Sommer vorm Balkon
Deutschland 2005, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Andreas Dresen
Darsteller: Nadja Uhl, Inka Friedrich, Andreas Schmidt, Stefanie Schönfeld
Noch im Frühling dieses Jahres lief in unseren Kinos Andreas Dresens 'Winterfilm' "Willenbrock". Nun legt er bereits nach und bringt in diesem Winter den 'Sommerfilm' "Sommer vorm Balkon" in die Kinos. Ein Schnellschuss? Schnell musste es anscheinend gehen: Innerhalb weniger Monate wurde der Film inklusive aller Vorarbeiten abgedreht. Diese Spontaneität durchweht den gesamten Film auf positive Art. Dresen umkreist im Großstadtleben Berlins einige Individuen, die sich alle abstrampeln beim Versuch, irgendwie glücklich zu werden. Im Zentrum dieses Reigens, der vor allem in der Arbeiterklasse (sagt man das noch?) angesiedelt ist, steht die scheinbar leichtlebige Nike, die in allen Lebenslagen einen soliden schlechten Geschmack beweist, aber ein gutes Herz hat, und Katrin, die ihrem ehemals glücklichen Familienleben nun als allein erziehende Mutter mit Hilfe von Alkohol hinterher weint. Drum herum versammeln sich weitere Einsame aller Generationen: der Lastwagenfahrer Ronald, der sich als cooler Macho gibt, aber auch seine Schwächen hat; Katrins Sohn Max, der seinen ersten Liebeskummer durchstehen muss; Die Alten Oskar und Helene, die bei Nike um Aufmerksamkeit buhlen; Schließlich die Kellnerin der Stammkneipe, die dem tragischen Treiben aus der Distanz zusieht. Trotzdem ist es Dresen gelungen, nicht in ein Klagelied zu verfallen. Das liegt sicherlich auch am leichten Stil des Drehbuchs vom renommierten Autor Wolfgang Kohlhaase, der kongenial die Sprache der Straße eingefangen hat. Das liegt aber auch an Dresens lockerem Stil der Inszenierung, bei der der Spaß am Stoff in jedem Moment mitschwingt. Dresen hat zudem eine gelungene Mischung aus sozialem Realismus und Komödie gefunden. Eigentlich eine heikle Angelegenheit, deren Gefahren Dresen klug umschifft. Nie wirkt der Film überheblich. Im Gegenzug ist die soziale Realität aber nicht geschönt, sondern dringt sehr real in den Film ein. Denn etliche Szenen sind spontan unter Mitwirkung von Laien in ihrer eigenen 'Rolle' entstanden: auf der Straße, in der Suchtambulanz oder im Büro der Altenpflege. Selten hat ein Film so glaubhaft Härte und Humor für die Darstellung des alltäglichen Überlebenskampfes gegen die Einsamkeit in der Großstadt miteinander verbunden.
(Christian Meyer)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24