Holy Motors
F 2012, Laufzeit: 115 Min., FSK 16
Regie: Léos Carax
Darsteller: Denis Lavant, Kylie Minogue, Edith Scob, Eva Mendes, Elise Lhomeau, Michel Piccoli
>> www.holy-motors.de
Surreale Parabel auf Leben und Kino
Traumwelt des Kinos
„Holy Motors“ von Leos Carax
Der Film fängt im Kino an: Ein alter Mann (Regisseur Leos Carax) wacht mitten in der Nacht in seinem Schlafzimmer auf und schließt mit einem aus seiner Hand herauswachsenden Werkzeug eine verborgene Tür in der Wand auf. Dahinter befindet sich ein Kinosaal – und der Film beginnt. So individualistisch das körpereigene Werkzeug des Mannes ist, so hermetisch ist Leos Carax’ neuer, lang erwarteter Film. In den letzten 20 Jahren hat Carax ganze drei Langfilme gedreht. Dabei fing der als verschlossen geltende Regisseur recht zügig an: Mit seinem Langfilmdebüt „Boy meets Girl“ erhielt er 1984 in Cannes gleich den Preis der Jugendjury. Nur zwei Jahre später legte er mit dem visuell ungewöhnlichen Noir-Krimi „Die Nacht ist jung“ nach. In der Hauptrolle spielte wie bereits beim Debüt Denis Lavant, für den weiblichen Part holte er die noch junge Juliette Binoche. Mit seinem dritten Film „Die Liebenden von Pont-Neuf“ gelang ihm 1991 der Durchbruch. Doch die Produktion der pompös inszenierten Liebesgeschichte – abermals mit Lavant und Binoche in den Hauptrollen – hatte sich nicht nur stark verzögert, sondern verschlang auch immense Summen. Immerhin: Der Film war zwar kein Kassenschlager, aber ein Kritikererfolg und machte ihn bekannt. Als 1999 mit „Pola X“ endlich der Nachfolger kam, erfüllte er nicht die Erwartungen – weder beim Publikum, noch bei den Kritikern. Seine visuellen Eskapaden, so die gängige Meinung, erstickten die Handlung. Seitdem gilt Carax unter potentiellen Geldgebern als rotes Tuch.
Was die visuellen Eskapaden betrifft, so lenkt Carax nach Jahren vergeblicher Finanzierungsversuche für das nicht realisierte Projekt „Scars“ mit seinem neuen, aus finanziellen Gründen digital gedrehten Film „Holy Motors“ nicht ein. Doch er zieht einen anderen Schluss aus der Vergangenheit und entfernt sich weit von den narrativen Konventionen des klassischen Erzählkinos. Sein Protagonist absolviert in unterschiedlichsten Episoden seinen Job als Darsteller – wird Banker, Familienvater, Sterbender, Mörder, Monster à la Mr. Hyde, Oberhaupt einer Affenfamilie oder Fantasy-Darsteller für Motion Capture. Denis Lavant, der als Monsieur Merde gewissermaßen elf Rollen – eine absurder als die andere – spielt, wird unterstützt von überraschenden Auftritten von Eva Mendes (deren Haare er isst), Kylie Minogue (die einen Gesangsauftritt hat) und Michel Piccoli. Die einzelnen Episoden sind eher additiv arrangiert, die innere Logik des Films erinnert an David Lynchs „Inland Empire“ oder den monumentalen Kunstfilmzyklus „Cremaster Cycle“ des Künstlers Matthew Barney, zu dem es auch deutliche ästhetische Parallelen gibt. Es gibt durchgehende Themen in „Holy Motors“, wie das Spiel von Rollen oder die Entkörperlichung im Fortschritt. Und es gibt verschiedene erzählerische Motive. Aber es gibt keine durchgehende Handlung. „Holy Motors“ ist ein brutales, urkomisches, anarchisches, surreales, und dabei höchst selbstreflexives Kino der Attraktionen. Völlig entgrenzt und dabei ebenso wild wie wunderbar.
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