James Bond 007 - Leben und sterben lassen
Großbritannien 1973, Laufzeit: 121 Min., FSK 16
Regie: Guy Hamilton
Darsteller: Roger Moore, Yaphet Kotto, Jane Seymour, Clifton James, Bernard Lee, Lois Maxwell
Amüsanter, actionreicher Einstand von Roger Moore
Lebemann
"James Bond 007 - Leben und sterben lassen" von Guy Hamilton
John Barry pausiert. Und so swingt sich Roger Moore zur angenehm entspannt treibenden Musik von George Martin durch seine erste 007-Mission und hält es dabei gern gelassen. Roger Moore nimmt den Job als Agent Ihrer Majestät ebenso ernst wie Sean Connery. Auch in Sachen Stil nehmen sich beide nichts. Moore aber weicht die Figur auf, shakert ironisch statt zynisch zu bellen. James Bond ist jetzt auch Zigarre rauchender Lebemann. Und dieser Lebemann hat, so herbe er bei Bedarf sein kann, vornehmlich Spaß bei der Arbeit. Wem das nicht passt, der muss auf Daniel Craig warten, der näher dran an Connery ist als alle vor ihm.
Moore initiiert eine 007-Dekade, in der sich mit dem Held auch die Filme befreiter Ironie öffnen und für einen guten Witz gern mal auf Glaubwürdigkeit pfeifen. „Leben und sterben lassen“ bleibt indes fürs erste weitestgehend geerdet. Vornehmlich geht es hier um einen Drogendeal. Die Mission ruft 007 erst nach New York und dann nach San Monique, eine Insel in der Karibik, wo Bond der verlockenden Kartenlegerin Solitaire (Jane Seymour) näher kommt. Die führt ihren ersten Liebhaber am Ende zu einem Schurken mit zwei Gesichtern. Dr. Kananga (Yaphet Kotto) und Mr. Big (Yaphet Kotto). Mr. Hyde und Mr. Hyde.
Zwischendurch verschlägt es Bond noch nach New Orleans, wo er sich eine zwölfminütige Verfolgungsjagd mit Motorschnellbooten liefert. Die Sequenz bildet den Höhepunkt des Films. Eine atemberaubende Actionjagd, augenzwinkernd bereichert durch die zum wegschmeißen komischen Fluchtiraden von Sheriff J.W. Pepper (Clifton James). Davor und danach flüchtet Bond noch spektakulär mit einem Bus durch zu niedrige Brücken und mit dem Motorflugzeug durch zu enge Hangars. Nicht nur mit derlei Actioneinlagen untermauert das Agentenabenteuer, in welchen Breitengraden sich ein James Bond-Film mittlerweile bewegt. Dialoge, Typen, Darsteller. Bauten, Ausstattung, Schauplätze. Bild, Ton und Soundtrack. Essenzielle Bausteine, die souverän bedient werden und zugleich neue Maßstäbe setzen. Dazu ein Gleichgewicht an Witz, Drama und Spannung, bis hierher und noch weiter begründet durch die Romanvorlagen von Ian Fleming.
Mit dem Dienstantritt Roger Moores nimmt man nun augenzwinkernd Bezug auf die Vorgängerfilme und zitiert darüber hinaus ironisch zeitgenössische Beiträge anderer Genres. Verziert wird das Spektakel noch von allerlei Voodoozauber und einem dauergrinsenden Prothesenkiller. Und von Dumpfbacke Rosie, einer schwarzafrikanische Doppelagentin. Unterwürfig, abergläubisch, unprofessionell. Die der Agent vernascht, durchschaut und nochmal vernascht. Dumm schmeckt auch gut, weiß der Verführer aus dem Kolonialreich. So ist das nun mal: James Bond nimmt alles mit. Obwohl, sagen wir fast alles.
Rückblickend und mittlerweile zeitgemäß pc-geschult, bemühen wir uns hier wie auch bereits an anderer Stelle, den tendenziell antifeminin ausfallenden Geschlechterdiskurs unter 007 angemessen kritisch zu beäugen. Natürlich, Filme sind Kinder ihrer Zeit. Aber sie geben aus heutiger Sicht auch in den 70er Jahren schon Anlass zum Räuspern und Schämen. Und das, was James Bond hier mit Tarot-Braut Solitaire anstellt, ist schlichtweg schwer zu toppen: Die „Hohe Priesterin“ hat sich ihr Leben lang ihre Jungfräulichkeit aufgehoben, wodurch sie sich zugleich ihre seherischen Fähigkeiten bewahrt. James Bond zinkt kurzerhand ihr Kartenblatt und verklärt damit sein Verlangen in Bestimmung. Eine Lektion in Sachen Liebe, die der Herzdame mit einem Stich Jungfräulichkeit und spirituelle Lebensgrundlage entreißt. Die Sonne geht auf, Solitaire will noch einmal. Und sie postuliert: „Zum ersten mal in meinem Leben fühle ich mich ganz als Frau.“
James Bond macht Frauen erst zu ganzen Frauen, meine Damen. Und mit dieser Einsicht sei allen Kritikerinnen ans Herz gelegt: Nehmen Sie die Sache mit Humor, damit lacht es sich leichter. Vergleichsweise wenig zu lachen gibt es indes im nächsten 007-Abenteuer:
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(Hartmut Ernst)
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