Ihre warnende Stimme verhallt ungehört. Obwohl Kassandra spricht, ruft, schreit und ihr Mund auf der Riesenleinwand im Depot 1 gefühlte 20 Meter breit ist. Sie beschreibt die unsäglichen griechischen Kriegsverbrechen, die diese Pseudo-Humanisten an den Trojanern begangen haben. Lucia Biehler inszeniert „Die Troerinnen“ nach Euripides, dieses brutale Antikriegsstück, das aus der Sicht der trojanischen Frauen deren Versklavung durch die Griechen beschreibt.
Der Abend ist als Installation (Bühne: Wolfgang Menardi) gestaltet: Während der eine Teil des Publikums den Warnungen Kassandras lauscht, durchstreift der andere mehrere Räume auf der Bühne, die retrospektiv ein leicht verkitschtes trojanisches Vorkriegs-Wohlstandsidyll in Weiß beschreiben: Die Frauen spielen mit Kindern, backen Brot, schreiben im Bett Briefe, werfen sich auf Sockeln in Pose (sind sich ihre eigene Göttin) und vollziehen im zentralen Atrium ein Ritual des Wasserschöpfens und Hände-Reinigens – Wohlstands-Ambivalenz.
Im letzten Teil bricht dann die Katastrophe herein: Die Raumtrennungen fallen donnernd herab, die trojanischen Frauen warten auf ihren Abtransport als Sklavinnen. Sie waschen die toten (Ehe-)Männer, offerieren sich verzweifelt als sexuelles Beutestück, räumen auf und kleiden sich schließlich in blutrote Schleier. Lucia Bihlers Inszenierung verzichtet weitgehend auf Text und gewinnt gerade daraus eine enorme Eindringlichkeit, die vom weiblichen Ensemble (plus männlicher Statisterie) beeindruckend klar und einfach umgesetzt wird. Unbedingt ansehen!
Die Troerinnen | 3., 4., 9., 22.6. je 19.30 Uhr | Schauspiel Köln | 0221 22 12 84 00
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