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Die Träumer (2003)

Die Träumer (2003)
Großbritannien/ Frankreich/ Italien 2003, Laufzeit: 130 Min., FSK 16
Regie: Bernardo Bertolucci
Darsteller: Michael Pitt, Louis Garrel, Eva Green, Jean-Pierre Kalfon, Anna Karina, Jean-Pierre Léaud

"Der letzte Kaiser" (1987), "Der letzte Tango" (1972), "Die Tragödie eines lächerlichen Mannes" (1981)... Bernardo Bertoluccis besonderes Interesse zielt auf fragile Zustände am Rande des Kollaps. "Die Träumer" speist sich zusätzlich noch von dem Konflikt, den keiner klarer als der von ihm verehrte Luchino Visconti ins Zentrum seiner Filme stellte: die Unvereinbarkeit von Hochkultur und politischer Realität. Während die Pariser Studenten heftig gegen die Entlassung des Direktors der Cinemathèque durch den Kulturminister Malraux protestieren, führt das Geschwisterpaar Isabelle und Theo ein Doppelleben zwischen politischem Engagement und kultivierter Versenkung in Bücher und Filme. Kaum wird es Zufall sein, dass gerade die Schließung der Traumfabrik Cinematèque zum Initiationspunkt einer wilden Rebellion wird. Gewagte Träume sind es, um die nicht nur das Leben der nervösen Geschwister kreist, die sich ihre eigene, abgekanzelte, inzestuöse Welt geformt haben: der Traum von der alle Tabus sprengenden sexuellen Freiheit, die von der Nouvelle Vague vorgeprägte Utopie der Verbindung von Kunst und Leben und der politische Aufbruch zu einer besseren Welt jenseits nationaler Grenzen und sozialer Ungerechtigkeit. In ihr labyrinthisches Universum nimmt das Geschwisterpaar den ebenso schüchternen wie subtilen amerikanischen Studenten Matthew auf. In ihm erkennen sie die lang gesuchte Person, die an ihren Ritualen teilhaben darf. Matthew ist zunächst fasziniert von den gefährlichen Spielen. Doch er bleibt luzid gegenüber der Gefahr des unaufhaltsamen Übergangs einer erotisch emotionalen Experimentierlust zu unkalkulierbaren Tableaus der Grausamkeit, die schnell zu mörderischen Aktionen sich transformieren können. Bertolucci beschreibt die Schönheit der Revolte, ohne die narzisstischen Schattenseiten zu leugnen. Er zeigt die naive, doch aus berechtigtem Unwillen geborene 68er Borderline-Generation, der er selbst angehörte, geprägt durch den frühen Einfluss Pasolinis. Im sinnlich erotischen Kosmos, durchrauscht von den Klängen Janis Joplins, Bob Dylans, Jimmy Hendrix' und den Doors, lässt er Edith Piaf das letzte Wort: "Je ne regrette rien" (Ich bedauere nichts).

(Dieter Wieczorek)

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