Triangle of Sadness
Schweden, Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2022, Laufzeit: 149 Min., FSK 12
Regie: Ruben Östlund
Darsteller: Harris Dickinson, Charlbi Dean Kriek, Dolly de Leon
>> tickets.alamodefilm.de/triangle-of-sadness-de
Bissige Satire auf die Welt der Schönen und Reichen
Detailreiches Spektakel
„Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund
Im letzten Heft war der Episodenfilm „Das Glücksrad“ unser Film des Monats – trotzt der angeführten Kritik an dem Genre an sich, weil man sich immer wieder aufs Neue auf Figuren und Setting einfühlen muss und kaum Zeit für Nachgang hat. Ruben Östlunds neuer Film „Triangle of Sadness“ mutet auch ein wenig wie ein Episodenfilm an. Zumindest gibt es drei ästhetisch und räumlich sehr klar voneinander unterschiedene Kapitel. Dieses Triptychon wird aber von den beiden Hauptfiguren zusammengehalten: Carl (Harris Dickinson, „The King’s Man: The Beginning“; „Matthias & Maxime“) und Yaya (das Model Charlbi Dean) arbeiten als Models und sind ein Paar. Vielleicht ist es aber auch eher eine Geschäftsbeziehung, das ist den beiden selber nicht so ganz klar. Auf den Kanälen ihrer Social Media-Accounts steht ihre glückliche Liebe für die Außenwelt jedoch nicht in Frage – dafür sorgen sie regelmäßig mit vermeintlich privaten Fotos und Hashtags. Dass ihre Beziehung nicht so rund läuft, wie es scheint, zeigt sich nach einem Restaurantbesuch. Carl, der als männliches Model deutlich weniger verdient als Yaya, thematisiert, dass er es ist, der immer bezahlt. Der darauf folgende heftige Streit setzt sich bis ins Hotel fort.
Ortswechsel: Als erfolgreiche Influencer genießen Carl und Yaya kostenlos einen Trip auf einer Luxusyacht. Mit an Bord: Nerdige Oligarchen, freundliche Waffenhändler und unbeholfene IT-Millionäre. Außerdem ein stets betrunkener Kapitän, der gerne Marx zitiert. Als bei einem festlichen Dinner ein Sturm aufkommt, bleibt es nicht bei der üblichen Seekrankheit mit Kotzeritis. Das Schiff kentert, und einige Wenige – darunter Carl, Yaya und Abigail, die Chefin der Putzkolonne – landen auf einer einsamen Insel. Dort sind der Reichtum und die Schönheit der Gestrandeten nicht mehr viel Wert. Aber Feuer machen und Fischen sind plötzlich enorm gefragte Kenntnisse. Die besitzt aber nur Abigail (Dolly De Leon, die bereits mit dem philippinischen Ausnahmeregisseur Lav Diaz gearbeitet hat) von der Putzkolonne ...
Die drei Episoden des neuen Films des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund unterscheiden sich stark in der Tonart. Während der erste, autobiografisch geprägte Teil sehr realistisch und schlicht gehalten ist (laut Östlund hat sich die Szene genauso mit seiner heutigen Frau, der Modefotografin Sina Östlund, in Cannes zugetragen), entfaltet Östlund im mittleren Teil eine so deftige wie komische Satire auf Überfluss, Klassismus und die Menschlichen Beziehungen, die davon nicht unbeeindruckt bleiben. Östlund sprengt hier Grenzen, wie man es aus seinem letzten, vor fünf Jahren ebenfalls, wie „Triangle of Sadness“, mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Film „The Square“ kennt, wo ein festliches Dinner von einer aus dem Ruder laufenden aggressiven Performance zerlegt wird. Der dritte Teil wird dann wieder etwas ruhiger und entfaltet ein spannendes Gedankenspiel, mit dem der Film sämtliche Ökonomien auf den Kopf stellt. Aber auch hier bedient er – wenn auch auf eine sehr spezielle Art – komödiantische Aspekte. Mangelnde Deutlichkeit kann man Östlund in den beiden letzten Episoden indes nicht vorwerfen. Anders als in seinen vorherigen Filmen „Play“, „Höhere Gewalt“ oder „The Square“, ist recht schnell klar, was und wen wir da auf der Leinwand sehen. Eine Zurückhaltung oder auch Rätselhaftigkeit, wie man sie von seinen früheren Filmen kennt, weicht hier zunehmend einem brachialen Tonfall und einem derben Humor. Von der scheinbar plakativen Inszenierung sollte man sich aber nicht zu sehr blenden lassen. Östlund verwebt so viele Befindlichkeiten und Gegebenheiten der gesellschaftlichen Gegenwart in seine Filme, dass man sie im Detail hinter all dem Spektakel leicht übersehen könnte. Alleine das Spiel mit fragiler Männlichkeit, von Geld geprägten Machtstrukturen und moralischen Fallstricken macht einen wachen Blick hinter die grelle Oberfläche des Films lohnend.
Cannes 2022: Goldene Palme
(Christian Meyer-Pröpstl)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24