Das Stoffmonster hat noch zahlreiche hautfarbene Stellen, doch einige scheinen schon ziemlich verschimmelt. Ob linkes Krümmelmonster oder Marxsches Gespenst des Kommunismus – das Darstellertrio kriecht beherzt in sein Inneres, um es zu animieren oder sich an alten ideologischen Kraftströmen zu wärmen. Tom Müller und sein Ensemble nähern sich in „Rosa Luxemburg“ der deutschen Revolutionärin, indem sie die bekannten Schlagworte von Revolution, Streik bis Gewalt umkreisen.
Doch schon bei der recht simplen Assoziation des Streiks mit Strom- oder Wellenmetaphern gehen Benjamin Kühni die Kolleginnen Hannah Krebs und Paulo de Queiroz von der Fahne. Seine Forderung „wir müssen uns ein bisschen organisieren“ problematisiert zwar die Frage des Kollektivs, beantwortet sie aber nicht für die Gegenwart. Also gibt er den Revolutionsanimateur mit Entspannungsanleitung. Die Frage der Gewalt wiederum wird mit einem Video des Faustschlags gegen den rechtsradikalen Altright-Aktivisten Richard B. Spencer bebildert. Man umspielt ironisch die Floskel „Gewalt ist keine Lösung“ ohne auch nur auf den Tod von Walter Lübcke oder den Protest gegen das endgültige Verbot von linksunten.indymedia zu verweisen.
Das Ensemble zitiert Texte der deutschen Revolutionärin (mit erheblichen Textunsicherheiten) und umgeht dabei die Frage nach ihrer Anwendbarkeit im Hier und Jetzt. Dafür wird oft und viel auf Musik und Werbung verwiesen – als Indikator wofür? Aufmerksamkeitsdefizit? Konsum? Oder man verdreht sich laokoonesk und fragt, ob sich so Sozialismus anfühle – so ist weder über Luxemburg etwas zu erfahren, noch auf Veränderung zu hoffen.
„Rosa Luxemburg“ | R: Tom Müller | 12., 13., 19., 20.3., 6. - 8.4. 20 Uhr | Theater im Bauturm | 0221 52 42 42
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