Downsizing
USA 2017, Laufzeit: 135 Min., FSK 0
Regie: Alexander Payne
Darsteller: Matt Damon, Kristen Wiig, Christoph Waltz, Hong Chau, Jason Sudeikis, Udo Kier
>> paramount.de/downsizing
Mitreißende Science-Fiction-Tragikomödie
Weltverbesserung im Kleinen
„Downsizing“ von Alexander Payne
Ein norwegisches Forscherteam hat eine absolut bizarre Lösung für die großen Probleme der Menschheit gefunden. Umweltverschmutzung, Überbevölkerung, Hungersnöte – alles abgehakt, nachdem das Team einem komplett konsterniertem Publikum die heilsbringende Lösung in Form geschrumpfter Menschen offeriert: Dem Forscherteam ist es gelungen, Menschen auf ein Zwölftel ihrer Größe zu schrumpfen und damit auch ihren Bedarf an Ressourcen und ihren Müll. Eine kleine Gemeinde hat dies mehrere Jahre im Geheimen vorgelebt, den gesamten Abfall des Dorfes aus dieser Zeit hält ein Professor vom Institut triumphierend in einem Müllbeutel in der Hand. Weit entfernt und einige Jahre später schlagen sich der gutherzige Paul (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig) mit Alltagsnöten herum. Längst gibt es auf dem Globus überall kleine Areale mit Städten für geschrumpfte Bürger. Der gemeinnützige Aspekt hat sich über die Zeit etwas verloren, längst ist der Antrieb, den Maßstab im Leben zu wechseln, ein finanzieller geworden. Denn je kleiner man ist, desto kleinere Dinge benötigt man. Verkauft man sein Haus in der großen Welt und lässt sich schrumpfen, so bekommt man in der kleinen Welt dafür eine „riesige“ Villa. Auch Paul und Audrey hätten gerne ein großes Haus, können es sich aber nicht leisten. Nach langen Überlegungen wagen sie den unwiderruflichen Schritt und lassen sich schrumpfen. Doch alles kommt anders als gedacht. Die neuen Nachbarn in „Leisure Land“, Dusan (Christoph Waltz) und Konrad (Udo Kier) sowie die vietnamesische Putzfrau Ngoc Lan (Hong Chau), führen zu geheimen Orten in dieser eigentlich recht glatten und langweilig-harmlosen Welt all der neureichen Miniaturmenschen.
Man muss sich wie im vorherigen Satz dieser Rezension unglaublich winden, um den Inhalt von Alexander Paynes neuem Film zu erzählen, seine Reize zu vermitteln, aber nicht zu viel vorwegzunehmen. Todd McCarthy vom Hollywood Reporter hat dem Film eine Zickzack-Struktur attestiert, und das im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen keinesfalls als Kritik gemeint. Festhalten kann man in der Tat, dass die Erzählstruktur von Downsizing alles andere als konventionell ist und jegliche Erwartungshaltung des Publikums aushebelt. Das mag so manchen Unmut erzeugen, wenn man sich aber erst mal damit abgefunden hat, dass weder Genreregeln noch Handlungsverlauf geradlinig verfolgt werden, eröffnet sich einem ein reicher Kosmos mit ganz unterschiedlichen Qualitäten, die grotesken Humor auf größte Tragik prallen lässt. Denn das haarsträubende Szenario mit geschrumpften Menschen ist nicht nur Stichwortgeber für absurde Komik, sondern auch für allerlei philosophische Fragestellungen. Und die sind alles andere als komisch.
Der Zickzackkurs der Handlung erklärt sich vor allem darin, dass der Protagonist Paul vor allem Spielball der Ereignisse ist. Von einem äußeren Antrieb zum nächsten stolpernd, hat er selber keine Mitte, und auch seine Moral ist unscharf. So rotiert der Kompass: Er zieht nicht aus moralischen, sondern aus finanziellen Gründen nach Leisure Land. Zwar ist er dort hilfsbereit, aber nur, weil eine einbeinige Vietnamesin (großartig und urkomisch in ihrer dominanten Art: die bislang eher aus Fernsehserien bekannte Hong Chau), die die Schattenseiten der Schrumpftechnik erfahren musste, ihn herumkommandiert. Und schließlich wird Paul geflasht von einem eskapistischen Geheimbund, weil er komplett den Überblick verloren hat. Paul ist ein Protagonist, der alles andere als proaktiv durch dieses komplett absurde Szenario stolpert. Am Ende ist der Zuschauer von der ganzen Tour wohl ebenso irritiert wie Paul, der gedankliche Mehrwert sortiert sich erst nach und nach. Dass ein solch unkonventioneller und zugleich technisch aufwändiger Film starbesetzt in Hollywood realisiert wurde, ist ähnlich unwahrscheinlich wie das Szenario des Films. Auch Hauptdarsteller Matt Damon ist begeistert, dass „Downsizing“ im Studiosystem realisiert werden konnte: „It means movies aren‘t totally dead yet.“
(Christian Meyer-Pröpstl)
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