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Pinar Karabulut und Rafael Sanchez
Foto (Ausschnitt): Markus J. Bachmann

Standbein und Spielbein

08. Januar 2024

Pinar Karabulut und Rafael Sanchez gehen nach Zürich – Theater in NRW 01/24

Die Wahl im Oktober letzten Jahres hat es erneut gezeigt: Die Schweiz wird von der rechtspopulistischen SVP beherrscht, die nun ihre seit 2003 anhaltende Stimmenmehrheit sogar noch ausbauen konnte. Wie man in einem derart reaktionären Umfeld am renommierten Schauspielhaus Zürich Theater machen kann, das wollen die deutsch-türkische Pinar Karabulut und der gebürtige Schweizer Rafael Sanchez ab der Spielzeit 2025/26 erproben.

Der Anker des neuen Leitungsduos ist ohne Zweifel Sanchez. Er war Hausregisseur in Basel, hat von 2008 bis 2013 zusammen mit Barbara Weber das Zürcher Theater Neumarkt geleitet, gehört seit 2013 zum Leitungsteam des Kölner Schauspiels und wird 2024/25 dessen Intendanz für eine Spielzeit übernehmen. Er ist (co-)leitungserfahren, vermittelnd und mit der helvetischen, politisch-kulturellen Gemengelage vertraut.

Ist Sanchez das Standbein, dann erfüllt die Regisseurin Pinar Karabulut die Funktion des Spielbeins. Sie hat ihr Handwerk zunächst als Assistentin am Theater Neumarkt und später am Schauspiel Köln gelernt. Nach einigen kleineren Inszenierungen startete sie an den großen Häusern durch. Ihre Inszenierungen sind feministisch, laut und bunt, manchmal auch trivial, aber auch wie gerade ihr „Prozess“ in Köln von hohem Experimentierwillen. Einige Erfahrung im Umgang mit großen Apparaten sowie im Leitungsteam der Münchner Kammerspiele bringt auch sie mit.

Das dürfte auch nötig sein, denn eine Analyse der noch bis 2024 amtierenden Intendanz von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg lässt die Zürcher Untiefen erahnen. Den beiden grätschte zwar kurz nach Antritt die Pandemie ins Konzept. Doch die durchaus erfolgreiche Öffnung des Schauspielhauses für ein jüngeres, diverseres Publikum vertrieb auch große Teile der älteren Zuschauer:innen. Restrukturierungen im Inneren des Hauses führten zu Verunsicherung. Zu guter Letzt zettelte eine rechte Klientel eine Diskussion um Wokeness an und verband sie mit Fragen künstlerischer Qualität. Eine Mischung, die zur Nichtverlängerung führte. Während einer Interimsspielzeit soll nun das alte Schlachtross Ulrich Khuon die Gemüter beruhigen, bevor es ab 2025/26 für das Duo Pinar Karabulut und Rafael Sanchez ernst wird.

Hans-Christoph Zimmermann

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