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Der freie Wille

Der freie Wille
Deutschland 2006, Laufzeit: 163 Min.
Regie: Matthias Glasner
Darsteller: Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Manfred Zapatka, André Hennicke, Judith Engel, Anna Brass, Anne-Kathrin Golinsky, Maya Bothe, Frank Wickermann, Anna de Carlo

Es ist kein leichter Einstieg, den Matthias Glasner für seinen Film wählt, aber es ist auch kein leichter Film. Mit der Anfangsszene, der Vergewaltigung, für die Theo letztendlich verhaftet wird, ist klar: der Film macht keine Zugeständnisse an den Zuschauer ? leicht soll er es nicht haben in den 163 langen Minuten des Films. Glasner zeigt einen Vergewaltiger von innen. Alleine das ist schon eine Provokation, weil es zwar nicht um Entschuldigung und Verzeihung geht, aber um Verstehen. Das ist wesentlich mehr, als der Stammtischruf: "Wegschließen!". Oder Schlimmeres... Die Vergewaltigungsszenen im Film hingegen lassen keinen Zweifel daran, wer hier Täter ist, und wer hier widerwärtiger Täter ist. Eine biografische Vorgeschichte liefert Glasner auch nicht, denn ihm geht es auch nicht um ein psychoanalytisches Verstehen, sondern um die den Täter antreibenden Gefühle, die Aggressionen, den Druck. Das schildert der Film mehr als plastisch und reißt den Zuschauer mit in eine Welt, die man eigentlich nicht genauer kennen möchte, die es aber, wie wir alle wissen, gibt. Das Ende des Films ist hingegen etwas problematisch, weil ? wohl unfreiwillig ? der sachliche Blick aufgegeben wird. Da wird eine Strategie angewandt, die sich in einem vermeintlich liberaleren Hollywood der 60er Jahre etabliert hat: für den Probleme verursachenden "Außenseiter" wird Verständnis gezeigt, sterben muss er allerdings doch. Am liebsten durch Selbstmord, denn dann kann man ihn bedauern und betrauern ? das Problem ist jedoch gelöst. Das spielt nicht nur Verfechtern der Todesstrafe indirekt in die Hände, dieses Ende lässt auch die anderen Möglichkeiten staatlicher Rechtssprechung, beispielsweise lebenslange Haft, außer Acht. So ist die Schlussszene mit der verzweifelten Nettie zwar ergreifend, aber nicht wirklich gelungen. Trotzdem: Ein schweres Thema voller Tretminen, das sensibel und intelligent umgesetzt, und dank der beiden großartigen, an ihre Grenzen gehenden Schauspieler Jürgen Vogel und Sabine Timoteo insgesamt gelungen ist.

(Christian Meyer)

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