choices: Herr Bresser, vor welchen Herausforderungen steht das Woki durch die Corona-Krise?
Felix Bresser: Natürlich stehen wir als Wirtschaftsunternehmen vor ähnlichen Herausforderungen wie viele andere Unternehmen. Für alle sind die Aufgaben, die momentan zu bewältigen sind, komplett neu, und wir sind gerade dabei uns zu sortieren. Wir haben von einem Tag auf den anderen keine Einnahmen mehr, dennoch laufen viele Fixkosten wie gewohnt weiter. Zurzeit kümmern sich meine Kollegen Vincent und Tobias darum, dass wir unsere Kosten auf ein Minimum beschränken und wir unser Kino überhaupt wiedereröffnen können. Wir betrachten die momentanen Entwicklungen mit großer Sorge. So ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, wann wir unser Kino wieder öffnen dürfen. Zusätzlich dazu haben viele Filmverleiher ihre Filme verschoben, so dass wir nicht wissen, ob wir zu unserem Eröffnungstermin auch wirklich neue Filme zeigen können. Die Folgen der Corona-Krise sind branchenweit spürbar. Allein für die Kinos in Deutschland bedeutet die momentane Situation wöchentlich Kosten von circa 17 Mio. Euro. Die Filmverleiher, welche den Kinos die Filme vermieten, haben große Einbußen, müssen Produktionen abbrechen und haben teilweise Unsummen für die Bewerbung ihrer Filme investiert. All dies wird dazu führen, dass die Filmbranche noch lange Zeit mit den Nachwirkungen der momentanen Situation zu kämpfen hat.
Einige Theater und Konzerthallen arbeiten bereits mit Online-Streaming - welche Maßnahmen stehen für das Woki für die nächsten Wochen im Raum?
Uns ist es in erster Linie wichtig, dass wir den Kontakt zu unseren BesucherInnen nicht verlieren, daher sind wir täglich in den sozialen Medien aktiv. Die Idee, sich mit VoD-AnbieterInnen zusammenzutun, kommt für uns momentan nicht in Frage. Die Lebensrealität zeigt uns deutlich, dass viele unserer BesucherInnen bereits Abonnements bei diversen Anbietern abgeschlossen haben und wir möchten vermeiden, dass mit den Daten unserer Kunden weitere Geschäfte gemacht werden. Wir planen gerade eine Reihe von Maßnahmen, wie uns Unterstützungswillige aushelfen können. Sobald wir passende Lösungen gefunden haben, werden wir diese unseren BesucherInnen präsentieren. Allerdings ist es in erster Linie unser Wunsch, dass vor allem diejenigen unterstützt werden, die es noch härter trifft als uns. So bekommen zum Beispiel die „Tafeln“ momentan keine Lebensmittel mehr und viele BürgerInnen leider unter der Situation.
Was sind eure größten Befürchtungen angesichts der aktuellen Lage?
Dass die Krise noch lange andauern wird. Jede Woche der Schließung kostet die Kinos in Deutschland unheimlich viel Geld. In einer Branche, in der viele kleine Kinos bereits vor der Krise auf Fördergelder und Unterstützung angewiesen waren, könnte die jetzige Situation dazu führen, dass gerade die kleinen Kinos schließen müssen. In Deutschland sind 60 Prozent der Kinos unabhängig und gehören keiner Kinokette an, da wird es in der näheren Zukunft gerade für kleine Kinos sehr schwer werden zu bestehen.
Was kann jeder Einzelne tun, um Kulturbetriebe und Kulturschaffende in der kommenden Zeit zu unterstützen?
Natürlich kann man Kultur nicht essen, aber ohne die lebendige Kulturszene wäre Deutschland ein ganzes Stück ärmer. Die Kulturschaffenden machen unser Land lebens- und liebenswert. Gerade jetzt sind viele Kulturschaffende auf die Hilfe ihrer Mitmenschen angewiesen. Zur Zeit gibt es eine Petition, die alle Unterschreiben sollten. Darüber hinaus wäre es wichtig, sich – sobald es wieder möglich ist – wieder auf die Straße zu wagen und am kulturellen Leben teilzunehmen. Besucht Konzerte, geht ins Kino oder ins Theater. Bereits jetzt lassen sich für viele Kulturstätten Gutscheine kaufen, welche dabei helfen, die Liquidität der Unternehmen aufrecht zu halten.
Was geht euch durch den Kopf, in Hinblick auf die kommenden Wochen?
Wünschenswert wäre es, wenn die Bevölkerung die beschlossenen Maßnahmen ernst nehmen würde. Zurzeit sind noch zu viele Menschen auf den Straßen unterwegs und es wäre sinnig, wenn wirklich alle Menschen, die nicht zwingend vor die Tür müssen, zuhause bleiben würden. Es wäre zu begrüßen, wenn in den kommenden Wochen klare Signale seitens der Politik kommen würden. Hilfen müssen schnell und vor allem unbürokratisch zu beziehen sein. Natürlich machen wir uns große Sorgen um unsere KollegInnen und unser Kino, doch bisher hat unser Publikum bereits gezeigt, dass es kein Interesse daran hat, uns so schnell gehen zu lassen.
Open Petition: „Hilfen für Freiberufler und Künstler während des Corona-Shutdown“
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