„Der Tatort ist das Herzstück des deutschen Fernsehens“, sagt Regisseurin Nele Stuhler mit allem ironischen Ernst. Wer sich die Programmstruktur der deutschen Fernsehsender ansieht, kann tatsächlich dem täglichen Krimi nicht entgehen. Es wird an allen Ecken und Enden der Republik ermittelt und auch darüber hinaus. Wenn in Deutschland filmisch über gesellschaftliche Diskurse nachgedacht wird, dann im Krimi. Es wird also Zeit, dass sich das Theater der Sache mal genauer annimmt. Unter dem Titel „Soko Tatort“ entwickelt Nele Stuhler gerade mit dem Ensemble des Schauspiels Köln eine schwarze Komödie zur deutschen Krimiwirklichkeit.
Die Komik des Fernseh-Krimis steckt schon darin, dass er ein Genre mit sehr festen Regeln ist. Der Krimi selbst hat quasi bereits eine Zwangsneurose. „Das Opfer ist der Ausgangspunkt, sonst kann der Krimi nicht losgehen“, sagt Nele Stuhler. Nicht minder komisch ist das meist sehr vordergründige Legen falscher Fährten: „Die oder der erste Verdächtige ist es auf jeden Fall nicht“, meint die Regisseurin. Dass zugleich die Realität gnadenlos hingebogen wird, wenn dramaturgisch notwendig, gehört auch dazu: So kann ein DNA-Abgleich in Minutenschelle erfolgen – was jenseits aller Machbarkeit liegt. Was geht und was nicht, weiß Nele Stuhler aus erster Hand: Einerseits haben fast alle Schauspieler:innen der Produktion Krimi-Dreherfahrung, zum anderen ist mit Friedhelm Friebe ein waschechter früherer Kriminalkommissar dabei, der inzwischen bei der Oldschool des Schauspiel Köln auf der Bühne steht.
Den Plot von „Soko Tatort“ hat Nele Stuhler ins Theatermilieu verlegt – wo gemäß Fernsehkrimis relativ wenig gemordet wird. Der Grund dafür liegt vielleicht weniger in Friedfertigkeit des Schauspiels. Nele Stuhler sieht einen Zusammenhang zwischen Polizist:innen und Schauspieler:innen: „Polizei sein bedeutet immer auch Polizei spielen.“ Man trägt Uniform, also Kostüm, tritt in einer bestimmten Rolle den Mitbürgern gegenüber, muss sich in Verdächtige einfühlen. „Soko Tatort“ unterwandert folgerichtig das strenge Gut-Böse-Narrativ des Krimis damit, dass alle Verdächtigen auch die Ermittler:innen spielen. Die Klamotte lässt grüßen. Der Plot wird zwar noch entwickelt, aber so viel sei schon verraten: es wird mörderisch lustig.
Soko Tatort | R: Nele Stuhler | 7. (UA), 16., 21.12. | Schauspiel Köln | 0221 22 12 84 00
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