Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
23 24 25 26 27 28 29
30 31 1 2 3 4 5

12.582 Beiträge zu
3.812 Filmen im Forum

Über 150 Jahre alt: die Orangerie im Volksgarten
Foto: Orangerie-Theater

Der zweifelhafte Charme des Verfalls

25. Januar 2018

Die Orangerie in Köln wird endlich generalsaniert – Theater in NRW 02/18

Fabrikhallen lösen bei der Kultur seit Jahrzehnten Beißreflexe aus. Wo auch immer einige hundert Quadratmeter ummauerter Raum leerstehen, schlägt die Kunst der Architektur die Reißzähne in die Flanken. Auch wenn auf diese Weise das ein oder andere Schmuckkästchen gerettet worden ist, die derart akquirierten Räume bergen Tücken. Die Mischung aus Denkmalschutz, Sanierungsbedarf und fehlenden Mitteln macht aus vielen Projekten ein Minenfeld. Dass manchmal am langen Ende trotzdem ein Happyend stehen kann, zeigt die Orangerie in Köln.

Das Gebäude im zentral gelegenen Volksgarten diente ursprünglich als Villa des Kölner Gartenbaudirektors. Nach seiner Teilzerstörung im 2. Weltkrieg wurde es als Gewächshaus genutzt. Vor mehr als zwei Jahrzehnten „annektierte“ es dann die freie Szene als Proben- und Spielort. Durch seine variable Raumstruktur, die Deckenhöhe und das Garten-Ambiente hatte die Orangerie schnell viele Fürsprecher. Doch ohne Folgen für den morbid vor sich hinkümmernden Bau, der im Winter lange nicht bespielbar war. Jetzt ist Schluss mit dem zweifelhaften Charme des Verfalls. Es soll endlich ein neuer Foyeranbau errichtet werden, der den Bühnenbereich erheblich vergrößern wird, erläutert Marko Berger, der Künstlerische Leiter der Orangerie. Dach und Dachgeschoss werden erneuert, neue Fenster eingebaut und eine Gastronomie im Keller eingerichtet. Geplant sei außerdem, so Berger, neue Künstlergarderoben einzurichten und die Büros unters Dach zu verlegen. Der Startschuss für die Baumaßnahmen ist für spätestens 2019 geplant. Die Sanierung soll in Modulen über die Bühne gehen. Derzeit sei man in der Detailplanung, so Berger, und stimme sich mit den sechs (!) beteiligten Ämtern der Stadt ab.

Und genau da lag lange das Problem: Die Orangerie steht unter Denkmalschutz, wird aber vom Kölner Grünflächenamt verwaltet und vom Kulturamt genutzt. Eine kulturpolitische Ratingagentur würde hier ein Triple CCC für Zuständigkeitswirrwarr vergeben. Seit 2004 kämpfte der gemeinnützige Betreiberverein der Orangerie um die Generalsanierung, ließ auf eigene Kosten eine Planung anfertigen und holte das Land NRW ins Finanzierungsboot. Billiger und bequemer hätte es die Stadt kaum haben können. Doch Kölner Politik und Verwaltung hätten sich für 15 Jahre auf eine kulturelle Nutzung der Orangerie festlegen müssen – und sagten ängstlich „Njet“. So blieb es zunächst bei Ausbesserungsarbeiten an Gewölbe, Dach und sanitären Anlagen, die den offensichtlichen Verfall allenfalls eindämmten. Warum jetzt nach 14 Jahren plötzlich ein Ruck durch die schwarz-grüne Koalition im Kölner Rathaus ging, ist unerfindlich. In einer dunklen Haushaltsecke jedenfalls wurden 1,8 Mio. Euro entdeckt, die nun für die Generalsanierung bereitstehen. Die Städtebaufördermittel des Landes stehen zwar nicht mehr zur Verfügung, dafür streichen Kölner CDU und Grüne nun den Ruhm als Förderer der Kölner freien Szene alleine ein. Solange es der freien Szene nutzt…

Hans-Christoph Zimmermann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

„Die Hoffnung muss hart erkämpft werden“
Regisseur Sefa Küskü über „In Liebe“ am Orangerie Theater – Premiere 11/24

Keine Macht den Drogen
„35 Tonnen“ am Orangerie Theater – Prolog 10/24

„Das Ganze ist ein großes Experiment“
Regisseurin Friederike Blum über „24 Hebel für die Welt“ in Bonn und Köln – Premiere 10/24

Getanzter Privilegiencheck
Flies&Tales zeigen „Criminal Pleasure“ am Orangerie Theater – Prolog 09/24

Wege aus der Endzeitschleife
„Loop“ von Spiegelberg in der Orangerie – Theater am Rhein 04/24

Das Theater der Zukunft
„Loop“ am Orangerie Theater – Prolog 04/24

Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24

Falle der Manipulation
„Das politische Theater“ am OT – Theater am Rhein 02/24

„Wir wollten die Besucher:innen an einem Tisch versammeln“
Subbotnik zeigt „Haus / Doma / Familie“ am Orangerie Theater – Premiere 02/24

Radikaler Protest
„Ein Mensch ist keine Fackel“ in der Orangerie – Theater am Rhein 01/24

Was ist hinter der Tür?
„Die Wellen der Nacht …“ in der Orangerie – Theater am Rhein 12/23

Trauma und Identität
„Mein Vater war König David“ in Köln – Theater am Rhein 10/23

Theater.

HINWEIS