Agnes und seine Brüder
Deutschland 2004, Laufzeit: 115 Min., FSK 16
Regie: Oskar Roehler
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Herbert Knaup, Martin Weiß, Tom Schilling, Katja Riemann
Agnes, ein zur Frau umoperierter Mann, und seine beiden Brüder Hans-Jörg und Werner hatten unter der Autorität ihres Vaters zu leiden. Sie alle haben nun als erwachsene Geschwister Schwierigkeiten, mit dem Leben zu Recht zu kommen. Vielschichtiges Familienporträt der großen Gefühle.Oskar Roehler hat schon in Filmen wie "Die Unberührbare? oder "Der alte Affe Angst? die Gefühlswelt seiner Protagonisten bloßgelegt und tief in die Seele seiner Figuren geschaut. Bei Roehler hatte das immer auch eine sehr persönliche Note. Das hat sich auch bei seinem neuen Film nicht geändert. Mit "Agnes und seine Brüder? erzählt er eigentlich drei Filme in einem, da sich die Geschwister, die die Titelrollen einnehmen, im Film selbst kaum begegnen und fast keine Leinwandzeit miteinander teilen. Jedem der drei Brüder räumt Roehler ungefähr gleichviel Platz ein, er hat die Geschichten jedoch auf ganz unterschiedliche Weise erzählt ? die ästhetische Unausgewogenheit ist also als Stilmittel eingesetzt.Die Geschichte des von Herbert Knaup gespielten Politikers, der seine einstigen Ideale aufgrund seiner Karriere verraten hat und mit seiner Familie nicht mehr klar kommt, ist mit einem geradezu grotesken Humor in Szene gesetzt, bei dem einem das Lachen aufgrund der Realitätsnähe mitunter im Hals stecken bleibt. Auch Moritz Bleibtreu, der einen sexbesessenen Bibliothekar verkörpert, wird vordergründig als Witzfigur inszeniert. Aber auch hier tun sich allmählich Abgründe auf und machen schwere seelische Qualen sichtbar, die genau beobachtet sind. Entsprechend der Unsicherheit und Getriebenheit von Bleibtreus Figur sind dessen Szenen mit einer fahrigen Handkamera gefilmt. Bei Agnes schließlich dominieren die satten Farben und die intensiven Emotionen, die an die Melodramen Rainer Werner Fassbinders und die späten 70er Jahre erinnern. Dessen weniger bekannter Film "In einem Jahr mit 13 Monden? diente Roehler hier auch als Vorbild für den Handlungsverlauf. Agnes hatte sich aus Liebe zu einem Mann umoperieren lassen, der sie daraufhin sitzen ließ. Mit seinesgleichen suchender Intensität und spürbarer Hingabe macht der Newcomer Martin Weiß diese Figur zum Herzstück eines gelungenen, sowohl humorvoll-grotesken wie nachdenklich stimmenden Films der großen Emotionen.
(Frank Brenner)
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