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Good Bye, Lenin!

Good Bye, Lenin!
Deutschland 2003, Laufzeit: 120 Min., FSK 6
Regie: Wolfgang Becker
Darsteller: Daniel Brühl, Katrin Saß, Chulpan Khamatova, Maria Simon, Florian Lukas, Alexander Beyer, Burghart Klaussner, Franziska Troegner, Michael Gwisdek

Herbst 1989. Die DDR feiert ihren 40. Jahrestag. Familie Kerner lebt bieder-biestig in einem Ostberliner Plattenbau. Mutter Kerner (Katrin Saß) ist aufrechte Anhängerin des Gedankens einer gerechten und sozialen, zur Not auch sozialistischen Gesellschaftsordnung. Sohn Alex (Daniel Brühl) hat die Zeichen der Zeit bemerkt. Sein Vater hat sich schon früh nach Westen abgesetzt. Für Alex und seine Schwester Ariane (Maria Simon) wird sich daraus nach dem Mauerfall noch ein ganz besonderes Drama ergeben. Aber im Moment gilt Erich Honeckers Maxime "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf" (Originalzitat), wofür sowohl Alex als auch Michail Gorbatschow nicht mehr allzu viel Verständnis haben. Es geht zu Ende mit dem Stasi-Staat. Hunderttausende gehen auf die Straße und rufen "Wir sind das Volk!" Als Frau Kerner in eine Demonstration mit Polizeieinsatz gerät und dort ihren Sohn erblickt, traut sie ihren Augen nicht und erleidet eine Herzattacke. In der Hektik wird sie zu spät versorgt, fällt ins Koma und verpasst dadurch die folgenden acht Monate: genau die turbulente Zeit der Grenzöffnung, des Sturzes des DDR-Regimes, der Wiedervereinigung. Und auch, dass sich Daniel in die russische Krankenschwester Lara (Chulpan Khamatova) verliebt. Ausgerechnet bei ihrem ersten zaghaften Versuch, sich zu küssen, wacht die Mutter wundersamer Weise aus ihrem Tiefschlaf auf. Die Ärzte warnen Alex, den sehr fürsorglichen Sohn, dass man von nun an jegliche Aufregung für Frau Kerner absolut vermeiden muss. Und was wäre die eine entscheidende, vielleicht todbringende Aufregung fürs Mutterherz: das Wissen darum, dass das Bollwerk gegen westliche kapitalistische Kälte, Dekadenz und Konsumherrschaft, diese DDR-Welt, die für sie noch in Ordnung war, nicht mehr gibt! Ab hier beginnt der eigentliche Film, die zum Teil wahnwitzig komische Geschichte vom Sohn, der alles daran setzt, für die Mutter die Selbsttäuschungen der Vergangenheit aufrecht zu erhalten und das Rad der Geschichte in ihrem Krankenbett zuhause für immer anzuhalten. Da wird von allen Beteiligten, den Familienmitgliedern, Nachbarn und ehemaligen Arbeitskollegen, gespielt und inszeniert, dass es nur so an allen Ecken und Enden kracht. Rührend, wie Alex die Lebensmittel aus dem jetzt gut sortierten Supermarkt in alte Behälter und Packungen umfüllt. Gut auch, dass Alex¹ Freund Denis (Florian Lukas) leidenschaftlicher Amateur-Videofilmer ist, und die Mutter, die das neue West-Fernsehen nicht sehen darf, stets mit getürkten Nachrichtensendungen bei Laune hält. Plötzlich sind dank neu eingespielter Texte ­ Denis spielt selbst den adretten DDR-Fernsehsprecher - die Menschen auf der Mauer BRD-Flüchtlinge, die nach Ost-Berlin wollen, weil es hier so menschlich und solidarisch zugeht. Brillante Szenen, die Witz und Tiefe zugleich haben, weil sie Manipulierbarkeit und die Sehnsucht nach Wunschbildern und Illusionen wunderbar zusammenbringen. Der neue Film von Wolfgang Becker, fünf Jahre nach "Das Leben ist eine Baustelle", ist ein facettenreiches Zeitbild, eine unterhaltsame Studie über Geschichte und ihre Alltagsverwobenheit, aber in erster Linie eine unterhaltsame deutsch-deutsche Komödie, die vor allem durch hervorragenden Schauspielerleistungen besticht.

(Heinz Holzapfel)

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