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In den Süden
Frankreich/Kanada 2005
Regie: Laurent Cantet
Darsteller: Louise Portal, Charlotte Rampling, Karen Young, Ménothy Cesar, Lys Ambroise, Jackenson Pierre Olmo Diaz

Laurent Cantets neuer Film wirft etliche Fragen auf, und es ist bis zum Schluss nicht klar, was hier das eigentliche Thema ist. Das kann es auch nicht, denn die Handlung transportiert unterschwellig mehrere Themenkomplexe, die alle in einer paradiesischen Hotelanlage in Port-au-Prince auf Haiti kulminieren. Dort treffen die nicht mehr ganz so jungen Frauen Ellen, Brenda und Sue aufeinander. In dem Resort lassen sich die alleinstehenden Frauen von ihren enttäuschenden Beziehungen kurieren: Junge, einheimische Männer stehen ihnen dabei zur Verfügung, Geschenke sind der Lohn für ihre Nettigkeiten gegenüber den Frauen. Der 18jährige Legba (Ménothy Cesar) ist einer von ihnen. Zwischen der abgeklärt-zynischen Ellen und der romantisch-naiven Brenda entsteht ein Konkurrenzkampf um seine Zuneigung. Legba hingegen versucht, sich seine Freiheit zu erhalten. Jeder spielt hier ein anderes Spiel, um nicht übervorteilt zu werden. Es ist bei allem Unwohlsein, das einen während des gesamten Films befällt, eine Freude, den verbalen Gefechten zwischen Charlotte Rampling als Ellen und Karen Young als Brenda zu folgen. Sehnsüchte, Macht und Begierde spielen hier eine Rolle, und die Themen erfahren durch die Gegensätze Mann und Frau, alt und jung, reich und arm eine komplexe, soziopolitische Aufladung. Daneben dringt der diktatorische Hintergrund des Landes über Legba langsam in die Hotelanlage und setzt dem vermeintlichen Paradies ein Ende. Es wird von innen und von außen angekratzt. Es gibt keine Unschuld in diesem Paradies, so nah an der Hölle. Cantet setzt zwar auf Gegensätze, deren offensichtlichster die wunderbare Strandkulisse in der Militärdiktatur Haitis ist, aber trotzdem gerät ihm hier nichts plump. Dafür sind die Zusammenhänge und die möglichen moralischen Folgerungen zu vielschichtig. Es ist eine Stärke des Films, dass er diese Komplexität und Ambivalenz nicht auf eine dramaturgische Formel zusammenschmilzt.

(Christian Meyer)

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