Das gelbe Segel
USA 2008, Laufzeit: 102 Min.
Regie: Udayan Prasad
Darsteller: William Hurt, Eddie Redmayne, Maria Bello, Kristen Stewart, Lisha Brock, Bello Nock, B. Martin Williams
Zwei Teenager und ein Ex-Häftling reisen durch die Südstaaten und offenbaren sich die Tragödien ihrer Leben.
Brett Hanson wird nach sechs Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Der freundliche, aber verschlossene Mann wird nicht wie andere Häftlinge von Bekannten oder Verwandten empfangen – er schultert seine Tasche und geht die einsame Landstraße bis zum nächsten Ort. Dort trifft er auf Martine und Gordy, zwei Teenager, die sich eben erst kennengelernt haben: Gordy ist eine überdrehte Nervensäge, die damit prahlt, indianischer Abstammung zu sein. Der sommersprossige Nerd bedrängt die hübsche Martine zunehmend. Die hat Reißaus genommen, weil sich zu Hause eh niemand um sie kümmert. Der geheimnisvolle, melancholische Brett zieht sie an – vielleicht als Mann, aber vor allem als Vaterfigur. Gemeinsam fahren sie im alten Cabriolet von Gordy durchs Land und nähern sich langsam einander an. Dabei offenbaren sie sich nach und nach ihre Geschichten, die sie prägen und die sie dorthin gebracht haben, wo sie nun sind. Als Brett nach einer Handgreiflichkeit von einer Polizeistreife angehalten wird, erfahren die Teenager, mit wem sie da durchs Land reisen: Brett saß sechs Jahre wegen Totschlags im Gefängnis.
Elegant und mit subtiler Spannung inszeniert Regisseur Prasad das Aufeinandertreffen der drei heimatlosen Streuner und entwickelt im Folgenden subtil und realitätsnah, wie sich diese drei so unterschiedlichen, gekränkten Seelen aneinander reiben, bis Wärme entsteht. Sehr raffiniert webt der Film Bretts Erinnerungen an sein Leben, das klar im Mittelpunkt des Films steht, in die Geschichte ein. Daneben sind es die durchweg guten Darsteller, die den Film tragen. William Hurt spielt beeindruckend den melancholischen, aber handfesten Typen, Maria Bello spielt in den Rückblenden seine Ex-Frau. Kristen Stewart, der Star aus „Twilight“, verkörpert nachvollziehbar die in ihrer Pubertät verunsicherte Martine. Neben Hurt begeistert aber vor allem der Jungstar Eddie Redmayne, der den überzogen agierenden Gordy spannungsgeladen ambivalent ausfüllt.
Irgendwie musste ich im Kino ständig an Wenders' „Paris Texas“ denken. Erst mal scheinen die Filme nichts miteinander gemeinsam zu haben. Doch die verschlossenen Hauptfiguren bei Wenders und Prasad, die mit Kindern durch das Land fahren, während sie sich an ihr früheres Leben erinnern, weisen Parallelen auf: Ein Mann steigt aus dem Leben aus, kommt wieder, schweigt weiter, öffnet sich dann langsam. Schließlich will er herausfinden, ob er an sein altes Leben anknüpfen kann. Wenn Wenders mit einer überzogenen Männerfigur vor allem zu Beginn Pathos verströmt und Amerika verliebt Klischees zitiert, inszeniert Prasad ganz unspektakulär und bodenständig. Alleine im Ende verkehren sich die Qualitäten der beiden Filme. Wo Wenders einen guten und vor allem glaubhaften Schluss findet, lässt sich Prasad unnötigerweise dazu hinreißen, eine Runde Sache aus einer komplexen Geschichte zu machen.
(Christian Meyer)
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