Hundstage
Österreich 2001, Laufzeit: 121 Min.
Regie: Ulrich Seidl
Darsteller: Maria Hofstätter, Christine Jirku, Viktor Hennemann, Georg Friedrich, Alfred Mrva, Erich Finsches, Gerti Lehner, Franziska Weiß, Rene Wanko
Manchmal, wenn man an Häusern entlangschaut, fragt man sich, was eigentlich hinter den Fassaden passiert. Oder was gerade zwischen den Menschen geschieht, die in einem Auto vorbeifahren. Worüber sprechen sie? Streiten sie sich? Beschäftigen sie sich mit ihren Sorgen, dem alltäglichen Widersinn ihres Daseins? Oder sind sie glücklich?"Das Leben handelt nicht vom Glück", sagt Ulrich Seidl, Regisseur von "Hundstage". Erst recht nicht während unerträglich heißer Sommerstunden, in denen Einsamkeit, Leid und Gewalt sich gleichsam durch die Mauer- und Metallhüllen sprengen, in denen die Menschen gefangen sind. Trostlose Siedlungen irgendwo in Österreich, Einkaufszentren, Straßen. Dazwischen Figuren, so pervers alltäglich, dass sie an ihrer eigenen Normalität ersticken. Sie schwitzen, faseln, schreien, schlagen, quälen. Dem Zuschauer weht ein stinkender Odem aus dem Abgrund der Normalität entgegen. Im ersten Spielfilm des erbarmungslosen Chronisten, bekannt geworden durch seine Dokumentationen "Tierische Liebe" und "Models", ist nicht zu erkennen, wer Berufsschauspieler, wer Laie ist. Kriterium für die böse Bestandsaufnahme ist "die authentische Milieuwiedergabe". Wenn man zum Beispiel filmt, welche Auswirkungen Alkoholkonsum hat, "geht es einfach nicht", so Seidl, "dass Darsteller keinen Alkohol trinken". Dieses kompromisslose Verfahren scheut vor keinem noch so quälenden, abstoßenden Detail menschlicher Biestigkeit zurück. Das ist nach Maßgabe einer unterhaltungssüchtigen Kinokultur nur schwer erträglich, aber dieses Problem stellt sich bei Seidl einfach nicht. Nicht "wieweit man dem Zuschauer etwas zutrauen kann oder nicht," ist entscheidend, "sondern, wie lebensecht Geschichten vermittelt werden." Nach der Premiere bei den Filmfestspielen in Venedig, wo "Hundstage" den Preis der Jury erhielt, brachte es ein schockierter Kritiker auf den Punkt: Warum kommen uns die Monster in Seidls Film, selbst die widerwärtigsten Exemplare, so verdammt bekannt vor?
(Heinz Holzapfel)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24