tragen wird. Allein deshalb schon ist dieser Film von Wim Wenders so wichtig, macht er damit doch vielen Menschen schon jetzt die Hinterlassenschaft dieses besonderen, weltoffenen Kirchenoberhaupts nachhaltig zugänglich.
Im Jahr 2013 wurde Wenders vom Vatikan zu einem Filmprojekt über den neuen Papst angefragt, und dem Regisseur wurden bis in den finalen Schnitt alle Freiheiten zugesprochen. Wenders und Papst Franziskus führten vier Gespräche. Zusätzlich inszenierte der Filmemacher mit einer historischen Handkurbelkamera Reenactment-Szenen, die das Wirken von Franz von Assisi, dem Vorbild des Papstes, illustrieren und den Film charmant rahmen. Außerdem sehen wir den Papst auf seinen Reisen, im Migrantenlager, vor der UNESCO, im Katastrophengebiet, vorm US-Senat. Vor allem aber hören wir Franziskus zu und erleben einen wachen, belesenen, gesellschaftspolitisch engagierten Mann mit Weitblick. Brennende interne Konflikte, von den unzähligen sexuellen Übergriffen bis zur Haltung zu Homosexuellen, bleiben dabei nur sehr vage behandelt. Was aber zählt und bleibt, ist das Gesamtbild. Das Bild eines geistlichen Oberhaupts, das weder predigt noch belehrt. Ein Papst, der im Jetzt lebt. Ein Papst, der zuhört.
Jetzt müssen ihm nur noch die Menschen zuhören. Wenn sich die PolitikerInnen im US-Senat, die Papst Franziskus zu Vernunft und Verantwortung gemahnt, nach fast jedem seiner Sätze hohl und hysterisch zu Standing Ovations hinreißen lassen, wenn man weiß, dass sie dabei nichts von dem Gesagten auch nur ansatzweise beherzigen werden, dann kommen grundsätzliche Zweifel auf. Dann wird offensichtlich, was der 81-Jährige meint, wenn er von einer „tauben Welt“ spricht. Papst Franziskus wendet sich an alle Menschen, und so ist es nur folgerichtig, dass dieser Film tatsächlich auch in allen Lichtspielstätten zur Aufführung kommt, vom Filmkunstkino bis zum Multiplex. Und fürwahr, der Kinosaal ist gut gewählt, eignet sich dieser Ort doch ganz besonders gut zum Zuhören.
(Hartmut Ernst)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24