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Kölner Zeitgenossen, Wachsfarbengemälde von Heinrich Hoerle, 1932, (v.l.: Willi Ostermann, Konrad Adenauer, Trude Alex(-Hoerle), Hein Domgörgen und Heinrich Hoerle selbst), Kölnisches Stadtmuseum
Foto: Rheinisches Bildarchiv, Wolfgang F. Meier

Köln und sein Konrad

29. Juli 2017

Adenauer-Ausstellung „Konrad der Große“ im Stadtmuseum – Kunst 08/17

Der Kölner pflegt ja gemeinhin eine ganz besondere Beziehung zu seiner Heimatstadt, die mit dem Wort „Lokalpatriotismus“ nur unzureichend beschrieben werden kann. Mein Dom, mein Rhein, mein Karneval schallt es da aus den Herzen der Kölner. „Jede Jeck is anders“ und „Et hätt noch immer jot jejange“ beschreiben das rheinisch gelassene und tolerante Selbstverständnis des Kölners. Und so verwundert es nicht, dass auch die Töchter und Söhne der Stadt mit heißer Verehrung besehen werden. Zwar kann der Außenstehende meist Sympathie für die leidenschaftliche Stadtverehrung aufbringen, doch gerade bei Figuren wie Konrad Adenauer mischt sich in die Sympathie auch Irritation.

Klar: Wiederaufbau, Wirtschaftsaufschwung, Versöhnung mit den Westmächten. Alles Errungenschaften, die man dem ersten Kanzler der Bundesrepublik anrechnen kann. Aber Adenauer steht auch für: Kuppelparagraph, erzkonservativen Katholizismus und hochrangigen Nazis in Führungspositionen, dem „Mief der alten Zeiten“. Aus heutiger Sicht gäbe es wohl kaum jemanden (mit Ausnahme der AfD-Apologeten), der sich die gesellschaftlichen Verhältnisse der frühen Bundesrepublik zurückwünscht. Denkt der Kölner an Adenauer, sind da aber nicht nur die Kanzlerjahre, sondern vor allem seine Zeit als Oberbürgermeister der Stadt Köln, deren Geschicke er von 1917 bis 1933 leitete. Ein Kölsche Jung eben.


Adenauer und Reichspräsident von Hindenburg vor den Messehallen, 21. März 1926
Foto: Kölnisches Stadtmuseum

„Konrad der Große“ heißt es also gerade zum 100-jährigen Jubiläum im Kölschen Stadtmuseum. Durchaus mit einem zwinkernden Auge, wie Kuratorin Rita Wagner verrät: „Adenauer würde aber natürlich zustimmen.“ Gezeigt wird die ganze Bandbreite der turbulenten und wechselhaften Jahre zwischen dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Beginn des Nazi-Regimes. Dabei geht es Wagner nicht nur um die Person Adenauer, sondern vor allem um die Veränderungen in der Stadt und in ihrer Kultur: „Es gab auch ein Leben neben Adenauer. Der war natürlich wichtig, aber ohne Mitstreiter, wie zum Beispiel bei der Kölner SPD, die viele seiner Projekte mitgetragen haben, hätte er auch nicht viel bewirken können. Adenauer hat das natürlich nicht an die große Glocke gehängt“, so Wagner.

Was er und seine Mitstreiter bewirkt haben, ist aber durchaus beachtlich. Der Anfangszeit der Adenauer-Ära wird dabei viel Platz eingeräumt. Hunger, Desillusionierung nach dem verlorenen Krieg und Inflation waren die Aufgaben, mit denen sich Adenauer konfrontiert sah. Die zwanziger Jahre, gemeinhin auch als „golden“ bezeichnet, sind in Köln geprägt von den vielen großen Bauprojekten, die Adenauer anschob und die schnell realisiert wurden. Nachdem die Universität schon 1919 wieder eröffnet wurde, sind es vor allem der Bau des Grüngürtels, der Ford-Werke, des Sportparks in Müngersdorf und der Deutzer Messe, um die sich Adenauer verdient machte und die auch heute noch das Stadtbild prägen. „Unter Weltstadt machen es die Kölner ja nicht“, sagt Wagner mit einem Lächeln. Und tatsächlich schien die Entwicklung in diese Richtung zu gehen. Zur „Pressa“, der großen Medienmesse 1928 erschienen beispielsweise fünf Millionen Besucher.


Plakat zur Internationalen Presse-Ausstellung PRESSA, entworfen von Fritz Helmuth Ehmcke, gedruckt bei Wilhelm Eisfeller in Köln, 1928, Kölnisches Stadtmuseum
Foto: Rheinisches Bildarchiv

Aber auch dem Alltagsleben in der Stadt widmet sich die Ausstellung. Gebaut wurden nicht nur große Prestigeprojekte, sondern vor allem Häuser, die mit dem rasanten Bevölkerungswachstum  Schritt halten sollten. Die Elektrizität hielt Einzug in die Häuser der Menschen. Erste Ansätze einer modernen Konsumkultur entwickelten sich. Auch das Frauenbild änderte sich, was sich unschwer an der Mode der Zeit erkennen lässt. Und ganz besonders in Köln: die Kunst. Dadaismus und sozialistische Künstlerkreise waren im Köln der Weimarer Republik fest verankert. Wie der streng katholische Adenauer dazu stand? „Er hat sie ignoriert, er hat ihnen aber auch keine Steine in den Weg gelegt. Und das kann ja für Künstler auch manchmal von Vorteil sein“, sagt Wagner. Die Ausstellung überzeugt dabei mit einer bunten Mischung aus Exponaten. Zeitungsartikel, Flugblätter, Fotos, Kunstwerke, Kleidung, aber auch der mediale Einsatz von Interviews und Filmen aus der Zeit hinterlassen ein abwechslungsreiches und stimmiges Bild.


Plakat, 1920, Köln , Kölnisches Stadtmuseum
Foto: Rheinisches Bildarchiv

Im Jahre 1933, mit der Machtergreifung der Nazis, findet auch die Amtszeit Adenauers ein Ende. Nachdem er mehrmals mit der NSDAP in Konflikt geriet, weil er ihnen das Hissen der Hakenkreuzfahnen im öffentlichen Raum untersagte und einem nationalsozialistischen Funktionär den Handschlag verweigerte, wurde er als „national unzuverlässig“ eingestuft und abgesetzt. Adolf Hitler dagegen erhielt per Ratsbeschluss die Ehrenbürgerwürde.

Was von dieser Ausstellung bleibt, ist das Bild einer Stadt im Wandel. Einem Sinnbild der Weimarer Republik. Zwischen Erstem Weltkrieg und dem Heraufziehen der Moderne. Schnell, leidenschaftlich, experimentell, orientierungslos und letztlich dem Faschismus verfallen. Dazu ein Konrad Adenauer, dem der Kölner auch weiterhin verfallen sein darf. „Adenauer hat zwar viel für Köln getan, aber er hat sich auch viele Feinde durch sein autokratisches Auftreten gemacht. Nicht von ungefähr wurde er 1929 nicht mehr mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Das sind schon Sachen, die man nicht unterschätzen darf“, sagt Wagner im Gespräch nach der Führung. Diese ambivalente Bewertung hätte man gern auch stärker in der Ausstellung gesehen.

„Konrad der Große. Die Adenauerzeit in Köln. 1917-1933“ | bis 19.11., Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr | Kölnisches Stadtmuseum | 0221 22 12 23 98

Florian Holler

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