Nach der Hochzeit
Dänemark/Schweden 2006, Laufzeit: 125 Min., FSK 12
Regie: Susanne Bier
Darsteller: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgård, Sidse Babett Knudsen, Stine Fischer Christensen, Christian Tafdrup, Frederik Gullits Ernst, Kristian Gullits Ernst, Ida Dwinger, Mona Malm
Hungerhilfe contra Familie
Biggi (153), 14.02.2007
Ich habe dem Film in der ersten Hälfte gebannt gefolgt. Danach nervte der intensive Druck auf die Tränendrüse und die Ausdehnung dieser Szenen ins Unerträgliche. Der Schnitt hat keine gute Arbeit geleistet. Auch hier wäre weniger mehr gewesen.
Die Schauspieler haben hervorragend gespielt: meiner Meinung nach hat das ernste Spiel Mads Mikkelsens als Jacob mit seiner ambitionierte Botschaft die überzeichnete exaltierte Figur (nahe Slapstick) von Rolf Lassgard auf ein erträgliches Maß nivelliert. Auch die 2 Frauen haben mir sehr gut gefallen.
Den Vorwurf an Jacob gerichtet, nur Hilfe auf der anderen Halbkugel zu leisten und damit die Familie hängen zu lassen, fand ich voll daneben. Das sind unterschiedliche Größenordnungen, die nicht gegeneinander gestellt werden können. Gut die Szenen, die sich in Jacobs Kopf entscheidungsbildend abgespielt haben. Etwas versöhnt war ich am Schluss, dass der indische Junge eigene Vorstellungen vom Leben entwickelte. Insgesamt sehenswert aber oskarverdächtig???
nicht oskarverdächtig, aber sehenswert
ailun (15), 12.02.2007
Ein sehr intensiver Film, der vor allem aufgrund der close ups durch die Kamera auf Augen und andere Gesichtsteile der Protagonisten besticht und Vorahnungen auf die sich entfaltenden Geheimnisse zulässt.
Es ist vor allem dem hervorragenden, akzuentierten und nuancenreichen Spiel von Rolf Laasgard zu verdanken, dass der Film trotz aller Gefühlsmomente nicht in den Kitsch abrutscht.Wunderbar auch der Einstieg in den Film, der die Hingabe Jacobs (Mads Mikkelsen, ansonsten nicht herausragend) zu den indischen Jungen und dem dortigen Leben hautnah zeigt.
Dennoch offenbaren sich Mängel, die meines Erachtens eine Oskarverleihung verhindern werden, vor allem bei so prominenter und hervorragender Konkurrenz wie "Das Leben der anderen".: Da sind zuviele Drehbuchtricks wie der Seitensprung des frischgebackenen Ehemannes, der herhalten muß, um die neu entdeckte Vater-Tochter Beziehung zu tiefer entwickeln. Auch die Charakterentwicklung gelingt nicht bei allen Figuren gleich stark. Außerdem die grundsätzliche Frage oder Message des Films: die Familienprobleme in der westlichen Welt sind genauso schlimm/ schlimmer als die Belange der Menschen in der dritten Welt bzw. relativieren diese?
Dieser Film ist dennoch absolut sehenswert und wird sicherlich für gute Diskussionen sorgen, was bei anderen Familientragödien nicht immer der Fall ist.
Noch'n Bier?
woelffchen (597), 06.02.2007
"Nach der Hochzeit" ist in diesem Falle nicht "vor der Hochzeit" - und die möchte man sich auch gar nicht gerne antun - eine genügt! (Und es lag sicher nicht am Bier?!)
Der zunächst zweispurige Handlungsverlauf, der noch eine gewisse Spannung verspricht, kommt schnell zur Einspurigkeit, um dann den Versuch zu starten, mit allerlei Haken und Ösen und Tricks - auch bisweilen auf Kosten der Logik und immer mit viel Gefühl - bis hin zu postimpressionistischen Großaufnahmen, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Aber das gelingt ihm nicht - wenigstens nicht durchgängig.
Die Grundidee der Handlung ist nicht neu, was auch nicht unbedingt sein muß, aber sie wird überfrachtet mit einem Übermaß an Einfällen von Seiten des Drehbuchs, mit Ecken und Kanten und Kurven. Dabei dümpelt der Film stets an der Grenze zur Gefühlsduselei dahin und schafft es nicht, zu überzeugen.
Aus der schauspielerischen, meistens aufgesetzt und überzogen wirkenden Mittelmäßigkeit ragt bemerkenswert positiv Rolf Lassgard als Joergen heraus, Mads Mikkelsen ist hier weder Fisch noch Fleisch.
Nach einigen, z.T. euphorischen, Kritiken muß man sich fragen, wie es hier auch noch zur Oscar-Nominierung kommen konnte, tritt dieser Streifen doch in Konkurrenz zu z.B. "Das Leben der anderen" auf.
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