Schon bald öffnet sich auf der Bühne des Schauspiel Kölns ein großes Zuckergussapfeltor, das zu einer kunterbunten Kirmes der Gefühle führt. Zwischen Jahrmarktsbuden sitzt die Organistin Annie Bloch an einer in Zuckerwatte verpackten Orgel und packt Pophits aus, die von Nancy Sinatras „Bang Bang“ bis Miley Cyrus‘ „Flowers“ reichen und durch Zitate aus „Herr der Ringe“ ergänzt werden. Denn auf dieser Kirmes geht es um einen Ring, bei dem manch eine:r sagen würde, dass er uns zu knechten droht: den Ehering.
Mit dem Senior:innenensemble Oldschool des Schauspiel Köln und den jüngeren Gastschauspieler:innen kommen dabei (un)verliebte, verheiratete, geschiedene und verwitwete Menschen zwischen 21 und 89 Jahren zusammen, die sich der großen Hochzeitsfrage stellen. „Die Gruppe geht mit viel Feingefühl miteinander um, obwohl sie sich überhaupt nicht einig sind in ihrem Blick auf die Ehe. Wir haben radikale Ehegegner:innen dabei, sowie in den älteren als auch in den jüngeren Generationen. Da sind Menschen, die aus der 68er Bewegung kommen und die Ehe schon immer abgelehnt haben und Personen, die zum Teil zum zweiten, dritten oder sogar zum vierten Mal verheiratet sind. Die haben natürlich einen ganz anderen Blick auf dieses Narrativ, dass man in alle Ewigkeiten miteinander verbunden wird“, erklärt der Regisseur David Vogel.
Einige Ensemblemitglieder sehen einfach einen Wert in der romantischen Verbindlichkeit und Absicherung einer Ehe. Auch ein inzwischen geschiedener Pfarrer und eine Familienrichterin, die schon zahlreiche Scheidungen durchgeführt hat, bringen ihre Erfahrungen mit in die Gruppe. Auf der Bühne stehen die Schauspieler:innen größtenteils mit ihren eigenen Namen und Biografien. In einer Art Collage bedient sich das Ensemble jedoch auch an Fremdtexten, etwa an Scheidungsdokumenten aus tatsächlichen Gerichtsverfahren oder an Barockballaden aus dem 17. Jahrhundert, die einst vor Brautpaaren vorgetragen wurden. „Wir wollen keine klare Position für oder gegen die Ehe ergreifen, sondern eher die Narration der Hochzeit hinterfragen. Welche Rechte erlange ich alle durch die Eheschließung? Wir stellen auch infrage, warum unverheirateten Personen diese finanziellen Vergünstigungen nicht zustehen“, erklärt Vogel. Bleibt am Ende trotzdem der Glaube an die Hochzeit, die der schönste Tag des Lebens wird? Auf der Bühne des Schauspiel Kölns kann man wohl mit mindestens einem Antrag rechnen – ob aber auch das Ja-Wort fallen wird, ist noch abzuwarten.
Erstmal für immer | 8., 15.11., 2., 13., 22., 30.12. je 20 Uhr | Schauspiel Köln | www.schauspiel.koeln
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